Sprung durch die Zeit
Im Spielverlauf erhalte ich die Kontrolle über alle drei Charaktere und darf jederzeit zwischen ihnen wechseln. Obwohl sie sich in unterschiedlichen Epochen aufhalten, ist Teamwork Pflicht: Oftmals befindet sich nämlich ein für die Lösung notwendiges Objekt in der falschen Epoche. Doch zum Glück kann das Trio über die Kapseln kleine Objekte austauschen.
Kompliziert wird es erst, sobald Laverne für ein ganz bestimmtes Rätsel einen realen Hamster benötigt. Zwar findet man auch den recht schnell in der Gegenwart. Das Problem ist aber: Der Trick mit der Kapsel funktioniert nur mit leblosen Gegenständen.
Ich muss mir in meiner Rolle als Bernard also etwas einfallen lassen und parke das arme Nagetier mit dem legendären Satz "Tut mir leid, dass ich dir das antun muss, aber es ist zum Wohl des ganzen Planeten" in einer Gefriertruhe. Danach kann Laverne den kleinen Nager in der Zukunft aus ebendieser herausholen und dank Mikrowelle aufwärmen.
Perfekte Spielweltlogik
Allgemein strotzt Day of the Tentacle vor genialen Ideen, Insidern und Flachwitzen, die nur in dieser Kombination funktionieren. Der eingangs erwähnte Staubsauger ist ein weiteres wunderbares Beispiel hierfür: In der Gegenwart gelange ich an ein Werbeplakat, auf dem der Slogan "George sagt, dass jeder Amerikaner einen Staubsauger benötigt!" steht. Bei diesem George handelt es sich eigentlich um einen Staubsaugervertreter, doch das spielt letztlich keine Rolle.
Wichtig ist, dass Bernard das Plakat in die Vergangenheit zu Hoagie schickt und dieser es heimlich George Washington unterjubelt. Der liest es mit Freuden vor und tut so, als ob ER dieser George sei.
Natürlich kann er sich nicht mehr an den Slogan erinnern. Doch ganz bestimmt habe er sich etwas dabei gedacht und deshalb muss der Slogan dringend in der Unabhängigkeitserklärung verewigt werden. Prompt folgt meine Belohnung, weshalb fortan im Keller der Zukunft ein Staubsauger steht. Den benötige ich wiederum etwas später für ein weiteres Rätsel.
Ebenfalls herrlich ist der Umgang mit den Paradoxien, mit denen Zeitreise-Geschichten immer zu kämpfen haben. Die Regisseure Tim Schafer und Dave Grossman haben sich schlicht und ergreifend keine Mühe gegeben, die wirren Vorkommnisse logisch zu erklären. Stattdessen treiben sie einen Spaß nach dem anderen.
So hängt Laverne zu Beginn ihrer Zukunftsreise in einem Baum fest, der in der Vergangenheit gefällt werden muss. Sobald dies geschieht, dürfte Laverne eigentlich nie am Baum gehangen haben. Doch Schafer und Grossman entscheiden sich lieber für eine lustige Slapstick-Szene, in der der Baum von einer Sekunde auf die andere verschwindet und Laverne mit einem dumpfen Knall auf den Boden aufschlägt.
Überhaupt, dieser Slapstick! Day of the Tentacle zelebriert einen wundervoll infantilen Humor im Stile eines Tom & Jerry, der mich nach wie vor zum Lachen bringt. Das Gleiche gilt für die großartigen Dialoge und Sprüche, die ich auf Deutsch lese und auf Englisch höre. Dazu muss man wissen: Das Spiel wurde in einer Zeit synchronisiert, in der komplett vertonte Computerspiele eine Seltenheit waren.
Man hört zudem, dass die Sprecher von Day of the Tentacle keine Profis, sondern Laien waren. Doch ihre mal emotionslose, mal überzogene und mal nasale Tonart passt perfekt zur Geschichte. Deshalb ist meines Erachtens nicht einmal dieser Aspekt schlecht gealtert.
Fazit: Gealtert wie der allerbeste Wein
Ich lehne mich nun weit aus dem Fenster und behaupte: Von allen Geburtstagsartikeln hat mir dieser hier bislang am meisten Spaß gemacht. The Secret of Monkey Island und Indiana Jones and the Fate of Atlantis sind ebenfalls verdammt gut gealtert – doch Day of the Tentacle setzt dem Ganzen die Krone auf.
Das liegt nicht an der Remaster-Version: Die hochauflösende Grafik ist zwar gelungen, aber nicht essenziell notwendig. Nein, das Adventure ist in Sachen Story, Humor und Rätseldesign so zeitlos wie kein anderes mir bekanntes Spiel.
Wer also mit der grundlegenden Beklopptheit der Prämisse und der darauf aufbauenden Welt leben kann, der wird Day of the Tentacle lieben! Und deshalb wundert es mich auch nicht, dass es immer wieder als das wohl beste PC-Spiel aller Zeiten bezeichnet wird.
Mitarbeit: Benedikt Plass-Fleßenkämper
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Einbruch bei Dr. Edison |
Oder Leisure suit larry (Scott me up beamy)
Ich hab als Kind tage- und wochenlang dran gesessen. Klar, das war auch der begrenzten...
was nervt ist, dass hier alle spiele artikel, abgesehen von DOTT, letztlich nur werbung...
Ja, ist sehr gut. Aber ein Privatprojekt.
Kommentieren