Ein Jahr Ukrainekrieg: 13 Erkenntnisse aus dem Ukrainekrieg
Seit einem Jahr attackiert die russische Armee das Nachbarland Ukraine. Welche Schlüsse lassen sich aus den andauernden Kämpfen für die moderne Kriegsführung, Technologiebranche und Energiepolitik ziehen?

Vor einem Jahr hat Russland seinen Nachbarstaat Ukraine angegriffen. Daraus ist die größte militärische Auseinandersetzung in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs geworden. Zehntausende Soldaten und Zivilisten dürften auf beiden Seiten inzwischen gestorben sein, Millionen Ukrainer sind auf der Flucht. Doch anders als von Russlands Präsident Wladimir Putin und der Armeeführung erwartet, leistet die Ukraine bis heute erbitterten Widerstand und hat die Invasoren aus ihrem Gebiet teilweise wieder zurückgedrängt.
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Obwohl die Ukraine nicht zur Nato gehört und andere europäische Staaten wie Deutschland nur indirekt an dem Konflikt beteiligt sind, haben sich daraus auch große Auswirkungen auf Europa und die gesamte Welt ergeben. Aus der "Zeitenwende", wie Bundeskanzler Olaf Scholz den Krieg bezeichnet hat, lassen sich nach einem Jahr zahlreiche Lehren für die Kriegsführung und Energieversorgung ziehen. Einige wichtige Aspekte mit Bezug zu IT- und Energiethemen haben wir in dieser Analyse näher beleuchtet.
1. Ohne Chips keine moderne Kriegstechnik
Die russische Militärtechnik ist stark von westlicher IT-Technik abhängig: Flugzeuge, Helikopter, Drohnen, Marschflugkörper und andere Waffen würden ohne Chips von Herstellern wie Texas Instruments, Intel, Xilinx oder Infineon nicht funktionieren. Dabei handelt es sich nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters hauptsächlich um gewöhnliche Computerchips und andere Komponenten, die für viele Zwecke genutzt werden können und deshalb keinen Exportbeschränkungen unterliegen.
Im Einsatz sind aber auch militärtaugliche Versionen von Chips. Da deren Ausfuhr besonders kontrolliert wird, sind russische Waffenhersteller inzwischen ganz gut darin, konventionelle Chips für militärische Zwecke umzurüsten, so dass sie beispielsweise hohen Temperaturen standhalten.
Aber nicht nur Chips aus dem Westen werden genutzt: In einer abgestürzten Aufklärungsdrohne vom Typ Orlan-10 war eine Canon-Spiegelreflexkamera EOS 750D verbaut. Als Antrieb diente ein Viertakt-Einzylindermotor des japanischen Herstellers Saito, der sonst im Modellbau zum Einsatz kommt. Das WLAN-Modul soll von Texas Instruments stammen.
2. Der Tech-Branche fiel es leicht, den russischen Markt aufzugeben
Vor allem US-amerikanischen Tech-Unternehmen fiel es leicht, sich an den Sanktionen gegen Russland zu beteiligen. Der Live-Ticker von Golem.de bestand in den ersten Wochen des Kriegs vor allem aus Meldungen von Unternehmen, die sich vom russischen Markt zurückziehen.
Wer in Russland Internetdienste aus den USA verwendet, bekommt das schon bald zu spüren: Das Chat-Tool für Unternehmen Slack sperrt russische Nutzer aus, Amazon stellt den Dienst ein und auch der Unterhaltungssektor zieht nach.
Der Medienkonzern Disney bringt keine Filme mehr in russische Kinos und der Streamingdienst Disney+ ist auch weiterhin nicht in Russland verfügbar.
Dass es den vor allem aus den USA kommenden Unternehmen größtenteils so leicht fällt, den russischen Markt und seine Nutzer aufzugeben, liegt wohl auch an der untergeordneten Rolle, die sie ohnehin dort spielten.
