Bundestagswahl 2021: Laschet und Scholz wollen beide Kanzler werden

Bei der ersten Bundestagswahl seit 16 Jahren ohne Angela Merkel als Spitzenkandidatin hat die Union herbe Verluste hinnehmen müssen. Während CDU und CSU mit Spitzenkandidat Armin Laschet nach ersten Hochrechnungen stark verloren, legte die SPD mit Spitzenkandidat Olaf Scholz deutlich zu. Die stärksten Zugewinne verzeichneten die Grünen, die jedoch hinter ihren Erwartungen zurückblieben. Als mögliches Regierungsbündnis kämen neben einer Fortsetzung der Koalition von Union und SPD auch Bündnisse mit Grünen und FDP in Frage. Dabei ist es unerheblich, welche Partei die meisten Stimmen oder Bundestagssitze gewinnt.
Nach dem vorläufigen Endergebnis(öffnet im neuen Fenster) kommt die Union auf 24,1 Prozent der Zweitstimmen, das bedeutet einen deutlichen Verlust von 8,9 Prozentpunkten. Die SPD, die 2017 noch ihr bis dahin schlechtestes Wahlergebnis bei einer Bundestagswahl hinnehmen musste, ist erstmals seit 2002 wieder stärkste Partei geworden. Sie legt um 5,2 Prozentpunkte auf 25,7 Prozent zu.
Linke gewinnt drei Direktmandate
Die Grünen kommen auf 14,8 Prozent, was einem Plus von 5,9 Prozentpunkten entspricht. Die FDP bleibt im Vergleich zu 2017 nahezu unverändert und kommt auf 11,5 Prozent, was einen Zuwachs von 0,8 Prozentpunkten bedeutet. Die AfD verliert 2,3 Prozentpunkte und kommt noch auf 10,3 Prozent der Wählerstimmen. Obwohl sie die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt, kann die Linke gemäß ihrem Zweitstimmenanteil von 4,9 Prozent in den Bundestag einziehen, weil sie drei ihrer fünf Direktmandate verteidigen konnte. Zudem erhält der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) wegen einer Sonderregelung einen Sitz im Bundestag.
Sowohl Union als auch SPD hätten eine Mehrheit, wenn es ihnen gelingen würde, mit Grünen und FDP zu koalieren. Ein rot-grün-rotes Bündnis ist ausgeschlossen, zumal der Wiedereinzug der Linken als Fraktion in den Bundestag an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte. Beobachter erwarten daher langwierige Sondierungsverhandlungen.
Laschet fordert "Zukunftskoalition"
In einer ersten Stellungnahme erhob der CDU-Vorsitzende Laschet trotz der hohen Verluste den Anspruch, Kanzler werden zu wollen. Man wolle "alles daran setzen, eine Bundesregierung unter Führung der Union zu bilden" . Deutschland brauche eine "Zukunftskoalition" , sagte Laschet. Zusammen mit CSU-Chef Markus Söder wolle er auf ein solches Bündnis hinarbeiten. Mit Blick auf die potenziellen Koalitionspartner Grüne und FDP deutete er weitgehende Zugeständnisse an. "Jeder muss sich mit seinen Schwerpunkten darin wiederfinden" , sagte Laschet, damit jede Partei das umsetzen könne, was sie ihren Wählern versprochen habe.
Ähnlich äußerte sich SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz. Die Wähler hätten der SPD deutliche Zugewinne beschert, "weil sie wollen, dass es einen Wechsel in der Regierung gibt und auch, weil sie wollen, dass der nächste Kanzler dieser Republik Olaf Scholz heißt" .
Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock forderte eine "Klimaregierung" für Deutschland. Dafür wolle sie sich zusammen mit ihrem Co-Vorsitzenden Robert Habeck einsetzen. FDP-Chef Christian Lindner verwies am Wahlabend auf Gemeinsamkeiten mit den Grünen. "Und deshalb kann es in Deutschland kein Weiter so geben. Jetzt ist die Zeit für einen neuen Aufbruch" , sagte er. 2017 war ein sogenanntes Jamaika-Bündnis mit Union, Grünen und FDP an der Ablehnung Lindners gescheitert .
IT-Branche fordert schnelle Regierungsbildung
Der IT-Branchenverband Bitkom forderte nach Bekanntgabe der ersten Wahlprognosen eine rasche Regierungsbildung. "Nach der Bundestagswahl vor vier Jahren haben wir eine beispiellose Hängepartie erlebt, die sich nicht wiederholen darf. Die taktischen Spiele von damals haben wertvolle Zeit gekostet, doch die Digitalisierung duldet keinen Aufschub" , sagte Bitkom-Präsident Achim Berg.
Es brauche jetzt "zügige Sondierungen und dann eine Koalition der Vernunft mit einem überzeugenden und also gleichermaßen ambitionierten wie realitätsnahen und vor allem digitalen Programm" . Die Digitalwirtschaft erwarte von der künftigen Bundesregierung "kein digitales Klein-Klein, sondern den längst überfälligen, großen digitalpolitischen Wurf" .
Nachtrag vom 27. September 2021, 8:28 Uhr
Wir haben das vorläufige Endergebnis in den Absätzen zwei und drei ergänzt.



