Coradia iLint: Alstoms Brennstoffzellenzug ist "erschreckend unspektakulär"
Ein Nahverkehrszug mit Elektroantrieb ist eigentlich keine Erwähnung wert, dieser jedoch schon: Der vom französischen Konzern Alstom entwickelte Coradia iLint hat einen Antrieb mit Brennstoffzelle. Wir sind mitgefahren.

Von außen unterscheidet sich der Zug kaum von dem auf dem Nachbargleis. Er ist leiser - nur das Rauschen von Lüftern ist zu hören, und er ist nicht rot, sondern blau. Auffällig sind die weißen Buchstabenkombinationen H-H und H-O-H auf der blauen Lackierung und den Sitzbezügen: Hinweise auf den Treibstoff und das Abfallprodukt, das der Zug emittiert.
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Der Coradia iLint ist ein Brennstoffzellenzug: Er fährt elektrisch, bekommt aber den Strom nicht aus der Oberleitung, sondern produziert ihn selbst mit der Brennstoffzellentechnik. Dieser Zug soll den Schienennahverkehr sauberer machen. Er ist gedacht als saubere Alternative für Dieselzüge, die die Deutsche Bahn und viele Nahverkehrsbetriebe in ländlichen Gegenden im Einsatz haben.
Der Zug sei der weltweit erste Nahverkehrszug mit einem solchen Antrieb, sagt Jörg Nikutta, Geschäftsführer von Alstom in Deutschland, im Gespräch mit Golem.de kurz vor der ersten öffentlichen Fahrt mit Passagieren von Wiesbaden nach Frankfurt-Höchst. Allerdings hätte es diese Premiere beinahe nicht gegeben.
Der Coradia iLint basiert auf dem mit Diesel betriebenen Nahverkehrstriebwagenzug Coradia Lint, den Alstom seit 1999 baut. 2012 hatten zwei Alstom-Ingenieure die Idee, den Zug mit einem Brennstoffzellenantrieb auszustatten. Bei ihren Vorgesetzten kam die Idee nicht sehr gut an: Die verwiesen die beiden umgehend des Raums. Sie hielten das Konzept für Blödsinn, die beiden Mitarbeiter für Spinner.
"Die Skepsis kam einfach daher, weil man nicht wusste, dass die Brennstoffzellen und die Brennstoffzellentechnologie insgesamt heute schon so weit entwickelt sind, dass man solche Antriebe robust und solide erstellen kann", erzählt Projektleiter Stefan Schrank im Gespräch mit Golem.de. Allerdings besann sich die Unternehmensführung dann doch eines Besseren. So konnte Alstom 2016 den Prototyp auf der Fachmesse Innotrans in Berlin vorstellen, im März vergangenen Jahres fuhr der Zug erstmals auf der werkseigenen Teststrecke in Salzgitter.
Zwei Brennstoffzellen sind in dem Triebwagenzug verbaut. Sie befinden sich zusammen mit einem Wasserstofftank auf dem Dach. Zu sehen sind sie aber nicht, da die Komponenten unter einer Verkleidung verschwinden. Die Position der Brennstoffzelle ist an den Lüftern zu erkennen, die für den Luftaustausch sorgen.
Bremsenergie wird rekuperiert und gespeichert
Die Brennstoffzellen liefern jeweils eine Leistung von 200 Kilowatt. Zum Anfahren benötigten der Antrieb und die Bordsysteme des Zuges allerdings 800 kW. Die restliche Leistung kommt aus einem Lithium-Ionen-Akku im Boden des Zuges. In der Beharrungsfahrt, also wenn der Zug mit annähernd konstanter Geschwindigkeit unterwegs ist, reicht die Leistung der Brennstoffzellen, den Zug zu betreiben. Überschüssiger Strom wird im Akku gespeichert. Wird mehr Energie benötigt, etwa auf einer Steigung, liefert sie der Akku. Gebremst wird elektrisch; die kinetische Energie wird in elektrische gewandelt und im Akku gespeichert.
Der Zug fährt eine Höchstgeschwindigkeit von 140 Kilometern pro Stunde - so schnell wie auch ein Dieselzug. Mit einer Tankfüllung kommt der Zug - abhängig von Strecke und Fahrplan - etwa 1.000 km weit. Auch da ist er einem Dieselzug ebenbürtig. Der Zug sei "erschreckend unspektakulär", sagt Nikutta im Gespräch mit Golem.de
Der Zug ist leiser als ein Dieselzug
Die großen Unterschiede zum Diesel seien der umweltfreundliche Betrieb - der Zug emittiert nur Wasser - und die deutlich geringeren Lärmemissionen. Während der Dieselzug auf dem Nachbargleis deutlich zu hören ist, ist der iLint im Betrieb so leise wie ein konventioneller elektrisch betriebener Zug, nur dass er eben keine Oberleitung benötigt. Auf der Fahrt bemerkten einige der Fahrgäste relativ laute Geräusche von den Lüftern der Brennstoffzelle. Hier will Alstom noch nachbessern.
Der Markt für einen solchen Zug, sagt Nikutta, sei durchaus vorhanden.
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