Zum Hauptinhalt Zur Navigation

Digitalzwang bei Ryanair: Umständlich und diskriminierend

Ohne Smartphone geht bei Ryanair ab dem 12. November nichts mehr. Das ist alles – nur nicht kundenfreundlich.
/ Erik Bärwaldt
38 Kommentare News folgen (öffnet im neuen Fenster)
Unser Autor erwartet wegen der Umstellung in manchen Urlaubsländern lange Schlangen vor den Ryanair-Schaltern. (Bild: Kenzo Tribouillard / AFP via Getty Images)
Unser Autor erwartet wegen der Umstellung in manchen Urlaubsländern lange Schlangen vor den Ryanair-Schaltern. Bild: Kenzo Tribouillard / AFP via Getty Images
Inhalt
  1. Digitalzwang bei Ryanair: Umständlich und diskriminierend
  2. Massive Diskriminierung

Ryanair will schon seit längerer Zeit Bordkarten in Papierform abschaffen und macht nun Ernst: Ab dem 12. November 2025 akzeptiert der irische Billigflieger keine ausgedruckten Bordkarten mehr. Stattdessen müssen die Passagiere den elektronischen Check-in mithilfe der Smartphone-App myRyanair absolvieren und erhalten dann in dieser App auch ihre digitale Bordkarte.

Der bisher mögliche digitale Check-in vom heimischen Computer aus mit anschließendem Download der Bordkarte im PDF-Format und deren Ausdruck entfällt ebenfalls. Zwar ist der Ausdruck von Bordkarten am Flughafenschalter noch möglich – wenn das Smartphone von Fluggästen nicht funktioniert oder verloren gegangen ist -, allerdings ist es dazu notwendig, dass der Check-in zuvor mit der Smartphone-App ausgeführt wurde(öffnet im neuen Fenster) .

Die irische Fluggesellschaft hat sich als Billigflieger mit niedrigen Preisen in Europa fast eine Monopolstellung aufgebaut. Sie begründet die erzwungene Einführung der digitalen Bordkarte mit Umweltaspekten, einem verbesserten Kundenservice durch Bereitstellung von Zusatzdiensten in der App und dem bisherigen Kundenverhalten: Nahezu 80 Prozent aller Ryanair-Kunden nutzten bereits die myRyanair-App, so dass es nun "an der Zeit [ist], auch die verbleibenden Fluggäste auf die digitale Technik umzustellen," verkündete der Marketing-Chef des Unternehmens, Dara Brady, in einer Pressemitteilung.

Ryanair-Chef Michael O'Leary erklärte zusätzlich in einem Interview mit der britischen Onlinezeitung The Independent, dass zwischen 85 und 90 Prozent der Fluggäste das Smartphone nutzten und fast 100 Prozent aller Passagiere ein Smartphone besäßen, so dass man nun alle Passagiere auf die digitalen Prozesse per Smartphone-App umstellen könne(öffnet im neuen Fenster) . Auch etablierte Verifizierungsprozesse für Fluggäste, die ihren Flug über einen externen Reiseveranstalter gebucht haben, müssen über die Smartphone-App ausgeführt werden.

Für viele Passagiere wird es umständlicher

Die angebliche Verbesserung des Kundenservice von Ryanair ist jedoch für viele Fluggäste nur ein Scheinargument, denn für Passagiere, die einen Flug mit der irischen Billigairline in die Türkei, nach Albanien oder nach Marokko planen, wird das Prozedere beim Check-in durch die erzwungene Digitalisierung per Smartphone erheblich umständlicher.

Vor allem in den beliebten Urlaubsdestinationen Türkei und Marokko werden beim Boarding nämlich keine digitalen Bordkarten in einer Smartphone-App akzeptiert. Auf eine Anfrage von Golem, wie Ryanair mit diesen staatlichen Vorgaben zukünftig umzugehen gedenkt, wurde uns mitgeteilt, dass Passagiere, die in diese Länder fliegen, ihren Check-in digital ausführen müssen, während bei Abflügen aus diesen Ländern weiterhin die Bordkarte in ausgedruckter Form benötigt wird.

Urlauber müssen sich also darauf einstellen, dass sie für die Reise in eines dieser Länder das Smartphone benötigen, während für die Rückreise die Bordkarte vermutlich am Check-in-Schalter des Flughafens direkt ausgedruckt werden muss. Es ist – weil keine Bordkarten mehr vor der Abreise von den Fluggästen zu Hause ausgedruckt werden können – daher auch davon auszugehen, dass sich fortan lange Schlangen vor den wenigen von Ryanair besetzten Check-in-Schaltern an den türkischen und marokkanischen Flughäfen bilden werden. Von einer Verbesserung des Kundenservice kann somit in diesen Fällen keine Rede sein.


Relevante Themen