Zwischenlöschung läuft in wenigen Monaten aus
Der Grund: Am 3. April 2026 läuft eine Regelung aus , die es Providern von E-Mail- und Messengerdiensten erlaubt, die Kommunikation ihrer Nutzer auf Missbrauchsmaterial durchsuchen zu dürfen. Das Europäische Parlament will diese freiwillige Chatkontrolle jedoch kein weiteres Mal verlängern und fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, sich auf eine gemeinsame Position zum neuen Vorschlag zu einigen.
Denn im Gegensatz zum EU-Ministerrat beschlossen die Europaabgeordneten schon im Oktober 2023 einen Gegenvorschlag zu den umstrittenen Plänen der EU-Kommission . Das Parlament will die verdachtsunabhängige Massenüberwachung von Kommunikation durch andere Maßnahmen zum Schutz vor sexuellem Kindesmissbrauch ersetzen.
Alter Vorschlag wieder auf dem Tisch
Die Kommission will hingegen soziale Medien, Hosting-Anbieter und Messengerdienste zum Erkennen von Missbrauchsmaterial und Anwerbungsversuchen von Kindern (Cybergrooming) verpflichten. Betroffen von der CSAM-Verordnung (Child Sexual Abuse Material) sind aber auch Internetprovider und Appstores, die auf Anordnung den Zugang zu inkriminierten Inhalten oder Apps blockieren müssen.
Der zuletzt bekannt gewordene Vorschlag(öffnet im neuen Fenster) (PDF) der dänischen Ratspräsidentschaft geht nicht auf die Position des Europaparlaments ein. Vielmehr sieht dieser weiterhin sogenannte Aufdeckungsanordnungen (detection order) vor. Diese stellen nach Einschätzung von EU-Juristen eine "besonders schwerwiegende Einschränkung" der Grundrechte auf Privatsphäre und auf Schutz personenbezogener Daten dar.
Hunderte Wissenschaftler warnen vor Chatkontrolle
Organisationen wie der Chaos Computer Club (CCC) warnten vor der anstehenden Abstimmung ein weiteres Mal vor den Gefahren der Chatkontrolle. "Ein allgemeines Scannen sämtlicher Inhalte von Chat-Kommunikation stellt den denkbar schwersten Grundrechtseingriff dar, der selbst die dreiste Idee der Vorratsdatenspeicherung noch in den Schatten stellt" , teilte der Hackerclub mit(öffnet im neuen Fenster) .
Ähnlich äußerten sich Hunderte IT-Experten und Sicherheitsforscher in einer gemeinsamen Stellungnahme(öffnet im neuen Fenster) (PDF) vom September 2025: "Es ist schlichtweg unmöglich, bekannte und neue Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern für Hunderte Millionen Nutzerinnen und Nutzer mit einer akzeptablen Genauigkeit zu erkennen, unabhängig von der eingesetzten Filtertechnik. Darüber hinaus untergräbt eine Detektion direkt auf dem Gerät, unabhängig von ihrer technischen Umsetzung, von Natur aus den Schutz, den Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eigentlich gewährleisten soll."
Messengerdienste warnen ebenfalls
Kritik an den Plänen kommt auch von Anbietern wichtiger Messengerdienste. So bekräftigte Signal-Chefin Meredith Whittaker in der vergangenen Woche ihre Drohung , den Dienst aus der EU zurückziehen.
So weit gehen Vertreter von Whatsapp und Threema jedoch nicht. Eine Sprecherin von Meta sagte auf Anfrage von Netzpolitik.org(öffnet im neuen Fenster) : "Trotz gegenteiliger Behauptungen untergräbt der neueste Vorschlag der Ratspräsidentschaft der EU nach wie vor die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und gefährdet die Privatsphäre, Freiheit und digitale Sicherheit aller."
Threema teilte mit, zunächst das Ende der möglichen Trilog-Verhandlungen prüfen zu wollen. Diese können erst starten, nachdem sich die EU-Mitgliedstaaten auf ihre Position geeinigt haben. Sollte der dänische Vorschlag beschlossen werden, kann nur noch das Parlament die Chatkontrolle stoppen.



