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E-Scooter: Saus - und plötzlich ist er da!

Der GTs von Egret ist doppelt so schnell wie gängige E-Scooter und damit eine Alternative für Pendler - die Führerschein und Helm nutzen.
/ Peter Ilg
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Kann man im Stehen und im Sitzen fahren: den Egret GTs (Bild: Peter Ilg)
Kann man im Stehen und im Sitzen fahren: den Egret GTs Bild: Peter Ilg

Der Egret GTs ist anders als die vielen Scooter zum Leihen, die seit einigen Jahren in vielen deutschen Städte zu finden sind. Denn der kleine Roller hat einen Sitz, Blinker vorne und hinten sowie einen Gepäckträger.

Dahinter ist das Versicherungskennzeichen montiert. Denn das Fahrzeug zählt zur Klasse L1e. Darunter fallen leichte Zweiräder mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h und, bei Elektroantrieben, bis zu vier Kilowatt (kW) Motorleistung.

Solche Gefährte können interessant für Pendler sein. Dafür benötigen sie den AM-Führerschein, der mit 15 Jahren gemacht werden kann, oder den Autoführerschein. Wer den GTs fahren darf, muss einen Helm tragen und darf nicht auf Rad- oder Feldwegen fahren.

Bei den Leihscootern bestehen diese Einschränkungen nicht, denn deren Höchsttempo ist auf 25 km/h begrenzt. Sie sind somit nur knapp halb so schnell.

Die erste Runde mit dem neuen GTs des Hamburger Unternehmens Egret fiel überraschend und deprimierend zugleich aus. Der starke Elektromotor beschleunigte den leichten Scooter spielend. Rasch waren 25 km/h erreicht - dann aber blieb der Tacho stehen.

id="27750" title="Elektro-Roller Egret GTs passt in einen Kofferraum" Das ist vom Hersteller so gewollt. Denn aus Sicherheitsgründen ist die Höchstgeschwindigkeit bei der Auslieferung des Fahrzeugs auf 25 km/h begrenzt. Das ist ganz gut so, weil man dadurch lernt, im ersten Schritt mit der Beschleunigung umzugehen. Immerhin leistet der Elektromotor 1.000 Watt und damit doppelt so viel wie die meisten E-Maschinen in den Scootern, die üblicherweise gefahren werden.

49 km/h klingt nach wenig, ist auf dem Scooter aber viel

Wird nach der empfehlenswerten ersten Gewöhnungsrunde die maximal mögliche Höchstgeschwindigkeit eingestellt, der stärkste Fahrmodus gewählt und das Daumengas am rechten Lenkerende voll gedrückt, erreicht der Scooter zügig seine Höchstgeschwindigkeit und sogar mehr.

49 km/h zeigt das Display dann an. 10 Prozent über der angegebenen Höchstgeschwindigkeit werden von offiziellen Stellen als Toleranz akzeptiert. 49 km/h klingen für Autofahrer nach wenig, sind aber auf einem solchen Fahrzeug ziemlich viel.

Selbst montieren oder montieren lassen?

Denn man steht auf einem Trittbrett oder sitzt auf einer Art Fahrradsattel und hat nur eine schmale Lenkstange sowie die eigene Balance als Halt. Dieser Akt erfordert schon ein solides Maß an Körperbeherrschung und Körperhaltung.

Hinter der Firmenbezeichnung Egret steht das 2011 in Hamburg als Walberg Urban Electric gegründete Unternehmen. Es ist spezialisiert auf die Entwicklung faltbarer E-Scooter im Premiumsegment.

Die Möglichkeit, die Lenkstange einzuklappen, um den Roller im Kofferraum eines Autos zu transportieren, unterscheidet den GTs ebenfalls von dem Gros anderer Scooter. Das 45-km/h-Modell ist ein Alleinstellungsmerkmal unter den namhaften Scooterbauern wie Segway oder IO Hawk.

Die GTs-Scooter können bei Egret online gekauft werden, sie werden dann vormontiert in einem Karton von Kurierdiensten wie UPS den Kunden geliefert. Diese müssen die Endmontage selbst vornehmen. Zur Unterstützung gibt es ein Unboxing Video(öffnet im neuen Fenster) .

Nach Auskunft von Egret erfordert der Zusammenbau "ein bisschen handwerkliches Geschick" . Die Erfahrung mit dem Testroller zeigt, dass es besser ist, die alternative Variante zu wählen und beim Fachhändler zu kaufen, der den Roller auf Wunsch montiert. Das kostet zwar eine Stunde Arbeitszeit, doch die ist gut investiert in das hochwertig verarbeitete und technisch gut ausgestattete Fahrzeug.

