Trojanisches Pferd und ein Basic-Kartenspiel als Debugger

Mit Hilfe der Sachbearbeiterin Petra (Simone Thomalla, ja, die Thomalla) können die beiden Informatiker endlich ihre Hackerqualitäten unter Beweis stellen. "Wir knacken das Betriebssystem und implantieren eine Subroutine, die die Sicherheitskopie ausklinkt. Dann lassen wir sie am Original fummeln und wir testen in aller Ruhe mit unserem Debugger die Kopie aus", sagt Kamminke in beeindruckendem Fachchinesisch. Und als würde er das Konzept der neuesten Phishing-Programme vorwegnehmen: "Wir bauen ihnen ein trojanisches Pferd in ihre jämmerliche Registrierkasse. Und während sie den Bon nachrechnen, zählen wir das Geld."

Das Eindringen in den Robotron-PC A 7100 erfolgt mangels Internet in der DDR nicht per Akustikkoppler, sondern durch Ablenken des Wachhundes mit einem tragbaren Fernseher. Mit ihrem Debugging-Programm schaffen sie schließlich, woran ihre VEB-Kollegen trotz eindringlicher Standpauken des Kombinatsdirektors gescheitert sind: Planmäßig spuckt die Maschine endlich die gewünschten Zahnräder aus. Zur Belohnung werden die drei rebellischen Computerexperten zu einem Jugendforscherkollektiv ernannt. Auf der Leipziger Frühjahrsmesse knüpft dann sogar ein japanischer Informatiker Kontakte zu den beiden DDR-Programmierern.

Ein Basic-Kartenspiel als Debugger

Im Film nutzt das VEB Stirnräder einen Robotron-CAD-Arbeitsplatz mit PC, Plotter und vermutlich einem Grafiktablet. Bei dem CAD-Programm dürfte es sich um das GEDIT/M16 handeln, das auf dem gezeigten A 7100 lief. Der Seite Robotrontechnik.de zufolge war CAD/CAM in der DDR "ein Prestigethema. In den Medien wurde viel darüber berichtet, in der Praxis jedoch nur wenig davon angewendet." Schon 1984 hatte das Erfurter Kombinat Umformtechnik auf der Leipziger Frühjahrsmesse ein CAD/CAM-System zur rechnergestützten Konstruktion und Produktion präsentiert. Selbst ein LPG-Vorsitzender sagte 1986 einem Zeitungsbericht zufolge: "Inzwischen sind die Wörter 'Schlüsseltechnologie', 'Mikroelektronik' und 'CAD/CAM' für unsere Leiter keine Schlagworte mehr, sondern täglich gebrauchte Begriffe."

  • Der Robotron-Rechner A 7100 ließ sich für CAD-Programme nutzen. (Foto: Karsten Reichert, Lizenz: CC BY-SA 3.0)
  • Der im Film gezeigte Code des angeblichen Debugging-Programms stammt von dem BASIC-Kartenspiel Polterschnack. (Foto: Golem.de)
Der Robotron-Rechner A 7100 ließ sich für CAD-Programme nutzen. (Foto: Karsten Reichert, Lizenz: CC BY-SA 3.0)

Im Film scheitern die VEB-Programmierer vor allem an der direkten Ansteuerung der Werkzeugmaschine mit einem CAM-Programm. Das "einheitliche System der Fehlersuche und Fehlerkorrektur für Software", dessen Code gelegentlich über die Schwarz-Weiß-Bildschirme flimmert, entpuppt sich bei näherem Hinsehen auch nicht gerade als brauchbarer Debugger. Die Ausstatter haben dafür den Code des Basic-Kartenspiels "Polterschnack" gewählt, das in der DDR beispielsweise als Software für den Robotron-Heimrechner Z 9001 zur Verfügung stand.

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 DDR-Hackerfilm Zwei schräge Vögel: Mit Erotik und Kybernetik ins perfekte ChaosZwischen Disko und Disketten 
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Unwichtig 12. Nov 2019

Habs mal fuer die Nachwelt in mein Backup getan :)

bla 11. Nov 2019

Meinst du, wie im Augenblick in Bolivien?

mke2fs 11. Nov 2019

Schöne Geschichte. Wie sind die Leute an die Chips gekommen? Da es kein freier Markt war...

countzero 10. Nov 2019

Ich habe mal versucht, den Film mit nem Kumpel anzuschauen (habe die Icestorm-Version...



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