Wann wird Technik toxisch - und für wen?
Dagegenhält der Autor Alexis Madrigal. Er sagt, dass es statt zu verzichten richtig wäre zu fragen, welche negativen Entwicklungen wirklich von digitaler Technologie verursacht werden und nur welche zufällig dort stattfinden, wo Menschen Technologie anwenden. Er erteilt Digital Detox eine Absage: "Ich weigere mich zu akzeptieren, dass die einzige gute Antwort auf unvollkommene Technologie ist, sie komplett aufzugeben."
Madrigal bringt mit seiner Skepsis gegenüber dem Begriff des Digital Detox wichtige Fragen auf: Ab welchem Moment genau soll das Toxische am Digitalen, also eine Art Vergiftung durch digitale Technologie, beginnen? Ist es pauschal schlecht, digitale Technologie häufig und lange zu nutzen? Was ist normal und was nicht?
Das Büro für Technikfolgenabschätzung im Bundestag stellte in seinem Bericht zu neuen elektronischen Medien und Suchtverhalten (PDF) im April 2016 fest, dass "kein Einvernehmen darüber [herrscht], was im Zuge der fortgeschrittenen Mediatisierung der Gesellschaft als 'normales Mediennutzungsverhalten' verstanden wird".
Das Internet ist nicht an sich böse
Von Pauschalisierungen rät auch Bert te Wildt, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Leiter der Ambulanz und der Medienambulanz der LWL-Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum, ab: "Zu sagen, Internetnutzung auch im hohen Maß ist per se schlecht, greift zu kurz. Nehmen Sie Menschen mit einer speziellen Behinderung, die sich nur über das Netz mit ihrem Umfeld verständigen können. Für sie ist die exzessive Nutzung des Netzes ganz wichtig, um überhaupt soziale Beziehungen führen zu können. Wenn dann eine Abhängigkeit der Nutzung eintritt, ist das im Grunde egal."
Der Arzt, der 2012 die Medienambulanz mit einer Sprechstunde für Menschen mit Internet- und Computerspielabhängigkeit gründete, sagt aber auch: "Wir müssen eine Haltung gegenüber unserer Nutzung des Internets entwickeln. Ich empfehle, einen Tag pro Woche und einmal im Jahr eine Woche auf das Internet zu verzichten. So halten wir den Blick auf das analoge Leben offen." Also doch eine Empfehlung für Digital Detox aus medizinischer Sicht? Wer das Gefühl habe, das Internet sei für ihn vor allem privat in keinem Moment mehr verzichtbar, dem empfiehlt te Wildt, wenigstens zeitweise den Stecker zu ziehen.
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Digital Detox: Stiehlt uns das Internet Lebenszeit? | Manche leben komplett offline |
Selbst durchs Lesen dieses Kommentars vergehen wieder 20 Sekunden unserer Lebenszeit. Lach.
ich bin seit einiger Zeit auch Offline und finde es einfach nur gut. Das lag auch...
Hm, hab ich bei der Bundeswehr auch alles gehabt und finde trotzdem nicht, dass der...
Das liegt bestimmt überhaupt nicht daran, dass der Markt, die Population und die...