Von Graustufen zum Farbbild
Die Bilder, die ich habe, sind zunächst noch Graustufenbilder. Um ein farbiges Bild zu bekommen, muss ich den einzelnen Filtern einen Farbwert zuweisen und dann die Einzelbilder kombinieren.
Da die Bilddaten alle aus dem Infrarotbereich stammen, wird es keine "natürliche" Farbgebung geben. Es geht somit darum, eine Zuordnung zu finden, die für uns natürlich aussieht und die einen Bezug zu den Daten zulässt. Im Lichtspektrum, das wir Menschen sehen können, sind die kürzesten Wellenlängen Violett und gehen dann über Blau und Grün zu Gelb, Orange und am Ende Rot, der größten Wellenlänge.
Sieht man sich das Bild unten an, findet sich auch dort eine entsprechende Zuordnung der Filter zu den Farben. Das ist schon ein recht guter Ansatz. Dadurch bekommt man auch nicht nur ein farbiges Bild, auch zusätzliche Informationen können daraus abgelesen werden. Durch die Zuordnung von Rot zu den größten Wellenlängen kann man zum Beispiel erkennen, was weiter weg ist.
Ich versuche es zunächst mit den Mitteln von Pixinsight. Das Tool der Wahl heißt Pixelmath und trägt seinen Namen zu Recht. Für die einzelnen Farbkanäle meines zukünftigen RGB-Farbbildes definiere ich Formeln, die idealerweise die einzelnen Farben der Filter abbilden. Das Ergebnis ist ziemlich grün (oberer Bildteil). Mit ein wenig Nachbearbeitung komme ich langsam in eine Richtung, die mir gefällt (unterer Bildteil).
Allerdings ist das recht umständlich, denn ich muss für jede Anpassung der Filterfarben die Pixelmath-Formeln ändern, das Bild neu berechnen und dann erneut bearbeiten. Praktischer wäre es, wenn ich jede Filterfarbe dynamisch anpassen könnte. Vermutlich geht das auch, aber dazu fehlt mir noch die Erfahrung mit dieser sehr komplexen Software.
Zeit für Plan B - Affinity Photo. Möglich wären auch viele andere Programme wie Gimp, Photoshop oder Ähnliches, ich nutze Affinity, weil ich es am besten kenne.
Typische Bildbearbeitungsprogramme arbeiten mit Ebenen, die übereinander gestapelt sind. Was oben liegt, ist sichtbar. Ist diese Ebene transparent, sieht man, was darunter ist. Über Filter, Masken und Anpassungen kann man beeinflussen, was, wie, wo und wie stark zu sehen ist. Das ist sehr vereinfacht ausgedrückt, beschreibt aber recht gut den Bearbeitungsansatz.
Ich lade mir also meine sechs Graustufenbilder als Ebenen in meine Bildbearbeitung, wie in Bild 06 zu sehen. Dabei sortiere ich die Bilder nach den Wellenlängen der NIRCAM-Filter aufsteigend. Danach muss das Gesamtbild noch von 16-Bit-Graustufen zu 16-Bit-RGB konvertiert werden, damit überhaupt ein farbiges Bild entsteht.
Jede Ebene bekommt eine Farbanpassung. In Affinity Photo heißen sie zum Beispiel Recolour Adjustment, in Photoshop Hue/Saturation Adjustment. Ziel ist es, die jeweilige Bildebene mit einem bestimmten Farbton einzufärben. Jede der Ebenen (außer der untersten) wird dabei auf 50 Prozent Transparenz gesetzt, um die darunterliegenden Farbschichten sichtbar zu machen.
Den Blend Modus setze man auf Screen. Jetzt kann ich für jeden Filter die Farbe so setzen und auch immer wieder anpassen, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden bin.
Das Bild wirkt aber noch recht flach und farblos. Daher kommen weitere Bearbeitungsschritte wie das Anpassen des Weißabgleichs, das Verstärken von Kontrast, Farbsättigung und diverse andere Tricks zum Einsatz, die ich mir im Laufe der Zeit angeeignet habe.
Hier also das Ergebnis nach insgesamt zwei bis drei Stunden Bearbeitung - angefangen von den FITS Bildern. Es ist nicht perfekt, aber ich bin zufrieden.
Sieht man sich nun den Vergleich an wird deutlich, dass es meinem Bild an Details, Kontrast und Farbe im Vergleich zu dem Nasa-Bild fehlt. Aber ich habe es geschafft, zumindest ein ähnliches Ergebnis zu bekommen wie die Profis bei der Nasa.
Und warum das alles?
Diese Frage stellen sich vermutlich viele Menschen - und es gibt wohl keine allgemeingültige Antwort. Viele Amateur-Astronomen und Astrofotografen weltweit bearbeiten diese Daten und schauen, zu welchen Ergebnissen sie kommen. Alleine die Möglichkeit zu haben, mit den aktuellen Daten eines der fortschrittlichsten und komplexesten Instrumente zu arbeiten, das die Menschheit bisher ins All geschossen hat und das Bilder in einer bisher nicht erreichten Auflösung und Qualität liefert, hat einen unglaublichen Reiz.
Diese Bilder mit eigenen Mitteln zu bearbeiten, daran zu lernen und damit einen ganz eigenen Blick auf unser Universum zu werfen, bringt die sonst so ferne und komplexe Wissenschaft der Astronomie viel näher und macht sie irgendwie begreifbarer.
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Wie man mit diesen Bildern weiter arbeitet |
Mal ein schöner Einblick! Kann mich nur anschließen.
Hallo, Vielen Dank für den tollen Beitrag. Und Hut ab! Pixinsight ist in der...
Hehe, ja das würde mich auch mal interessieren. Vielleicht ein High End Golem PC ? ;D
Das wird ein schönes Testprojekt für das Wochenende ;-)
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