Es gibt keinen Space-Invaders-Transistor
Eine klassische Methode, um die Funktion des Gehirns zu ergründen, ist es, Teile des Gehirns zu zerstören oder durch Elektroden zu stören und dabei das Verhalten zu untersuchen. Beim MOS 6502 konnte das sehr präzise getan werden. Einzelne Transistoren wurden so gestört, dass sie nur noch ein High-Signal lieferten. Das untersuchte Verhalten war dabei, eines von drei klassischen Computerspielen zu laden (Donkey Kong, Space Invaders und Pitfall). Wenn das Spiel nicht gestartet würde, wäre das Verhalten gestört.
Die Forscher fanden heraus, dass der Ausfall von 1.560 Transistoren dazu führte, dass keines der Spiele gestartet werden konnte. Bei 200 Transistoren konnten zwei der Spiele nicht gestartet werden, bei 186 lief nur eines der Spiele nicht. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass es in dem Chip eine Reihe von Space-Invaders-Transistoren gibt, die auf Space Invaders spezialisiert sind. Vielmehr stellen sie Funktionen bereit, die zufällig bei diesem Programm zu ausreichend großen Fehlern führen, mit denen es nicht startet. Die Methode ähnelt dem Beispiel mit dem Radio und bringt auch ähnlich wenige Erkenntnisse.
Die meisten der Transistoren, die Spiele zum Absturz brachten, gehörten zu universellen Teilen wie Addierern, die in allen Programmen ständig benötigt werden. Aber nichts in der Untersuchungsmethode ermöglicht es, die eigentliche Funktion einer Gruppe von Transistoren zu erkennen. Denn untersucht wird nicht, wie die Transistoren an der Stelle ihre Arbeit verrichten, sondern ob das gesamte System noch das erwünschte Verhalten zeigt.
Der Chip ist komplex und unergründlich
Aber die Forschung bietet noch andere Methoden. So haben die Forscher versucht herauszufinden, wie die Helligkeit des zuletzt angezeigten Pixels auf dem Bildschirm mit der elektrischen Aktivität der Transistoren zusammenhängt. Es soll also eine grundlegende Funktion des Organismus untersucht werden und wie diese gesteuert wird. Auch hier waren die Ergebnisse wenig erhellend. Einige Transistoren zeigten zwar Korrelationen mit dem Bildschirminhalt, aber sie waren äußerst komplex, nicht linear und weitgehend unergründlich.
Anstatt nur einzelne Transistoren anzuschauen, haben die Forscher auch die gemeinsame Aktivität ganzer Gruppen von Transistoren auf dem Chip untersucht. Ähnliches wird in der Hirnforschung getan, wo bei bestimmten Aufgaben bestimmte Teile des Gehirns besonders starke Aktivität und teilweise rhythmische Aktivität zeigen. Tatsächlich fanden sich auch auf dem Computerchip ähnliche Muster wieder. Im Gehirn wird diese Beobachtung als möglicher Beleg für ein selbstorganisiertes Verhalten von Zellen durch komplexe Interaktion gehandelt. Der Computerchip ist aber nicht selbstorganisiert, besteht aus sehr einfachen Bauteilen und zeigt das gleiche Verhalten trotzdem.
Der Computer als Modell zur Entwicklung neuer Methoden
Eine Reihe von noch weiter fortgeschrittenen Methoden brachte auch keine besseren Erkenntnisse über die Funktion des Computerchips. Wäre er nicht von Menschen entworfen und gebaut worden, stünden Wissenschaftler vor einem großen Rätsel, wie ein C64 funktioniert, wenn sie ihn mit solchen Methoden untersuchen würden. An schlechten Daten oder zu wenigen Daten lag es nicht, sondern daran, wie mit ihnen umgegangen wird.
Und so kommen die Forscher zu dem Schluss, dass die Forschungsmethoden in der Hirnforschung wahrscheinlich nicht ihrem Problem gewachsen sind. Sie regen dazu an, Computerchips als Modell zur Entwicklung besserer Methoden zum Verständnis komplexer Systeme zu benutzen. Immerhin ist ihre Funktion vollständig bekannt und kann jederzeit nachvollzogen werden. Gleichzeitig warnen sie aber, dass diese Methoden nicht so spezifisch sein dürfen, dass sie nur noch für Computerchips geeignet sind.
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CPU: Könnten Hirnforscher einen C64 verstehen? |
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Zwischen nicht komplett verstehen und praktisch gar nicht verstehen ist aber ein...
Ich hab mir da schon recht viel Muehe mit Beispielen und co gegeben und finde deine...
Das ist ein Missverständnis. Elektronik ist immer analog, es gibt auch in einem Computer...
Ja schon schade was da drinsteht. An der Grundaussage aber, dass unsere Daten in Form von...