Epilog: wie wird gefälscht?
Die Bandbreite an Fälschungen lässt sich grob auf einer Skala von "plump" bis "gut gemacht" einordnen. Analog steigt der Aufwand. Abhängig vom Produkt investieren Fälscher unterschiedlich viel Energie. Die vermutlich plumpeste Variante ist schlicht ein leeres Gehäuse. Das tut nichts und fällt direkt auf.
Im gesamten Spektrum findet sich eine gemeinsame Technik: das Umlabeln von Chips. Hierzu wird zuerst die alte Beschriftung vom Gehäuse abgeschliffen. Bei den weit verbreiteten schwarzen Plastikgehäusen wird danach Lack aufgetragen, um die Bearbeitungsspuren zu verdecken. Dies wird Blacktopping genannt - ursprünglich stammt der Begriff aus dem Straßenbau und bezeichnet die Asphaltdecke. Danach wird die gewünschte Bezeichnung - samt Herstellerlogo - aufgedruckt oder gelasert.
So behandelte Gehäuse lassen sich anhand verschiedener Merkmale erkennen. Oft sind die aufgedruckten Teilenummern falsch, der Code für das Herstellungsdatum abwegig, das Herstellerlogo fehlerhaft, der Druck schlecht oder die verwendete Schriftart falsch. Mit Blacktopping behandelte Gehäuse sind zudem an der unüblichen Gehäuseoberfläche zu erkennen. Der Lack erzeugt nicht die übliche leicht raue Textur. Professionellere Fälscher nutzen allerdings statt Lack Epoxidharz.
Ein wichtiges Erkennungsmittel ist der sogenannte Wischtest. Mit einem in Aceton getränkten Tuch wird die Oberfläche kräftig abgerieben. Wurde die Beschriftung mittels Siebdruck erstellt, löst sich die Farbe. Wurde das Blacktopping mit Lack erstellt, löst sich dieser meist mit - eine Epoxidbeschichtung widersteht dem Lösungsmittel jedoch wie ein Originalteil. Hat ein Bauteil keine anderen Auffälligkeiten, hilft ein Blick unter die Oberfläche mittels akustischer Mikroskopie, oft abgekürzt als SAM für scanning acoustic microscopy. Sie macht verborgene Strukturen wie die Reste einer abgeschliffenen Beschriftung sichtbar, erfordert aber teure Technik.
Aus alt mach neu...
Die umgelabelten Bauteile können andere, günstigere Komponenten mit gleicher Funktion und identischem Gehäuse sein. Eine mit ihnen bestückte Schaltung würde oft funktionieren, sich aber seltsam verhalten. Oft handelt es sich allerdings um recycelte Bauteile. Jahrelang war die chinesische Stadt Guiyu als Elektronikschrottplatz der Welt bekannt. Arbeiterinnen und Arbeiter entfernten hier teils mit Kohleöfen die Komponenten von Platinen.
Die so gewonnenen Bauteile werden gereinigt und sortiert - oft nur nach Gehäusetyp. So erhielt Sparkfun im oben bereits erwähnten Fall Schaltregler statt der bestellten Mikrokontroller. Selbst wenn es sich um das gewünschte Bauteil handelt, ist nicht sichergestellt, dass es noch korrekt funktioniert. Die Handhabung beim Recycling ist, wie Reportagen zeigen, alles andere als professionell und für die sensiblen Komponenten potenziell tödlich. Das kann zum vorzeitigen Ausfall eines Bauteils führen - wenn es nicht schon beim Recycling zerstört wird. Auch ist die Ausfallwahrscheinlichkeit von Bauteilen, die teils bereits Jahre in Betrieb waren, höher als bei Neuware. Paul Braun von HTV weist zudem auf die schlechtere Lötbarkeit solcher Komponenten hin. Schlechte Lötverbindungen können ebenfalls zum Ausfall einer Schaltung führen, da sie mechanisch und elektrisch instabil sind.
Auch elektronische Bauteile fallen vom Lastwagen
Bei der Produktion von Halbleitern fällt aufgrund von Qualitätsschwankungen immer auch Ausschuss an. Am Ende der Fertigung werden die einzelnen Chips eines Wafers getestet. Halten sie die vorgegebenen Parameter nicht ein, werden sie entsorgt. Gelangt ein Fälscher an diesen Müll, kann er ihn in ein Gehäuse packen - und hat sogar ein echtes Bauteil. Allerdings ist der Aufwand aufgrund der benötigten Maschinen recht groß.
Ähnlich anspruchsvoll ist es, ein Silizium-Die in ein anderes Gehäuse zu transplantieren. So kann beispielsweise ein hochwertiger Chip vorgegaukelt werden. Solche Dienstleistungen bieten auch einige Spezialfirmen an, beispielsweise damit ein Halbleiter der Restriction of Hazardous Substances (RoHS) entspricht.
Auch ein Nachbau des eigentlichen Siliziums ist nicht unüblich. Wie bereits zuvor erwähnt, wurden Bausteine von FTDI oft gefälscht. Hierbei handelte es sich tatsächlich um Kopien, die die Funktion des Originals nachahmten. Wer einen Arduino-Klon aus China sein Eigen nennt, hat gute Chancen, ein solches Imitat zu besitzen. Solche Nachbauten können weniger leistungsfähig sein als das Original. Ist die Kopie nicht exakt, kann es auch zu Funktionsabweichungen kommen, die besonders schwer zu diagnostizieren sind. Das nutzte beispielsweise FTDI, um gefälschte Bausteine zu deaktivieren.
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Fazit | Worauf sollte ich noch achten? |
10x 0815 umgelabelten Si-Transistor erhalten. Antwort vom Jammerlappen aus China: Dear...
Oft genug steht teilweise sogar kritische Infrastruktur vor dem Problem keine Ersatzteile...
Große Firmen mögen das stemmen können, der mittelständische Zulieferer der großen...
Nicht nur die Klone werden hierdurch gesperrt, sondern auch alte Revisionen der...