Durchsuchungen wegen Hassrede: Ein Like auf Twitter und das Handy ist weg

Mit einer bundesweiten Aktion will die Polizei gegen Hassrede vorgehen. Damit das Handy beschlagnahmt wird, reichen auch angebliche Likes auf Twitter.

Ein Bericht von Lennart Mühlenmeier veröffentlicht am
Morgens um 6 Uhr klingelte die Polizei und weckte den Beschuldigten.
Morgens um 6 Uhr klingelte die Polizei und weckte den Beschuldigten. (Bild: Unsplash/Karsten Winegeart/Yohann LIBOT/Unsplash-Lizenz)

Um sechs Uhr klingelt die Polizei. Hausdurchsuchung. Auf Twitter soll der Beschuldigte Felix, dessen voller Name der Redaktion bekannt ist, das Andenken Verstorbener verunglimpft haben - durch den angeblichen Like eines Tweets. Dieser habe den Polizistenmord in Kusel in Rheinland-Pfalz gebilligt. Felix muss das Handy abgeben und sich bald wohl vor Gericht verantworten.

Inhalt:
  1. Durchsuchungen wegen Hassrede: Ein Like auf Twitter und das Handy ist weg
  2. Reicht ein Like für eine Hausdurchsuchung?

Deutschlandweit führte am 20. Juni 2022 die Polizei Durchsuchungen und Beschlagnahmungen wie diese durch. Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz (SPD), erklärte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) anlässlich der aktuellen Einsätze gegen sogenannte Hatespeech: "Wir reagieren mit aller Deutlichkeit - in der realen Welt und in der virtuellen." Zudem sagt er: "Wenn Worte wie Waffen gebraucht werden, ist konsequentes staatliches Handeln gefordert."

Polizisten in 15 Bundesländern haben am Montag die Wohnungen von 75 Verdächtigen durchsucht, denen Hassäußerungen im Internet vorgeworfen werden, schreibt die dpa. Insgesamt werde laut dpa gegen 150 Beschuldigte in 172 Fällen strafrechtlich relevanter Äußerungen ermittelt. Kurz nach der Tat fing die Polizei an, wegen Hassrede im Internet zu ermitteln, da Nutzer die Tat guthießen. Am 31. Januar 2022 soll ein 39-jähriger Tatverdächtiger zwei Polizisten nach einer Fahrzeugkontrolle im Landkreis Kusel getötet haben.

Beschuldigter: "Durchsuchung als sehr direkt einschüchternd wahrgenommen"

Golem.de konnte den Beschluss des Amtsgerichts, das die Durchsuchung anordnete, in Gänze einsehen. Wir sprachen zudem mit dem Beschuldigten Felix, der die Beschlagnahmung seines Handys auf Twitter bekanntgab, diese Bekanntmachung aber nach ein paar Tagen wieder löschte. "Ich habe die Durchsuchung als sehr direkt einschüchternd wahrgenommen. Ich hatte aber keine sonderliche Angst. Ich konnte mir denken, worauf die Polizei aus war: Einschüchterung", sagte Felix Golem.de in einem Telefonat.

Laut Beschluss soll ein Nutzer mit dem Pseudonym MulletProof am 4. Februar 2022 getwittert haben: "Schweigeminute für Bullen? [...] Ich trauere, wenn Unschuldige sterben, nicht, wenn die Killer selbst mal dran glauben müssen." Felix bestreitet auf Twitter, einem solchen Tweet ein Like gegeben zu haben: "Es konnten keine Beweise für die Existenz dieses Tweets und dadurch des Likes gegeben werden. Ich kann mich an so etwas nicht erinnern und kenne den besagten Account auch nicht."

Diese Deutlichkeit, mit der die Polizei und die Politik vorgingen, kann unverhältnismäßig und damit juristisch fragwürdig sein. Reicht ein Like auf einer Social-Media-Plattform, um in die Intimsphäre eines Menschen einzugreifen und sein Handy zu beschlagnahmen? Golem.de sprach mit Jannik Rienhoff. Er ist Rechtsanwalt für Strafrecht aus Marburg, Hessen, und Experte für Polizeirecht.

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Reicht ein Like für eine Hausdurchsuchung? 
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Clown 26. Jun 2022

So ganz so einfach ist das eben nicht. Hier ein Ausschnitt aus dem hamburgischen...

Darkmalvet 24. Jun 2022

Es geht nicht darum wie häufig so etwas passiert sondern welche Implikationen es für...

Darkmalvet 24. Jun 2022

Ist doch irrelevant wer sich technisch wie weit auskennt, entscheidend ist, dass der...

xPandamon 23. Jun 2022

Klar man sollte nicht alles posten. Aber hier wird sich nicht auf Härtefälle...



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