Eine ganze Firma auf einmal zu digitalisieren, geht nicht
Die beiden Beispiele machen deutlich: Digitalisiert wird oft nicht im großen Stil, sondern nur in Teilen. "Ein gesamtes Unternehmen auf einmal zu digitalisieren, funktioniert nicht, denn dann würde der komplette Betrieb wohl für lange Zeit stillstehen", sagt der Leiter eines Competence Center für Softwareentwicklung beim IT-Dienstleister Adesso, Hans-Peter Kuessner.
Deshalb sei es zielführend, schrittweise und in Wellen nach agilen Methoden vorzugehen. Man startet minimal und schaut, ob das funktioniert. Dann wird schrittweise erweitert. "Digitalisierung ist ein fortwährender Prozess, der einmal begonnen, konsequent fortgeführt werden sollte", sagt Kuessner.
Er empfiehlt, mit der Digitalisierung da zu beginnen, wo das größte Potenzial besteht. Im produzierenden Gewerbe liegen große Effizienzgewinne in der Produktion und Logistik, bei Vertriebs- und Servicegesellschaften vor allem im Service. Dies zeigt ein Digitalisierungsprojekt von Adesso bei Eprimo, einer Eon-Tochter, die deutschlandweit 1,7 Millionen Kunden mit Ökostrom und Ökogas versorgt.
Eprimo führte bereits 2017 mit Hilfe von IBM den Chatbot Sophie ein, später kam Adesso dazu. Im vergangenen Jahr wurde die Homepage eprimo.de komplett neu aufgebaut.
Mario Wittke war in beiden Fällen Projektleiter, er ist bei Eprimo zuständig für alle digitalen Vorgänge mit Kunden. Wittke hat eine kaufmännische Ausbildung und fungiert quasi als Übersetzer zwischen Fachabteilungen und IT.
Heute ist Sophie so weit, dass Nutzer dem Chatbot Fragen stellen können und er in natürlicher Sprache antwortet. Er kann Texteingaben, Audioeingaben oder beides unterstützen. Sophie hört sich nach einem kleinen Projekt an, war aber ein ganz großes, weil sich Eprimo gut vier Jahre damit beschäftigt hat, bis die Firma zufrieden mit der Lösung war.
Anfangs wurden nur FAQs angeboten. "Doch Fragen zu stellen und darauf Antworten zu bekommen, macht Kunden unzufrieden, weil sie eher an Lösungen interessiert sind", sagt Wittke. Deshalb wurden nach und nach neue Services integriert: Abschlagszahlungen, Bankdaten und Adressen ändern. Das kann Sophie abschließend, also ohne, dass noch ein Mensch eingreifen muss. Wenn der Bot nicht helfen kann, gibt er an Menschen im Callcenter weiter.
Eprimo hatte während der Sophie-Entwicklung versucht, Voice Skills im Chatbot zu integrieren. "Schriftliche Anfragen sind üblicherweise lange, mitunter verschachtelte Sätze. Wenn man sie eins zu eins in Sprache übersetzt, dann werden die Antworten so lang, dass kein Mensch sie mehr versteht", sagt Wittke. Deshalb wurde der Plan verworfen, Voice Skills wie Amazons Sprachassistentin Alexa einzubauen.
Der Bot läuft, nun kommt die App
Rund zwei Millionen Chats hat Sophie inzwischen geführt. Eprimo hat Kosteneinsparungen im Service und zugleich ist die Kundenzufriedenheit gestiegen, weil Anliegen schneller und rund um die Uhr gelöst werden. "In der nächsten Ausbaustufe werden wir den Chatbot präsenter auf der Homepage einbinden", sagt Wittke. Bisher geht er dort etwas unter.
Die Homepage ist fürs Unternehmen der wichtigste Kontaktpunkt zum Kunden. Durch die Überarbeitung will Eprimo auch Kosten sparen, indem Änderungen nicht aufwendig programmiert werden müssen, sondern über das Content-System rasch eingepflegt werden können. So können Vertriebsmitarbeiter schnell neue Angebote einstellen.
Als nächstes Digitalisierungsprojekt macht sich Wittke Gedanken über eine App für Bestandskunden. Aktuell klärt er, was ein solcher Kanal für Kunden bringen kann, was die Homepage oder der Chatbot nicht leisten können.
Weitere Informationen gibt es hier in unserem Karriere-Ratgeber zum Thema Digitalisierung
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Digitalisierung von Firmen: Von wegen Megaprojekt |
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Ich schließe das daraus, dass mir ein Chatbot noch nie (also noch nicht ein ein einziges...
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