Corona: Japans Krankenhäuser steigen endlich von Fax auf E-Mail um

In Japan löst die Coronakrise einen Modernisierungsschub aus. Den Ärzten in den Krankenhäusern fehlt die Zeit für das manuelle Ausfüllen von Formularen.

Ein Bericht von Felix Lill veröffentlicht am
Intensivärzte im Krankenhaus im japanischen Kawasaki
Intensivärzte im Krankenhaus im japanischen Kawasaki (Bild: REUTERS/Issei Kato)

"Kommt schon, lasst uns endlich damit aufhören", ächzte ein Twitter-User Ende April. "Infektionsfälle per Hand berichten? Selbst in Zeiten von Corona schreiben wir mit Bleistift und schicken uns Faxe." Binnen Tagen wurde dieser Tweet eines Mannes, der nach eigener Angabe Arzt in einem öffentlichen Krankenhaus in Japan ist, um die 10.000-mal geteilt.

Inhalt:
  1. Corona: Japans Krankenhäuser steigen endlich von Fax auf E-Mail um
  2. Leider das falsche Kästchen angekreuzt

Vermutlich auch deshalb, weil er einen für das Gesundheitssystem seines Landes wenig schmeichelhaften Vergleich anstellte. Die Prozesse der Informationsverarbeitung in den Krankenhäusern des vermeintlich hochmodernen Japan nannte er "Showa-Ära-Zeug".

Die Showa-Ära, benannt nach der Regentschaft des sogenannten Showa-Kaisers Hirohito, begann im Jahr 1926 und endete mit Hirohitos Tod 1989. Noch zum spätesten Zeitpunkt dieser Periode gab es keine gesellschaftliche Durchdringung digitaler Anwendungen, vom Wort Internet hatten die meisten nie gehört.

Als schnelle Übertragungstechnologie war das Fernschreibesystem Telex gerade vom Fax abgelöst worden. Anders als Telex, das nur eine begrenzte Zahl an Symbolen schreiben konnte, ließ sich per Fax auch das komplexe japanische Schriftsystem Kanji übermitteln. Die Verbreitung der Faxgeräte ab den 1980er Jahren ermöglichte für japanische Behörden und Unternehmen eine enorme Kommunikationssteigerung.

Seither sind gut drei Jahrzehnte vergangen. Die auf die Showa-Ära folgende Heisei-Ära um Kaiser Akihito ist seit 2019 auch schon Geschichte. Aber das Fax gehört im Land weiterhin zu den Standards der Nachrichtenübermittlung. Laut einer Regierungsumfrage von 2013 wurden im Jahr davor noch 1,7 Millionen Faxgeräte verkauft, die teilweise durch das große Erdbeben von 2011 beschädigte Technik ersetzen sollten.

Wer das Feld für die Faxnummer freilässt, wirkt ... neumodisch

Der japanische Durchschnittsbetrieb hat auch heute noch ein Faxgerät im Büro. Auf Formularen für Kontaktdaten steht neben dem Feld für die Telefonnummer in der Regel auch eines für die Faxnummer. Wer dieses unausgefüllt lässt, wirkt eher neumodisch.

Wer noch nie in Japan war, könnte anderes erwarten. Immerhin hat die Innovationskraft des ostasiatischen Landes nicht mit den einst hypermodernen Faxgeräten von NEC und anderen Betrieben aufgehört. Es folgten Personal Computer von Toshiba, Laptops von Panasonic oder Smartphones von Sony.

In den letzten Jahren haben vor allem intelligente Roboter von Fujisoft oder Softbank die Welt beeindruckt.

Während man in Japan stolz darauf ist, ein Hochtechnologiestandort zu sein, ist die Durchsetzung der entsprechenden Innovationen aber oft spärlich. Nicht nur Behörden funktionieren vor allem analog und haben Onlineauftritte, die an die 1990er Jahre erinnern.

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Leider das falsche Kästchen angekreuzt 
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Steven Coolmay 28. Mai 2020

Tja und wenn das System mal Abstürzt wird dir dann gesagt, tut uns leid, aber Ihr Kind...

Steven Coolmay 28. Mai 2020

In jedem Krankenhaus dieser Welt werden immer noch Tafeln beschriebn wo welcher Pateint...

magnolia 18. Mai 2020

Im Artikel ist das virale Tweet erwähnt. Hat jemand den Link darauf?

GangnamStyle 18. Mai 2020

Ich verfolge einen südkoreanischen Youtuber, der mit einer Japanerin verheiratet ist und...



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