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Dieselgipfel: Regierung fördert Elektrobusse mit 80 Prozent

Die Bundesregierung will Fahrverbote für Dieselfahrzeuge unbedingt vermeiden. Die Umrüstung auf Elektroantriebe soll in den kommenden Jahren mit weiteren Milliarden gefördert werden. Ob das reichen wird, ist strittig.
/ Friedhelm Greis
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Seltener Anblick: Elektrobus der BVG in Berlin (Bild: Andreas Sebayang/Golem.de)
Seltener Anblick: Elektrobus der BVG in Berlin Bild: Andreas Sebayang/Golem.de

Zur Vermeidung von Fahrverboten in schadstoffbelasteten Innenstädten will die Bundesregierung den Umstieg auf elektrisch angetriebene Fahrzeuge längerfristig fördern. Die bislang zugesagte Förderung der Kommunen in Höhe von einer Milliarde Euro betreffe nur das Jahr 2018, müsse aber "verstetigt werden" , sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel(öffnet im neuen Fenster) (CDU) am Dienstag nach einem Treffen mit Vertretern von Kommunen in Berlin. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ergänzte: "Uns allen geht es natürlich darum, Fahrverbote zu vermeiden." Die Mittel sollen von diesem Mittwoch an zur Verfügung stehen.

Die Ziele sollen beispielsweise dadurch erreicht werden, dass die Städte ihren Busfuhrpark schneller auf Elektroantriebe umrüsten. Nach Angaben von Hendricks entfallen von den 350 Millionen Euro für die Elektrifizierung des Verkehrs 150 Millionen Euro auf Förderprogramme des Umweltministeriums. Von dem Geld sollen unter anderem 80 Prozent der Mehrkosten für die Anschaffung von Elektrobussen bezahlt werden. Bei Plugin-Hybridbussen übernimmt das Ministerium 40 Prozent der Mehrkosten. Zudem bezahlt der Bund 40 Prozent der Kosten für die Ladeinfrastruktur, die Schulung von Fahrern und Wartungspersonal sowie die Einrichtung von Werkstätten.

Geld reicht nur für wenige hundert Busse

Die Probleme dabei: Da ein Elektrobus mit 700.000 Euro etwa doppelt so teuer ist wie ein entsprechendes Dieselfahrzeug, lassen sich nach Angaben des Mainzer Oberbürgermeisters Michael Ebling, der auch dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) vorsteht, von dem Geld nur 400 Elektrobusse anschaffen. Allein die Berliner BVG betreibt mehr als 1.400 Doppeldecker- und Eindeckerbusse.

E-Bus-Linie in Berlin gestartet - Bericht
E-Bus-Linie in Berlin gestartet - Bericht (01:08)

Zudem würden die kommunalen Verkehrsbetriebe wie in Berlin und Hamburg gerne mehr Elektrobusse kaufen , wenn von den Herstellern zuverlässige Systeme angeboten würden. Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) sagte dazu: "Man bekommt derzeit keinen voll elektrischen Bus, der sozusagen im Linienverkehr einsetzbar ist." Während in China schon mehr als 170.000 elektrische Linienbusse und Reisebusse unterwegs sind , fahren laut Hendricks "wenn überhaupt dann 200 Elektrobusse auf deutschen Straßen" .

Hendricks hofft auf Skaleneffekte

Nach Ansicht der Umweltministerin ist die Förderung ein "Signal an die Hersteller, dass sie die Produktion ausbauen können - weil es in den nächsten Jahren eine stabil große Nachfrage geben wird" . Sie gehe davon aus, "dass die Preise von Elektrobussen dann schon bald fallen werden, weil es Skaleneffekte gibt" . Das werde schließlich zu einem sich selbst tragenden Markt führen.

Laut Merkel ging es bei dem Treffen auch "um den sozusagen nicht anwesenden Elefanten im Raum, also die Automobilindustrie" . Hier hätten die Kommunen sich beispielsweise erkundigt, ob die versprochenen Software-Updates der Motorsteuerung umgesetzt würden. Offen ist weiterhin, ob die Hersteller darüber hinaus eine Hardware-Nachrüstung anbieten müssen, um den Schadstoffausstoß weiter zu senken.

Ein dazu in Auftrag gegebenes Gutachten liege erst im Dezember vor. "Ich schließe nicht aus, dass es selbst bei Vorliegen des Gutachtens noch einmal Dissonanzen oder Kontroversen darüber geben wird, was das dann für die wirkliche Nachrüstung bedeutet" , sagte Merkel. Das Umweltbundesamt hatte bereits Ende August 2017 ausgerechnet, dass die Software-Updates nicht ausreichen, um die Abgasproblematik in den Städten zu beheben .

Bürgermeister kritisieren Autoindustrie

Nach Angaben von Hendricks geht es bei dem Gutachten darum, welche Automobiltypen überhaupt nachrüstungsfähig seien. Ihrer Ansicht müssten dann die Autohersteller die Nachrüstung bezahlen. "Die deutsche Automobilindustrie hat das als Hersteller verursacht und muss den Schaden von den Käufern abwenden" , sagte die Ministerin.

Kritik an der Autoindustrie kam von mehreren Bürgermeistern. So sagte der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD): "Wir müssen, glaube ich, der Automobilindustrie noch einmal ganz deutlich machen, dass entweder freiwillig oder durch gesetzgeberische Verpflichtungen jetzt umgehend eine möglichst wirkungsvolle Nachrüstung der älteren Dieselfahrzeuge erfolgen muss, soweit es technisch geht." Damit könnten pauschale Fahrverbote vermieden werden. Stuttgarts OB Kuhn sagte: "Die Automobilindustrie darf wegen eines solchen Programms nicht außen vor bleiben. Die Aufgaben der Automobilindustrie sind noch nicht gelöst."

Kommunen uneins über blaue Plakette

Bislang hat die Industrie erst eine Förderung von 250 Millionen Euro zugesagt. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hatte vor dem Treffen kritisiert, dass von der versprochenen eine Milliarde Euro noch kein Cent an die Kommunen geflossen sei(öffnet im neuen Fenster) . Zudem lehnt der Städte- und Gemeindebund die Einführung einer sogenannten blauen Plakette ab.

Stattdessen wirbt er in einer aktuellen Dokumentation (öffnet im neuen Fenster) dafür, städtische Fuhrparks sukzessive auf Elektrotransporter wie den Streetscooter umzurüsten. Das sieht der Münchner OB Reiter jedoch anders: "Ich bin der Meinung, dass wir eine solche blaue Plakette brauchen ." Würden die Gerichte die Städte zu "Fahrverboten verdonnern" , könnten diese auf diese Weise nur diejenigen Fahrzeuge aussperren, die die Hauptverursacher der Emissionen seien.

Wichtiges Urteil im Februar

Ob die Kommunen tatsächlich Fahrverbote bei zu hoher Schadstoffbelastung verhängen müssen, entscheidet sich Ende Februar 2018. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig urteilt dann über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf. Dieses hatte im September 2016 einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (öffnet im neuen Fenster) stattgegeben und von der Stadt Düsseldorf verlangt, ihren Luftreinhalteplan "schnellstmöglich" zu überarbeiten.


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