Maximierer, Verkaufsgenie, Machiavellist
Alphatier, Maximierer, Verkaufsgenie, Machiavellist, Perfektionist, Execution-Sau oder Exzentriker - mit vielen Zuschreibungen wird versucht, Oliver Samwer zu charakterisieren. Doch dem Unternehmer aus Köln ist überraschenderweise auch eine ausgeprägte Risikoaversion zu eigen. Stets suchte er sich wohlhabende Geldgeber, die seine ungemein hoch bewerteten Unternehmungen finanzierten und ihm die Munition für seine Blitzkriege lieferten.
Oliver Samwers ausgeprägte Angst vor dem Tod
Nach seinen ersten - für seinen Geschmack verfrühten - Unternehmensverkäufen resümierte er später selbst, dass es vor allem der konservative Hintergrund seiner familiären Herkunft war, der ihn und seine Brüder so vorsichtig machte und ihm diese Risikoaversion mit auf den Weg gab. Belege gibt es genug: Bis im Jahr 2014 ein Börsengang seines Firmenimperiums Rocket Internet anstand, hatte der sonst so aggressive Executer keinen Positionstitel inne, sondern ließ andere das formelle Risiko tragen. Glaubt man einem Vertrauten der Familie, verbindet ihn und seine Brüder bis heute eine ausgeprägte Angst vor dem Tod und vor Krankheiten, und auch beruflich bestand deshalb stets ein gewisses Sicherheitsnetz für die Samwers.
Während es die Samwers zusammen auf ein kolportiertes Privatvermögen von über einer Milliarde Euro gebracht haben dürften, sind im Dunstkreis von Oliver Samwer nur sehr wenige reich geworden. Schließlich gilt es, im Umgang mit dem Firmenpatriarchen inhaltlich ein gutes Näschen, formal eine genaue Kenntnis der Materie und operativ Nähe zum Hochgeschwindigkeitsbetrieb der Samwers mitzubringen, will man gegenüber dem Internetunternehmer dauerhaft bestehen. Andernfalls steigt die Gefahr, durch Oliver Samwers Verhandlungsgeschick und operative Dynamik abgehängt zu werden. Selbst seine Brüder verblassen gemessen an seiner Schaffenskraft zu Ausführenden seiner Ideen. Doch Oliver verbindet mit Marc und Alexander ein starkes Band des Vertrauens. Marc und Alexander Samwer sind für das Mastermind so etwas wie Unterstützungssysteme im Hintergrund, die ihm helfen, alle Ressourcen in eine Richtung zu lenken.
Die Schattenseite des Erfolgsstrebens
Alle anderen bleiben für ihn lediglich Angestellte. Die Leiter seiner Gründungen bleiben reine Projektmanager und Umsetzungsgehilfen seiner Anweisungen, während er und seine Brüder als kompetente Gründer auftreten. Insofern haftet Oliver Samwer auch ein gewisser Narzissmus an, attribuiert er Erfolg doch gerne auf sich. Zahlreiche seiner ehemaligen Weggefährten sagen dennoch, dass es eine Ehre sei, einmal mit Oliver Samwer zusammengearbeitet zu haben. Schließlich sei es ein Ereignis, ihn und seine einzigartige Arbeitsweise zu erleben.
Die Schattenseite dieses Erfolgsstrebens liegt darin, dass er seine Mitarbeiter nicht nur die Grenzen ihrer Kräfte, sondern auch die ihrer Moral vergessen lässt. Von den "Samwer-Schergen", jenen willigen Befehlsempfängern der Samwers, denen der Kampf mit harten Bandagen, das Abzocken und das Fertigmachen von Menschen vorgelebt wurde, wird noch öfter zu reden sein. Denn Mitarbeiter aus dem direkten Umfeld von Oliver Samwer machen sein Verhalten oft zu ihrem und stellen ihren Ziehvater als Rechtfertigung für ihr Tun hin. Da es dem Gefolge jedoch meist an dessen Know-how oder Intellekt fehlt, geraten diese Nachahmungen zumeist zu einem billigen Abklatsch. Jene zweite Führungsebene beschert nicht selten ein schlechtes Arbeitsklima und bildet den Ursprung vieler Abzocker- und Sklaventreibergeschichten über den Samwer-Clan.
Der Text ist ein Auszug aus "Die Paten des Internets: Zalando, Jamba, Groupon - wie die Samwer-Brüder das größte Internet-Imperium der Welt aufbauen" von Joel Kaczmarek. Finanzbuchverlag, 2014. 19,99 Euro.
Joel Kaczmarek ist Herausgeber von Gründerszene.de. Derzeit widmet er sich als Mitgründer von Sessionbird einem Technologieunternehmen, das die sichere und benutzerfreundliche Durchführung von Online-Meetings aus dem Browser heraus ermöglicht.
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Die Paten des Internets: Oliver Samwer - die "Execution-Sau" |
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Jeder weiß, womit er reich geworden ist: Kinder mit Klingelton-Abonnements ausnehmen...
und trotzdem hätte ich gerne mehr Fakten geliefert bekommen. Eine reine Predigt über...
Nein, wirklich? Na das waer ja'n Ding. Das wuerde ja sogar glatt aus dem Artikeltext...
er lebe hoch...