Digitale-Dienste-Gesetz: Das neue Grundgesetz für die Internetwirtschaft
Die neuen Pläne der EU-Kommission treffen die großen IT-Konzerne härter als die DSGVO. Die Geschäftsmodelle von Google oder Facebook werden in Frage gestellt.

Die Reaktion kommt spät, aber vielleicht noch nicht zu spät. In den wenigen Jahren ihres Bestehens ist es US-Firmen wie Amazon, Google oder Facebook gelungen, nicht nur ganze Bereiche des Internets zu okkupieren. Während Amazon den Einzelhandel an die Wand zu drücken droht, nehmen Google und Facebook den Verlagen den Großteil ihrer früheren Werbeeinnahmen weg. Wer sich die Folgen dieser Dominanz und Marktmacht vor Augen führen will, muss sich nur die Kongressberichte und Klagen durchlesen, die in den vergangenen Monaten in den USA veröffentlicht wurden.
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Doch nun hat die EU-Kommission die gesetzgeberische Initiative ergriffen und will die "gefährlichen Monopolisten", wie sie in den USA genannt werden, in die Schranken weisen. Kann das mit den beiden Vorschlägen gelingen, die am Dienstag vorgestellt wurden?
Die Grundzüge des Digitale-Dienste-Gesetzes (DDG, engl.: DSA) und des Digitale-Märkte-Gesetzes (DMG, engl. DMA) waren im Wesentlichen schon bekannt. Sie sollen die Wettbewerbsfähigkeit kleiner europäischer Dienste stärken und die großen Anbieter besser kontrollieren.
Während das DDG vor allem die bisherige E-Commerce-Richtlinie anpassen und damit den negativen Entwicklungen bei den sozialen Medien begegnen will, beschreitet die EU-Kommission beim DMG einen neuen Weg. Das Gesetz soll versuchen, trotz zweifellos marktbeherrschender Unternehmen einen einigermaßen fairen Wettbewerb zu ermöglichen, der die Konkurrenten und Nutzer nicht über Gebühr benachteiligt. Bestimmte wettbewerbsschädliche Praktiken werden im DMG explizit untersagt. Das DDG stellt hingegen eher Prozessregeln auf. Es soll darum gehen, wie bei einem Konzertsaal Feuerlöscher und Notausgänge verbindlich vorzuschreiben "und nicht zu sagen, welche Musik da gespielt werden kann", hatte ein Kommissionsbeamter erläutert.
Verkehrsampeln fürs Internet
Bei der Präsentation der beiden Verordnungen ging EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ziemlich weit in die moderne Technikgeschichte zurück. Sie erinnerte an die Einführung der ersten Verkehrsampel in der US-Stadt Cleveland. Auch die Ampel sei eine Antwort auf eine neue disruptive Technik gewesen: das Auto. "Nun haben wir auch eine solche Zunahme des Online-Traffics, dass wir Regeln brauchen, um das Chaos zu ordnen", sagte Vestager. Das DDG solle die Online-Welt zu einem "sicheren und zuverlässigen Raum für die Nutzer machen". Daher sei wichtig: "Was offline illegal ist, ist auch online illegal".
Das klingt auf den ersten Blick nach der altbekannten Leier, wonach das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Doch die beiden Verordnungen gehen in vielen Punkten weiter als die aktuelle Gesetzgebung, auf deren Basis Rechtsverstöße im Internet ebenso wie in der "realen Welt" verfolgt werden können. Denn die neuen Plattformen haben zu Gefahren geführt, die in der "realen Welt" noch gar nicht bestanden haben, weil es die Technik dafür nicht gab.
Ein NetzDG auf EU-Ebene
Das betrifft zum einen den Umgang mit der gewaltigen Menge an Daten, die die großen IT-Konzerne inzwischen angehäuft haben und zu ihren eigenen kommerziellen Zwecken einsetzen.
Zum anderen werden vielfach die Inhalte und Produkte selbst zum Problem, die auf den Plattformen publiziert und verkauft werden. So stört sich die Kommission daran, dass man sich per Post Produkte aus China schicken lassen kann, die sämtliche Zollvorschriften und Sicherheitsprüfungen unterlaufen. Darüber hinaus sieht die EU-Kommission in den neu entwickelten Empfehlungssystemen und datenbasierten Werbekonzepten eine Gefahr für den gesellschaftlichen Diskurs, die Grundrechte wie Meinungsfreiheit und die Demokratie.
Das Digitale-Dienste-Gesetz (PDF) ist gewissermaßen der Versuch, das umstrittene deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) auf die europäische Ebene zu heben. Allerdings ist es in manchen Punkten nicht so strikt in den Vorgaben, was beispielsweise die Löschfristen betrifft. Andererseits geht es viel weiter, weil es nicht nur die Verbreitung illegaler Inhalte bekämpfen will.
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Providerprivileg und Überwachungsverbot bleiben erhalten |
Wenn der Kunde der Zahler der Mehrwertsteuer ist, und der Kaufmann die vom Kunden...
Einfach nein. Es kommt natürlich auch auf die Kategorie der Daten an. Gesundheitsdaten...
Zudem soll der Koordinator sogenannte vertrauenswürdige Lotsen ("trusted flagger...
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