Corona-Pandemie: Digitalisierung mehr als ein "elektrifizierter Aktengang"
Durch die Coronavirus-Pandemie mussten sich die Gesundheitsämter zwangsläufig stärker digitalisieren. Welche Lehren lassen sich daraus ableiten?

Die Digitalisierung der Verwaltung sollte sich nicht darauf beschränken, analoge Abläufe in Behörden zu "elektrifizieren". Diese sowie neun weitere Erkenntnisse hat die Software-Entwicklerin Bianca Kastl aus ihrer Zusammenarbeit mit Gesundheitsämtern in der Corona-Pandemie gewonnen und auf dem virtuellen Treffen des Chaos Computer Clubs (CCC) am Montag präsentiert. Werkzeuge wie die Luca-App zur Kontaktnachverfolgung hätten sich dabei als "fachlich ungeeignet" erwiesen.
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- Luca-App gibt "Illusion von Kontrolle"
Kastl hatte ihre Erfahrungen mit dem Gesundheitsamt Bodenseekreis bereits in einem Fachgespräch des Bundestags-Digitalausschusses im Frühjahr dieses Jahres erläutert. In ihrem Vortrag auf dem rC3 widmete sie sich jedoch grundsätzlicher der Frage, wie sich eine Pandemie mit digitalen Werkzeugen besser bewältigen lässt.
Zettelwirtschaft abschaffen
Aus Sicht der Gesundheitsbehörden spielt die Digitalisierung vor allem bei der Kontaktnachverfolgung von Infizierten sowie bei der Erfassung und Übermittlung von Infektionen eine wichtige Rolle. Dazu wurden in den vergangenen beiden Jahren verschiedene Software-Programme eingesetzt, die wie im Falle der Corona-Warn-App oder der Luca-App komplett neu entwickelt wurden.
Die Aufgabe von Kastl bestand konkret unter anderem darin, "die Zettelwirtschaft im Gesundheitsamt abzuschaffen". Dazu gehörte es beispielsweise, die Software so anzupassen, dass auch einzelne Mutationen des Coronavirus erfasst oder Kontaktpersonen einfacher einem einzelnen Haushalt zugeordnet werden konnten. Ebenfalls sollten alle beteiligten Behörden in einem Landkreis, etwa Gesundheitsamt, Ordnungsamt und Gemeinden, über eine einzige Plattform eingebunden werden.
Prozesse mit vielen Fallstricken
Dabei zeigte sich nach Ansicht von Kastl, dass mit der Verwaltung "agiles Arbeiten" funktionieren könne. Auch eine software-bezogene Kommunikation über Gitlab sei erfolgreich möglich gewesen.
Allerdings habe sich beispielsweise am Beispiel der Software SurvNet gezeigt, dass diese im Grunde nur bestehende Verwaltungsstrukturen digital abbilde. Diese Software wird vom Robert-Koch-Institut (RKI) zur Verfügung gestellt, um Daten nach dem Infektionsschutzgesetz zu erfassen und weiterzuleiten. Der Prozess enthalte jedoch immer noch "sehr, sehr viele Fallstricke", sagte Kastl. Die Einbindung verschiedener Behördenhierarchien auf dem Weg zum RKI verzögere die Weiterleitung der Infektionsdaten. Daran ändere auch die Nutzung von neuer Software wie Sormas nichts.
"Das ginge auch wesentlich effizienter, schneller", sagte Kastl. Der "digital nachgebaute Aktenlauf" führe auch dazu, dass die Meldeketten nur einmal am Tag aktuell würden und manuell gestartet werden müssten. "Nach außen wirkt das so, als wäre es digital, es ist aber eigentlich nur elektrifizierter Aktengang von einer zur nächsten Behörde", kritisierte die Projektmanagerin.
Dass "Digital Saviors" allein keine Probleme lösen könnten, habe sich am Beispiel der Luca-App gezeigt.
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Luca-App gibt "Illusion von Kontrolle" |
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Meine eigene Erfahrung mit Behörden sagt mir, dass der Aufwand für die Prozessanalyse und...
Jetzt soll der öffentliche Dienst auch noch Prozesse ändern? Nein da steig ich aus... :D