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Dieselaffäre: VW-Entwickler zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt

Im Prozess zum Abgasskandal bei VW sind die Urteile gesprochen worden. Von vier Angeklagten müssen zwei ins Gefängnis.
/ Friedhelm Greis , dpa
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Zwei Entwickler von VW müssen wegen des Abgasskandals in Haft. (Bild: Sean Gallup/Getty Images)
Zwei Entwickler von VW müssen wegen des Abgasskandals in Haft. Bild: Sean Gallup/Getty Images

In der juristischen Aufarbeitung des VW-Abgasskandals hat das Landgericht Braunschweig zwei Entwickler des Autoherstellers zu Haftstrafen verurteilt. Ein ehemaliger Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung soll dem Urteil vom 26. Mai 2025 zufolge für viereinhalb Jahre ins Gefängnis. Zwei Jahre und sieben Monate Haft bekam der frühere Leiter der Antriebselektronik.

Nicht ins Gefängnis müssen hingegen zwei weitere Angeklagte. Der ranghöchste Angeklagte, ein Ex-Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen, erhielt ein Jahr und drei Monate auf Bewährung. Ein ehemaliger Abteilungsleiter wurde zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt.

Die Abgasmanipulation in Fahrzeugen des VW-Konzerns war 2015 aufgeflogen . Die Entwickler hatten dazu eine Software entwickelt, die Abgastests erkannte und die Abgaswerte entsprechend anpasste . Im normalen Betrieb wurden hingegen deutlich mehr Stickoxide ausgestoßen.

Wie verlief der Prozess?

Nach mehreren coronabedingten Verzögerungen hatte das komplexe Verfahren vor vier Jahren in der Braunschweiger Stadthalle begonnen. Nicht auf der Anklagebank saß der frühere VW-Chef Martin Winterkorn. Sein Komplex war aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt worden. Die meisten Beteiligten kritisierten das Fehlen des einst bestbezahlten deutschen Konzernlenkers scharf. Viele Beobachter sprachen von einem Auftakt ohne die eigentliche Hauptperson.

Ohne Winterkorn als Schlüsselfigur ebbte die Aufmerksamkeit für den Prozess schnell ab. Das Verfahren zog in normale Gerichtssäle im Landgericht um und fand dort vertieft in die technischen Details nahezu ohne mediale Begleitung statt.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft sollen die Ingenieure und Manager tief in die Entwicklung und den Einsatz der Manipulations-Software in Millionen Fahrzeugen verstrickt gewesen sein. Zur Klärung der Frage, wer wann was über das geheime Programm wusste, überzogen die vier Angeklagten ihren damaligen obersten Chef Winterkorn und sich gegenseitig mit Vorwürfen.

So stand Aussage gegen Aussage. Ingenieure, die die Abschalteinrichtung vorgeschlagen haben sollen, sagten sinngemäß: Wir haben Bedenken geäußert und vor Konsequenzen gewarnt. Die Vorgesetzten entgegneten, es sei über Probleme gesprochen worden, nie aber über ungesetzliches Handeln oder gar Betrug. An dieser Konstellation änderte sich in 174 Verhandlungstagen mit rund 150 Zeugen nichts Wesentliches.

Angeklagte sehen sich als Bauernopfer

In Braunschweig war die Überraschung bei vielen Prozessbeteiligten deutlich erkennbar, als die Ankläger ihre Forderungen für das Strafmaß vertrugen. In emotionalen Schlussworten betonten die Angeklagten, wie kräftezehrend und ermüdend sie den fast vier Jahre langen Prozess empfunden hätten. Die VW-Mitarbeiter machten auch deutlich, dass sie das geforderte Strafmaß fassungslos mache.

Während die vier Männer aus Sicht der Staatsanwaltschaft des Betrugs überführt sind, sehen sie sich eher als Bauernopfer. Zum Ende des Prozesses wiederholten sie auch ihre Verwunderung darüber, dass Ermittlungen gegen andere Betroffene eingestellt wurden. Dabei schwingt der Vorwurf mit, dass sich einige Beschuldigte mit Gefälligkeitsaussagen bei den Ermittlern aus der Verantwortung stehlen konnten.

Wie geht es weiter und was ist mit Winterkorn?

Die juristische Aufarbeitung, die allein VW nach jüngsten Konzernangaben 33 Milliarden Euro kostete, ist auch nach dem Urteil nicht beendet. In Braunschweig sind neben dem ersten Prozess und dem Verfahren gegen Winterkorn noch vier weitere Strafverfahren aus dem Komplex gegen insgesamt 31 Angeklagte offen, wie ein Sprecher des Landgerichts sagte.

Bei neun Angeklagten wurden die Verfahren nach Angaben der Staatsanwaltschaft gegen Geldauflagen eingestellt. Gegen weitere 47 ursprünglich Beschuldigte des Gesamtkomplexes wurden die Verfahren demnach schon während der Ermittlungen gegen Geldauflagen und mit Zustimmung des Landgerichts eingestellt.

Und Winterkorn? Nach Jahren ohne große Auftritte in der Öffentlichkeit wurde er Anfang 2024 vom Oberlandesgericht Braunschweig als Zeuge im Investorenprozess befragt und wies dabei die Verantwortung für den Dieselskandal von sich. "Ich halte diese Vorwürfe für unzutreffend" , sagte Winterkorn.

Ein paar Monate später äußerte sich der mittlerweile 78-Jährige als Angeklagter vor Gericht. Dabei widersprach er erneut den Vorwürfen gegen sich und sah seine erfolgreiche Karriere durch die Dieselaffäre beschädigt. Ein Unfall Winterkorns unterbrach den Prozess aber nach nur wenigen Tagen. Ob und wann das Verfahren fortgesetzt werden kann, ist offen.

Im ersten strafrechtlichen Urteil in Deutschland war Ex-Audi-Chef Rupert Stadler in München wegen Betrugs zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung und einer Zahlung von 1,1 Millionen Euro verurteilt worden . Dabei hatte es zunächst eine Verständigung gegeben, anschließend legten die Verteidiger aber überraschend Revision ein.


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