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Digitale-Dienste-Gesetz: Regierung bessert bei der Störerhaftung nach

Bei der Umsetzung des DSA in deutsches Recht soll der Schutz vor kostenpflichtigen Abmahnungen nun doch beibehalten bleiben.
/ Friedhelm Greis
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Offene WLANs sollen vor kostenpflichtigen Abmahnungen geschützt bleiben. (Bild: Pixabay)
Offene WLANs sollen vor kostenpflichtigen Abmahnungen geschützt bleiben. Bild: Pixabay

Betreiber offener WLANs sollen auch künftig vor kostenpflichtigen Abmahnungen bei Rechtsverstößen ihrer Nutzer geschützt werden. Das sieht der Entwurf des Digitale-Dienste-Gesetzes (DDG) vor, den das Bundeskabinett am 20. Dezember 2023 beschlossen hat(öffnet im neuen Fenster) . Anders als in dem Referentenentwurf vom August 2023 sind in dem nun beschlossenen Vorschlag die entsprechenden Passagen des Telemediengesetzes (TMG) zur Störerhaftung enthalten. Verbraucherschützer und Handelsverbände hatten zuvor vor einer neuen Abmahnwelle gewarnt .

Die Bundesregierung setzt mit dem DDG die EU-Verordnung über digitale Dienste (engl.: Digital Services Act/DSA) um. Diese trat im November 2022 in Kraft (g+) und gilt vom 17. Februar 2024 an in allen EU-Staaten. Mit dem Entwurf werden das TMG und das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) außer Kraft gesetzt .

Zusätzliche Passage zu Störerhaftung

Der nun beschlossene Entwurf, dem der Bundestag noch zustimmen muss, enthält eine zusätzliche Passage zur Störerhaftung. In Paragraf 7, Absatz 2 heißt es dazu nun: "Haften Diensteanbieter nach Artikel 4 der Verordnung (EU) 2022/2065 nicht, so können sie auch nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz oder Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen."

Mit der Verordnung (EU) 2022/2065 (öffnet im neuen Fenster) ist der DSA gemeint. Artikel 4 enthält das sogenannte Haftungsprivileg für reine Vermittlungsdienste oder Zugangsprovider. Laut Paragraf 7 des DDG sind die Haftungsprivilegien "auf Diensteanbieter, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen, auch dann anzuwenden, wenn der Dienst unentgeltlich erbracht wird" . Zur Begründung heißt es in dem Entwurf nun, dass die zusätzliche Passage "aus Gründen der Rechtssicherheit" eingefügt wurde.

Bundesnetzagentur als Koordinierungsstelle

Unverändert sieht der Entwurf vor, dass die Bundesnetzagentur künftig "als zentrale Koordinierungsstelle für die digitalen Dienste" in Deutschland fungieren soll. Die Bonner Regulierungsbehörde soll laut Digitalministerium künftig darüber wachen, "dass Onlineplattformen und Suchmaschinen die Regeln einhalten und gegen illegale Inhalte vorgehen" .

Das neue Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) enthält 34 Paragrafen und gilt für alle Anbieter digitaler Dienste. Dazu zählt laut EU-Vorgaben "jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung" . Besondere Auflagen gelten für "sehr große Onlineplattformen" oder "sehr große Onlinesuchmaschinen" .

BKA braucht mehr als 400 neue Stellen

Zahlreiche konkrete Regelungen des NetzDG und TMG werden künftig direkt durch den DSA ersetzt. Das betrifft beispielsweise das Beschwerdeverfahren, wonach soziale Netzwerke offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden löschen müssen. Künftig sind die Anbieter lediglich dazu verpflichtet, "zeitnah, sorgfältig, frei von Willkür und objektiv über die gemeldeten Informationen" zu entscheiden.

Insgesamt erwartet die Regierung in der Verwaltung einen zusätzlichen Bedarf von 51,8 Stellen. Während beim Bundesamt für Justiz (BfJ) Stellen wegfallen, sollen bei der Bundesnetzagentur 70,6 Stellen hinzukommen.

Einen deutlich höheren Personalbedarf erwartet hingegen das Bundeskriminalamt (BKA). Die Polizeibehörde soll künftig Meldungen zu Verdachtsfällen von strafbaren Inhalten im Internet entgegennehmen und an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weiterleiten. "Aufgrund der deutlichen Ausweitung der den Sorgfaltspflichten unterliegenden Vermittlungsdiensten erwartet das BKA einen Anstieg der jährlichen Bearbeitungsfälle von derzeit rund 6.000 auf rund 720.000" , heißt es in dem Entwurf. Das BKA benötigt nach eigenen Angaben daher 404 zusätzliche Stellen, die jährlich 44,4 Millionen Euro kosten.

Bitkom kritisiert Verzögerung

Der IT-Branchenverband begrüßte in einer Stellungnahme, dass die Regierung "das Digitale-Dienste-Gesetz nach einer übermäßig langen Hängepartie endlich auf den Weg bringt" . Bislang seien Antworten auf wichtige Fragen verschleppt worden, die Verabschiedung sei überfällig, kritisierte der Verband. Aus Sicht des Bitkom ist wichtig, dass die Bundesnetzagentur als nationaler Koordinator "mit ausreichenden Kompetenzen ausgestattet wird, um die neue Rolle effektiv ausfüllen zu können" .

Der Bundestag muss dem Entwurf noch zustimmen. Der Bitkom geht dabei nicht davon aus, dass das Gesetz noch rechtzeitig bis Mitte Februar 2024 in Kraft tritt.


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