Der Scooter hat einen üppig dimensionierten und daher stabilen Rohrrahmen. Bis zu 150 kg Zuladung sind möglich, und das beim niedrigen Eigengewicht von 34,9 kg. Vorne dämpft eine hydraulische Upside-Down-Gabel Fahrbahnunebenheiten ab, hinten eine Gewindefederung.

Räder mit 13 statt 8 oder 10 Zoll

Beide Federeinheiten sind auf das individuelle Gewicht der Fahrerin oder des Fahrers einstellbar. Dadurch funktioniert die Dämpfung, wie sie soll, und hält das Fahrzeug sicher in der Spur. Dazu tragen auch die etwas größeren Räder mit 13 Zoll Durchmesser bei. Üblich sind bei Scootern Laufräder mit acht oder zehn Zoll.

Rein physikalisch hängt die Fahrstabilität beim Rollen erheblich vom Radius der Räder ab. Je kleiner diese sind, desto anfälliger sind sie für Unebenheiten, die zum Kontrollverlust führen können. Dazu gehören auch das geringe Eigengewicht und der hohe Schwerpunkt bei stehendem Fahren. Gerade weil der Scooter so wenig wiegt, ist er agil und leicht zu bewegen.

Andere Verkehrsteilnehmer gucken überrascht

Das wieselflinke Fahrzeug hat drei Fahrmodi und entsprechend drei Reichweiten zwischen 25, 65 und 100 km. Die Fahrmodi unterscheiden sich in der Beschleunigung. Je höher diese ist, desto geringer ist die Reichweite. Darüber hinaus sind im Menü die drei Endgeschwindigkeiten 25 km/h, 35 km/h und 45 km/h einstellbar. Schließlich will nicht jeder mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs sein.

Der Scooter hat vorne und hinten Blinker, die beim Abbiegen zum Licht ein akustisches Signal aussenden. Das ist ein gutes Sicherheitsfeature. Die hydraulischen Scheibenbremsen vorne und hinten sind gut, der Gepäckträger hat die Größe eines Fahrradträgers, wirkt aber deutlich tragfähiger. Lenkstange und Sitz lassen sich stufenlos höhenverstellen. Die Batterie lässt sich im Fahrzeug laden oder kann dafür entnommen werden.

Der Schnellwechselakku ist unter dem Trittbrett verbaut, er wiegt 5,9 kg. Wenn der Scooter zusammengeklappt wird, um ihn in den Kofferraum eines Autos zu heben, wird er besser entnommen - dann wird der Kraftakt etwas leichter. Der Energiespeicher hat eine Kapazität von 949 Wattstunden (Wh); bis er vollständig geladen ist, vergehen rund sieben Stunden. Zugelassen ist das Fahrzeug für eine Person.

Während der Fahrt scheppert und rappelt nichts, man gleitet völlig geräuschlos dahin. Die für ein solch kleines und leichtes Gefährt recht hohe Geschwindigkeit ist gewöhnungsbedürftig. Es empfiehlt sich, das Fahren zunächst auf einem weitläufigen Gelände zu üben. Auf der Straße ist der schnelle Scooter eine noch weitgehend unbekannte Art, weil die allermeisten anderen Scooter viel langsamer laufen. Deshalb können andere Verkehrsteilnehmer die hohe Geschwindigkeit nicht richtig einschätzen.

Mancher Autofahrer schaute verwundert, weil der Scooter bei 50 km/h im Stadtverkehr gut mitschwimmt. Fußgänger, die noch schnell vor dem Scooter über die Straße huschen wollten, waren verdutzt, als das Fahrzeug schon kurz darauf direkt vor ihnen stand.

Der GTs braucht wenig Platz und macht viel Spaß. Er ist eine Alternative zu anderen 45-km/h-Fahrzeugen wie E-Rollern. Die jedoch haben Wind- und Wetterschutz und Stauraum unter der Sitzbank. Sie sind aber auch viel schwerer - und zusammenklappbar ist keiner.

Technische Daten Egret GTs
Motorleistung 1.000 Watt
Akkukapazität 949 Wattstunden
Ladezeit rund sieben Stunden
Reichweite ca. 65 Kilometer
Gewicht 34,9 kg
Preis 2.199 Euro

Geeignet ist der 2.199 Euro teure Scooter für Menschen, die schnell in der Stadt unterwegs sein wollen, für Wohnmobilisten, die ein wendiges, leichtes und schnelles Fahrzeug an ihren Zielorten brauchen und für Scooter-Fans, die mehr Tempo mögen. Sie alle werden große Freude an dem außergewöhnlichen Fahrzeug haben.

15-Jährige werden eher keinen GTs kaufen, dafür ist er zu uncool. Auch die Pflicht zum Tragen eines Helms und nur auf der Straße fahren zu dürfen, hält diese Personengruppe möglicherweise davon ab.


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