So ist beispielsweise Apples eigener Onlineshop in Russland seit dem 1. März 2022 abgeschaltet. 2021 erzielte das Unternehmen in Russland noch einen neuen Rekordumsatz von 386 Milliarden Rubel. Umgerechnet sind das etwas mehr als 5 Milliarden US-Dollar.
In den Umsätzen von Apple geht diese Summe aber unter: Im Geschäftsjahr 2022 nahm das Unternehmen fast 400 Milliarden US-Dollar ein.
Die zuletzt enttäuschenden Quartalszahlen hat der iPhone-Hersteller eher den Lieferengpässen durch die chinesische Coronapolitik als dem Wegbrechen von Kunden in Russland zu verdanken.
Schwieriger wurde die Situation für das "russische Google" Yandex. Das offiziell in den Niederlanden ansässige Unternehmen tastete sich in den vergangenen Jahren langsam über sein Stammpublikum in Russland hinaus, begann mit Partnern in Europa und den USA zu arbeiten.
Das änderte sich spätestens mit dem Kriegsbeginn, der zum Ende der internationalen Ambitionen von Yandex werden sollten (g+). Uber distanzierte sich von Yandex, der Lebensmittellieferdienst Grubhub beendete die Partnerschaft im März 2022.
Nachdem außerdem Kritik an der Verbreitung von Falschmeldungen und Propaganda aufkam, stieß Yandex im August 2022 sein News-Portal ab, das ist jetzt in der Hand von VK liegt.
Auch wenn eine zu Beginn des Krieges befürchtete Trennung Russland vom Internet nicht eingetreten ist, hat sich das Land doch isoliert. Wer in Russland Internetdienste nutzt, muss nun vor allem russische nutzen.
3. Viele Ukrainer - auch IT-Experten - sind in Deutschland geblieben
Krieg bedeutet auch Flucht. Nach Zahlen des UNHCR haben seit Beginn des russischen Angriffs fast 8,1 Millionen Menschen die Ukraine verlassen und in anderen europäischen Ländern Zuflucht gefunden.
Laut statistischem Bundesamt wurden allein in Deutschland im Jahr 2022 mehr als 1,1 Millionen Zuzüge von Menschen aus der Ukraine registriert. Doch auch wenn der Krieg weiterhin anhält, sind Millionen von ihnen wieder in ihre Heimat zurückgekehrt.
Vlada ist geblieben. Die junge ukrainische Entwicklerin, die Golem.de kurz nach Beginn des Krieges in Berlin getroffen hat, hat hier einen neuen Job gefunden. Seitdem hat sie außerdem in Teilzeit ein Studium begonnen, während ihr jüngerer Bruder, der mit ihr aus Kyjiv flüchtete, in Berlin zur Schule geht.
Wie Vlada suchten nach der Ankunft viele Geflüchtete einen Job. Im April 2022 startete das Jobportal UA Talents, das gezielt die in vielen europäischen Ländern gefragten IT-Fachkräfte an Unternehmen vermitteln wollte. Damals sprach das Team dahinter von einigen Hundert Menschen, denen sie damit helfen konnten.
Fast ein Jahr nach dem Krieg sind deutlich weniger offene Positionen gelistet - schließlich bauten in den letzten Monaten als indirekte Folge des Krieges auch viele Tech-Unternehmen Stellen ab. Es habe 2022 mehr als 70.000 Bewerbungen auf 18.000 Stellen gegeben. Die Zahl der tatsächlich vermittelten Jobs kann UA Talents nur schätzen, kommt bei einer pessimistischen Konversionsrate aber auf mindestens 2.100 Stellen.
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Wird ein Krieg besser, wenn das Land nicht annektiert wird, und man nur die Ressourcen...
Nämlich, dass auch heute noch sehr viele Menschen bereit sind einem faschistischen...
Soll man sich also nicht verteidigen? Würde der Krieg aufhören, wenn die Ukrainer sich...
Ich finde die These über die Verfänglichkeit von Desinformations-Kampagnen in der Form...
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