Chatkontrolle: CCC warnt vor "fundamental fehlgeleiteter Technologie"

Die EU-Kommission will in Kürze ihre Pläne zur Chatkontrolle vorlegen. Das stößt weiter auf scharfe Kritik von Internetaktivisten wie dem CCC.

Artikel veröffentlicht am ,
Die Inhalte von Messengerdiensten könnten künftig durchleuchtet werden.
Die Inhalte von Messengerdiensten könnten künftig durchleuchtet werden. (Bild: Xose Bouzas/Reuters)

Der Chaos Computer Club (CCC) warnt eindringlich vor der Gefahren der sogenannten Chatkontrolle auf den Endgeräten der Nutzer. "Dieses Client-Side-Scanning wäre nicht die erste überzogene und fehlgeleitete Überwachungsmethode, die mit dem Kampf gegen Kindesmissbrauch begründet wird", teilte die Hackerorganisation am 9. Mai 2022 mit.

Das massenhafte Scannen greife nicht nur vertrauliche Kommunikation an ihren Grundfesten an, sondern sei obendrein unwirksam. Kriminelle nutzten bereits heute Verbreitungswege, die von diesen Scans nicht betroffen wären. Der CCC kommt zu dem Schluss: "Die Chatkontrolle ist als fundamental fehlgeleitete Technologie grundsätzlich abzulehnen."

Hintergrund des Statements sind Pläne der EU-Kommission, den Anbietern von Mail- und Messengerdiensten dauerhaft die Durchleuchtung von Nutzerinhalten zu ermöglichen. Im Juli 2021 billigte das Europaparlament eine vorläufige Verordnung, die zunächst für drei Jahre gilt.

Die EU-Kommission will den Entwurf am 11. Mai 2022 vorlegen. Er könnte jedoch deutlich weiter als die aktuelle Regelung gehen. Das betrifft vor allem die Möglichkeit, verschlüsselte Inhalte, wie sie bei Messengerdiensten wie Whatsapp oder Signal versendet werden, zu überprüfen. Diskutiert wird beispielsweise ein Zweitschlüssel ("Exceptional Access"), mit dem Strafverfolgungsbehörden oder Geheimdienste auf die dann nicht mehr Ende-zu-Ende-verschlüsselten Inhalte zugreifen könnten.

Als Alternative wird vorgeschlagen, dass die Inhalte mit einer Art Uploadfilter auf dem Smartphone oder Computer des Benutzers analysiert und je nachdem an Behörden ausgeleitet werden. Auch damit würde die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ausgehebelt.

CCC: Grundrechte werden außer Kraft gesetzt

Ein solches Konzept zerstört nach Ansicht des CCC die Möglichkeit einer vertrauenswürdigen Kommunikation. Denn dazu müsse das eigene Gerät integer sein und dürfe Inhalte nicht an Dritte weitergeben. Zudem müsse die Verschlüsselung sicher sein, so dass nicht dem Netz vertraut werden müsse. "Mit dem Fernmeldegeheimnis und dem Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme setzt die Chatkontrolle gleich zwei fundamentale Grundrechte außer Kraft", kritisiert die Hackervereinigung.

Darüber hinaus sei bisher nicht klar, wer die Erkennungsalgorithmen und -datenbanken definieren und kontrollieren solle. "Ein derart intransparentes System kann und wird nach seiner Einführung leicht erweitert werden. So ist schon heute absehbar, dass sich die Rechteverwertungsindustrie für das System ebenso brennend interessieren wird wie demokratiefeindliche Regierungen", heißt es weiter. Umso erschreckender sei, "mit welcher Arglosigkeit es nun eingeführt werden soll".

Der CCC befürchtet zudem, dass die künstliche Intelligenz zu Detektion von Missbrauchsbildern auch Fotos fälschlicherweise als illegal markieren wird. Kleinste Fehlerquoten würden zu großen Mengen an falsch erkannten und ausgeleiteten Nachrichten führen: "Allein in Deutschland werden weit mehr als eine halbe Milliarde Nachrichten pro Tag versendet. Auch enorm 'gute' Erkennungsraten würden zur Ausleitung mehrerer Tausend Nachrichten pro Tag führen", heißt es in der Stellungnahme.

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sambache 12. Mai 2022

Ich glaube nicht, dass Linus das auch einbaut ;-)

FlashBFE 11. Mai 2022

Von Verschwörung habe ich nichts geschrieben. Es ist im politischen Alltag normal, dass...

bubbho 10. Mai 2022

Die EU ist doch inzwischen nichts mehr als ein Verwaltungsmoloch, wo irgendwelche...

Darkmalvet 10. Mai 2022

So etwas in nationales Recht umzusetzen würde doch bedeuten, dass Deutschland dafür seine...



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