Digitalisierungsstrategie vorgestellt: Lauterbach will Gesundheitsdaten breiter verfügbar machen
Bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens kommt Deutschland nur schleppend voran. Nun will Lauterbach die Vetorechte von BSI und BfDI aufheben.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die schleppende Verbreitung digitaler Anwendungen für Patientinnen und Patienten deutlich beschleunigen. "Deutschlands Gesundheitswesen hängt in der Digitalisierung um Jahrzehnte zurück. Das können wir nicht länger verantworten", sagte der SPD-Politiker am 9. März 2023 vor Journalisten in Berlin. Deshalb solle "ein Neustart" kommen, um elektronische Patientenakten (ePA) für alle zu erschließen, elektronische Rezepte (E-Rezepte) alltagstauglich zu machen und die Forschung auf Basis von Gesundheitsdaten zu erleichtern. Die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen, mache die Behandlungen besser.
In diesem Zusammenhang will Lauterbach, dass die Gesellschaft für Telematik (Gematik GmbH) zu einer "Digitalagentur in hundertprozentiger Trägerschaft des Bundes weiterentwickelt und in ihrer Handlungsfähigkeit gestärkt" wird.
Weniger Einspruchsmöglichkeiten für BSI und BfDI
Ein interdisziplinärer Ausschuss, der unter anderem mit Vertretern des Bundesdatenschutzbeauftragten (BfDI), des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie aus Medizin und Ethik besetzt werde, solle künftig die Digitalagentur "bei allen Entscheidungen mit Empfehlungen zu Fragen des Datenschutzes, der Datensicherheit, der Datennutzung und der Anwenderfreundlichkeit beraten".
Auf Nachfrage, ob er damit den BfDI und das BSI schwächen wolle, sagte Lauterbach nach Angaben der IT-Sicherheitsexpertin Lilith Wittmann: "Nein, wir wollen die Entscheidungen auf mehr und breitere Schultern verlagern. Somit kommen also auch Meinungen von Medizinern zum Tragen." Die bisherigen Vetorechte des BSI und des BfDI werde es aber nicht mehr geben.
Das Ministerium hat nach eigenen Angaben die neue Digitalisierungsstrategie über mehrere Monate gemeinsam mit Patientenvertretern und Akteuren des Gesundheitswesens entwickelt. Sie solle "Orientierung dafür bieten, wie sich Versorgungsprozesse, Datennutzung und Technologien bis Ende des Jahrzehnts weiterentwickeln müssen, um Gesundheitsversorgung zu verbessern".
Zwei Gesetze geplant
Konkret sind zwei Gesetze geplant: ein Digitalgesetz, das den Behandlungsalltag mit digitalen Lösungen verbessern solle, sowie ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz, mit dem Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen werden sollen.
Unter anderem sollen bis Ende 2024 für alle gesetzlich Versicherten digitale Akten eingerichtet werden – es sei denn, man lehnt das aktiv ab. Gespeichert werden können darin etwa Befunde, Röntgenbilder und Medikamentenlisten. Als freiwilliges Angebot waren die E-Akten schon 2021 eingeführt worden (g+), aber nur ein Bruchteil der 74 Millionen Versicherten nutzt sie. Erklärtes Ziel bis 2025 ist, dass 80 Prozent der gesetzlich Versicherten E-Akten haben.
Außerdem sollen E-Rezepte nach einer bisher stockenden Einführung einfacher nutzbar und Anfang 2024 zum verbindlichen Standard werden. Gesetzlich geregelt werden sollen auch mehr Datenauswertungen für die Forschung. Dafür soll unter anderem eine zentrale Stelle eingerichtet werden, die einen Zugang zu pseudonymisierten Daten aus verschiedenen Quellen wie Registern und Krankenkassendaten ermöglichen soll.
Die Datenfreigabe aus der ePA wird den Plänen zufolge vereinfacht und "kann nutzerfreundlich in der ePA-App gesteuert werden (Opt-out)". Pseudonymisierte ePA-Daten sollen künftig zu Forschungszwecken automatisch über das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) abrufbar sein. Dort soll dann auch die forschende Industrie Anträge auf Datenzugang stellen können. "Entscheidend für die Anfragen ist der Nutzungszweck, nicht der Absender", heißt es.
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opt out und Ruhe ists... meine Gesundheitsdaten gehen niemanden was an, schon garnicht...
An dieser Annahme scheitert vermutlich deine Argumentation ;)
Manche verstehen das einfach nicht. Es kann auch keine "Abwägung" geben, ohne...
und somit ein extrem lukratives Angriffsziel für Kriminelle. Das sollte man bedenken...
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