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Cyberpunk 2077: Echtes Linux-Gaming bleibt ein Wunschtraum

Cyberpunk 2077 auf Stadia und Steam zeigt, was beim Linux -Gaming falsch läuft.
/ Sebastian Grüner
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Cyberpunk 2077 läuft zwar auf Linux - aber nicht so, wie wir es uns wünschen. (Bild: CD Projekt Red/Pixabay/Montage: Golem.de)
Cyberpunk 2077 läuft zwar auf Linux - aber nicht so, wie wir es uns wünschen. Bild: CD Projekt Red/Pixabay/Montage: Golem.de

Wenn Computerspiele trotz Millionenbudgets zum Starttag auch für Linux erscheinen, grenzt das immer noch an ein Wunder. Bei Cyberpunk 2077 ist dies geschehen , und zwar gleich auf zwei Linux-Plattformen - dank Steam und Stadia. Wir konnten also direkt mit dem Zocken loslegen - allerdings nicht so, wie wir uns das wünschen würden.

Gerade der Start von Cyberpunk 2077 zeigt, dass sich daran wohl auch langfristig nichts ändern wird. Denn von dem Spiel gibt es nun zwei mit großem Aufwand erstellte Linux-Ports. Doch den nativen Linux-Port von Stadia kann niemand wirklich nutzen und der Port von Steam ist eben nicht nativ.

Andere Anstrengungen können oder wollen die Beteiligten wohl aber nicht unternehmen. Native Linux-Ports für Desktop-Nutzer werden leider auch weiterhin ein Wunsch bleiben, der von den Studios nicht erfüllt wird. Auch wenn das immer mal wieder versprochen wird.

Linux-Ports dank Google

Zwar gibt es mit Googles Stadia endlich eine Linux-Plattform am Markt, die Entwicklerstudios nicht mehr ignorieren können. Ob das so ist, weil die Spielestudios von Stadia überzeugt sind oder weil Google finanziell nachhilft , ist egal, denn eigentlich müsste das Ergebnis zählen: ein stabiler Linux-Port. Linux-Gamer haben davon aber nichts.

Dieser Fakt zu Stadia mag einige überraschen: Die Grundlage von Stadia bilden Linux-Server, die Spiele sind native Ports auf die Plattform. Möglich ist das vor allem dank der plattformübergreifenden Vulkan-Grafikschnittstelle, welche die Mehrheit der Industrie anders als noch OpenGL in Spielen nutzt. Google stellt dazu sogar den Kernel-Quellcode(öffnet im neuen Fenster) bereit und verweist auf die vom Unternehmen genutzten AMD-GPU-Treiber, die inzwischen einen sehr guten Linux-Support bieten.

All diese Arbeiten dienen jedoch allein dem Videostreaming der Spiele in der Cloud. Die Linux-Ports von Stadia werden außerhalb der Plattform nicht verteilt. Einfach auf dem Debian- oder Ubuntu-System damit zuhause zu spielen, ist nicht vorgesehen. Und das liegt nicht nur an den möglichen Unterschieden im Aufbau der Cloud-Server und des Desktop-Linux.

Offensichtlich haben weder Studios noch Google oder andere ein Interesse daran, die Portierung auch für die klassischen Linux-Desktop-Distributionen bereitzustellen. Dafür sind die Nutzerbasis und der QA-Aufwand vielen vermutlich immer noch zu hoch - und am Ende zählt immer das Geld. Linux-Nutzer bleiben so auf der Strecke.

Steam als einzige Community-Unterstützung

Die einzigen, die seit Jahren aktiv an einem Linux-Support im klassischen Sinn arbeiten, sind die Entwickler von Valve für ihre Distributions-Plattform Steam. Aber auch Valve musste offenbar einsehen, dass die Linux-Ambitionen nicht den erhofften Ausschlag in der Spieleindustrie bewirken. Viele native Linux-Ports bleiben auf Indie-Games beschränkt, die über Steam verteilt werden.

Für die meisten anderen Titel setzt Valve mit seinem eigenen Wine-Fork Proton seit rund zwei Jahren auf eine Kompatibilitätsschicht, welche die Windows-Version auf Linux ausführt. Das ist immer noch extrem beeindruckend. So machte das Team mit Cyberpunk 2077 ein extrem leistungshungriges und aufwendig produziertes Spiel in nur etwas mehr als einem Monat mit Hilfe von Proton stabil auf Linux nutzbar.

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Allein der dafür nachgelieferte Audio-Patch(öffnet im neuen Fenster) umfasst rund 1.000 Zeilen C-Code. Hinzu kommen Code für den Command-Stream und den Shader-Support und nicht zuletzt Patches für den freien Vulkan-Treiber für AMD GPUs. Letzteres führt zu der etwas kuriosen Situation, dass Cyberpunk 2077 derzeit nur mit den Linux-Community-Treibern des Mesa-Projekts funktioniert, nicht aber mit den offiziellen Linux-Treibern von AMD.

Echter Linux-Support fehlt weiter

Die Arbeiten Valves dienen damit im Kleinen also auch der Open-Source- und Linux-Gemeinschaft. Nicht zuletzt, weil diese endlich Highlights wie Cyberpunk 2077 zum Starttag auf dem System der Wahl spielen kann. Es bleibt trotzdem ein Wermutstropfen, dass dank dieser Arbeiten an Wine das sowieso schon geringe Interesse der Spieleindustrie an Linux komplett in der Versenkung verschwindet.

Die Gamesindustrie ist aber auch einer der wichtigsten Antreiber für noch so minimale Leistungsverbesserungen von CPU- und GPU-Technik, am Cache-Verhalten und an Schedulern, bei der Speicherverwaltung, oder besserem Audio- und Video-Support und vielem mehr. Von all dem wird, wenn überhaupt, aber nur ein sehr kleiner Teil auf Linux ankommen und vieles erst Jahre später oder gar nicht, da die Desktop-Distributionen als Zielplattform für native Spiele-Ports eben weiter ignoriert werden. Die genannten Optimierungen landen also weiter in proprietären Plattformen wie Windows. Linux-Nutzer haben damit weiter das Nachsehen, wenn es um neue Funktionen und Verbesserungen des Gesamtsystems geht.

IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach).


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