Bundeswehr: Das Heer will sich nicht abhören lassen

Um sicher zu kommunizieren, halten die Landstreitkräfte in NATO-Missionen angeblich ihre Panzer an und verabreden sich "von Turm zu Turm".

Ein Bericht von Matthias Monroy veröffentlicht am
Ein Funker der Bundeswehr-Panzerbrigade
Ein Funker der Bundeswehr-Panzerbrigade (Bild: Andreas Rentz/Getty Images)

Auch die Bundeswehr will abhörsicher kommunizieren und dafür verschlüsselte Verbindungen nutzen. Ein Problem ist dies vor allem beim Heer, das immer noch nicht flächendeckend mit digitalen Geräten ausgerüstet ist. Das hat gefährliche Auswirkungen auf die Führungsfähigkeit der Streitkräfte im Feld.

Inhalt:
  1. Bundeswehr: Das Heer will sich nicht abhören lassen
  2. Bundeswehr legt 40 Jahre altes Funkgerät neu auf

Darauf verweist heute abermals der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Es fehle demnach an der grundsätzlichen Fähigkeit, "Daten und Sprache geschützt zu übermitteln". Die abhörsichere Kommunikation sei deshalb die "zunächst wichtigste Aufgabe bei der Modernisierung der Bundeswehr".

Sammelsurium an Funkgeräten und Telefonen

Das Problem ist seit langem bekannt, beschrieben hat dies bereits ein Artikel in der ZEIT von 2016. Die deutschen Landstreitkräfte in Afghanistan verfügten demnach über verschiedene Funkgeräte, die miteinander nicht kompatibel sind. Wenn ein Kompaniechef der Fallschirmjäger mit seinen Untergebenen kommunizieren will, müsse er ein Kurzstreckenfunkgerät SEM 52SL nutzen. Der Gefechtsstand seines Bataillons sei hingegen digital mit einem Tetrapol-Bündelfunkgerät erreichbar. Für die Modernisierung dieser in die Jahre gekommenen Technik hat der Haushaltsausschuss des Bundestages letztes Jahr 254 Millionen Euro für das Vorhaben Zellulare Netze Verlegefähig (ZNV) freigegeben.

Für größere Entfernungen braucht das Heer dem ZEIT-Bericht zufolge das Tornisterfunkgerät SEM70. Im gepanzerten Führungsfahrzeug seien außerdem VHF-Funkgeräte vom Typ Sender/Empfänger, mobil SEM80/90 eingebaut. Um mit dem NATO-Regionalkommando in Afghanistan zu kommunizieren und etwa Luft- oder Artillerieunterstützung anzufordern, habe sich im Fahrzeug außerdem ein Satellitenfunkgerät AN/PRC-117F befunden.

"Vorsichtshalber" sollen die deutschen Bodentruppen damals häufig zwei handelsübliche Satellitentelefone für das Inmarsat- und für das Iridium-Netz mitgeführt haben. In vielen Fällen hätten sich die Soldaten jedoch auf das im Einsatzland stets funktionierende Mobilfunknetz und afghanische SIM-Karten verlassen.

Schleppende Digitalisierung

Um die für die Truppe gefährlichen Defizite zu beheben, hat das Verteidigungsministerium vor einigen Jahren das in sechs Einzelprojekte aufgeteilte Programm Mobile Taktische Kommunikation (MoTaKo) ins Leben gerufen. Zuständig für derartige Beschaffungen ist das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in Koblenz. Für die Digitalisierung der taktischen Kommunikation von zunächst 25.000 Fahrzeugen und 50.000 Soldaten hat das Amt 5,5 Milliarden Euro veranschlagt.

Jedoch kam das breitbandige Großvorhaben bislang nur schleppend voran. Als vorgezogene Eilmaßnahme in MoTaKo erhielt der Münchener Elektronikkonzern Rohde & Schwarz damals vom BAAINBw einen Auftrag für die Ausrüstung von zunächst 50 Schützenpanzern Puma und gepanzerten Transportkraftfahrzeuge (GTK) vom Typ Boxer. Diese "Streitkräftegemeinsame, verbundfähige Funkgeräte-Ausstattung" (SVFuA) basiert auf Software Defined Radio (SDR). Damit sind abhörsichere Verbindungen bis zur Geheimhaltungsstufe Geheim möglich.

Ähnliche Geräte hat Rohde & Schwarz bereits für die Hubschrauber NH90 und den Eurofighter an die deutsche Marine und die Luftwaffe geliefert. Sie entsprechen NATO-Standards und können in gemeinsamen Brigaden genutzt werden. Zusammen mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall gründete Rohde & Schwarz ein Joint Venture, um auch die Transportpanzer Fuchs mit digitaler Kommunikationslektronik auszustatten.

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Bundeswehr legt 40 Jahre altes Funkgerät neu auf 
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Dakkaron 25. Mai 2022

Analoge Verschlüsselung gibt es nicht wirklich. Also zumindest keine, die mit moderner...

Dakkaron 25. Mai 2022

Oder mit anderen Worten: Die billigste Technik, welche auch noch in 40 Jahren verfügbar ist.

mxcd 19. Mai 2022

Möglich Das kann man über Drohnen und Satelliten gut lösen das spielt keine Rolle - wenn...

unbuntu 18. Mai 2022

Einfach die Bundeswehr nur noch mit sächsischen und bayrischen Soldaten aufstellen.



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