Cyborg: Biohacker implantiert sich Kopfhörer

Wenn Rich Lee unterwegs Musik hören möchte, braucht er keine Kopfhörer: Er trägt sie stets mit sich herum - sie sind in seinem Körper implantiert. Lee beschreibt sein Projekt in dem Magazin H+(öffnet im neuen Fenster) . H+ wird von der Organisation Humanity Plus(öffnet im neuen Fenster) herausgegeben, die sich nach eigenen Angaben(öffnet im neuen Fenster) "für die ethische Nutzung von Technologien, um die Fähigkeiten des Menschen zu erweitern" , einsetzt.
Das System besteht aus zwei Magneten, die jeweils in den Tragus(öffnet im neuen Fenster) eingesetzt wurde - der Tragus ist der kleine Knorpel vor dem Eingang des Gehörgangs. Hinzu kommt ein Sender in Form einer Spule, die Lee um den Hals trägt. An der Spule hängen ein Verstärker und ein Akku. Die Spule wird an ein Abspielgerät, etwa das Smartphone, angeschlossen. Das System ist weitgehend unsichtbar: Die Spule verschwindet unter dem Hemd, die implantierten Magnete sind praktisch nicht zu erkennen.
Fingerlautsprecher
Das Magnetfeld, das die Spule erzeuge, bringe die Magneten in seinen Tragi dazu, Töne zu erzeugen, erklärt Lee in einem Video(öffnet im neuen Fenster) . Lee hat auch Magneten in seinen Fingerspitzen. Stecke er diese in sein Ohr, komme die Musik aus seinen Fingerspitzen, sagt er. Das sei schon "eine tolle Sache" .
Lee bezeichnet sich selbst als Biohacker oder Grinder. Das Konzept von Biohacking(öffnet im neuen Fenster) ist, den menschlichen Körper mit Technik anzureichern, um so die Fähigkeiten, etwa die Wahrnehmung, zu verbessern oder um Defizite auszugleichen: Neil Harbisson etwa, der keine Farben sehen kann, hat mit dem Eyeborg(öffnet im neuen Fenster) ein Gerät entwickelt, das Farben in Klänge übersetzt: Harbisson sieht zwar keine Farben, aber dank des Eyeborgs hört er sie .
Abhören und Lügen erkennen
Lee hat schon einige Ideen, was er mit seinen Ohrmagneten anstellen kann. "Das Implantat wird eine Vielzahl neuer Sinneswahrnehmungen ermöglichen" , sagt der Biohacker: Wenn er beispielsweise ein Richtmikrofon als Eingabegerät an sein Smartphone anschließe, könne er unbemerkt die Gespräche anderer Menschen in einem Raum belauschen. Er könnte auch eine App auf seinem Smartphone installieren, die das Stressniveau in einer Stimme erkenne - da werde sein Implantat zum Lügendetektor.
Andere Möglichkeiten seien, "einen großen Teil der Welt, die normalerweise unsichtbar ist, erfahrbar zu machen. Sie ist dann zwar immer noch unsichtbar, aber sie wird hörbar." Mit einem Geigerzähler könne er "die Welt der Strahlung erkunden." Mit einem Temperaturfühler könnte er Wärme und Kälte auf eine ganz neue Art und Weise erleben.
Navigieren wie eine Fledermaus
Bei dem Kopfhörer-Projekt ging es Lee jedoch nicht allein um das Biohacking. Er befürchte, zu erblinden, schreibt Lee: Er habe vor einigen Jahren die Sehfähigkeit auf dem rechten Auge weitgehend verloren und befürchte, dass das Gleiche auch mit dem linken passieren werde. Er wolle deshalb einen Ultraschallentfernungsmesser an das System anschließen, der ihm mit einem Summen auf Hindernisse aufmerksam mache - vergleichbar dem Orientierungssystem einer Fledermaus.
Lee plant zudem schon die nächsten Schritte. Bewähre sich das Magnetimplantat, wolle er sich als Nächstes Spulen sowie weitere Magneten an anderen Stellen des Ohrs implantieren lassen - Letztere um zu sehen, ob sich die Wirkung verbessern lasse. Außerdem will Lee das Implantat um eine Bluetooth-Schnittstelle erweitern.



