Politiker verschlüsseln kaum
Bei den deutschen Netzpolitikern ist das nicht anders. Eine Ausnahme bildet vielleicht der IT-Unternehmer Jimmy Schulz, der nach eigenen Angaben schon seit 1995 verschlüsselt und dies auch als Antwort auf die Überwachungsprogramme der NSA empfiehlt. "Wir haben uns auch daran gewöhnt, unser Auto abzusperren, wenn wir es irgendwo hinstellen", sagte der FDP-Abgeordnete Golem.de. Diese Metapher für einen selbstverständlichen Vorgang findet aber nur wenig Beifall. Dorothee Bär von der CSU zieht einen etwas anderen Vergleich: "E-Mail-Verschlüsselung ist für mich so umständlich, wie mein Auto noch zusätzlich mit einer Lenkrad- und Wegfahrsperre vor Diebstahl schützen zu müssen: aufwendig, aber in manchen Situationen notwendig." Sie verschlüssele ihre Mails nur, wenn es wirklich notwendig sei. "Privatsphäre muss einfach und unkompliziert geschützt werden können."
Für die Politische Geschäftsführerin der Piratenpartei, Katharina Nocun, ist Verschlüsselung hingegen bereits Alltag. "Es gibt Dinge, die würde ich auch auf Postkarten schreiben. Für alles andere nutze ich Verschlüsselung", sagte sie Golem.de. Seit Prism sei der Anteil verschlüsselter Mails bei ihr deutlich angestiegen. "Vor allem Bürgerrechtler greifen jetzt häufiger zur Verschlüsselung", sagte sie weiter. Nach Ansicht des Grünen-Politikers Konstantin von Notz sollte dieser Aufwand aber nicht für alle Bürger erforderlich sein. "Das ist so, als wenn Sie den Leuten sagen: Es ist giftiges Fleisch im Umlauf, aber ihr habt ja gute Testgeräte, mit denen ihr vorher die Nahrung testen könnt." Das sei alles andere als verbraucherfreundlich und werde ohnehin von 95 Prozent der Nutzer nicht angenommen.
Selbst der Minister kann nicht verschlüsseln
Der Anteil der Verschlüsselungsmuffel unter den Abgeordneten ist dabei noch recht hoch. Einer Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge wollen 13 Prozent der Parlamentarier ihre Mails in Zukunft verschlüsseln. 72 Prozent gaben demnach an, E-Mails, die sie in ihrer Mandatsausübung versenden, nie zu verschlüsseln. 39 Prozent wollen an dieser Praxis trotz der aktuellen Debatte festhalten. An der Umfrage beteiligten sich 126 der 620 Abgeordneten.
Kein gutes Vorbild für die Verschlüsselung ist derzeit auch Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Laut FAZ kann der Minister verschlüsselte Anfragen von Bürgern nicht verschlüsselt beantworten. Erst nächstes Jahr werde das Ministerium auch per De-Mail erreichbar sein. Doch gerade das De-Mail-Verfahren steht bei Sicherheitsexperten in der Kritik, da es keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bietet. Das ist wie Safer Sex mit löchrigen Kondomen.
Nachtrag vom 14. August 2013, 15:00 Uhr
Auf Nachfrage teilte das Innenministerium mit, für die verschlüsselte Kommunikation mit Bürgern auf seiner Website zwei Kontaktformulare anzubieten, die die Kommunikation mit HTTPS verschlüsselten. Auf die Einführung zertifikatsbasierter E-Mail-Verschlüsselung habe das Bundesinnenministerium bislang "aufgrund der damit verbundenen organisatorischen Implikationen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Integration und dem Betrieb einer geeigneten Public-Key-Infrastruktur, verzichtet".
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E-Mail-Verschlüsselung: Keine Liebe auf den zweiten Blick |
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Über kaum eine Frage wird beim Thema Verschlüsselung leidenschaftlicher gestritten, als...
1. Du musst erst einmal deinem Gegenüber die Funktionsweise verklickern. Ansonsten...
Daher ja auch meine Antwort zu der Aussage "Enigmail kann das". - Enigmail mag gut sein...
Warum müssen die Benutzer dieses System verstehen? Würde PGP Wildcards unterstützen...