Memes sollen bezahlt werden
So sollen Inhalteanbieter wie Youtube nicht mehr "alle", sondern nur noch "bestmögliche" Anstrengungen unternehmen, um Lizenzen für Inhalte zu erwerben. Außerdem müssen die Nutzungsrechte nicht mehr typische "Werkarten", sondern nur noch typische "Inhalte" umfassen.
Unverändert enthalten ist Paragraf 6, der das Hochladen folgender "maschinell überprüfbaren" Inhalte ohne Zustimmung der Rechteinhaber erlaubt: "bis zu 20 Sekunden je eines Films oder Laufbildes, bis zu 20 Sekunden je einer Tonspur, bis zu 1.000 Zeichen je eines Textes und je eines Lichtbildes oder einer Grafik mit einem Datenvolumen von bis zu 250 Kilobyte". Für solche Nutzungen habe "der Diensteanbieter dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen", heißt es in Paragraf 7.
Das gilt nun auch für sogenannte Pastiches, deren Hochladen ebenfalls erlaubt ist. Zur Begründung für diese Vergütungspflicht heißt es: "Im Lichte aktueller sozialer Praktiken der kreativen Auseinandersetzung mit vorbestehenden Inhalten (z.B. 'Memes') dürften diese Nutzungen künftig der gesetzlichen Erlaubnis des Pastiche unterfallen. Es erscheint vor diesem Hintergrund gerechtfertigt, den Rechtsinhabern für Pastiche-Nutzungen auf Plattformen eine angemessene Vergütung zu gewähren."
Kein echtes Pre-Flagging mehr
Eine gravierende Änderung gibt es beim sogenannten Pre-Flagging erlaubter Inhalte. Nutzer sollen künftig nicht mehr direkt beim Hochladen angeben können, ob die Nutzung vertraglich oder gesetzlich erlaubt ist. Das soll erst der Fall sein, wenn der Inhalt wegen der Ansprüche eines Rechteinhabers gesperrt werden soll. Dann muss Nutzern "sofort" ermöglicht werden, die Nutzung als erlaubt zu markieren. Laut Begründung sollen die Nutzer dadurch entlastet werden. Liege hingegen ein Sperrverlangen vor, so erhielten die Nutzer bereits während des Uploads eine sofortige Information.
Nach Ansicht des Urheberrechtsexperten Felix Reda von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) macht das Justizministerium damit "den Einsatz von Uploadfiltern durch die Plattformen unumgänglich, denn anders ist die sofortige Erkennung nicht zu bewerkstelligen". Zwar solle laut Gesetzesbegründung auf Uploadfilter "nach Möglichkeit verzichtet" werden. "Diesen Widerspruch löst der Entwurf nicht auf", schreibt Reda und fügt hinzu: "Wenn der Inhalt erst einmal gesperrt wird, ist der Schaden für die Meinungsfreiheit aber bereits angerichtet." Um ein Overblocking zu vermeiden, müsse die ursprüngliche Option beibehalten werden.
Vorschlag von Google umgesetzt
Die Regierung geht damit jedoch auf die umfassende Kritik am Pre-Flagging ein. So lehnten die US-Konzerne Google und Facebook dieses Verfahren ab. Laut Facebook "könnte dies dazu führen, dass Nutzer abgeschreckt werden und weniger Inhalte einstellen". Viele Benutzer könnten sich dazu entscheiden, "ihren Beitrag nicht zu veröffentlichen - auch aus der vermutlich unbegründeten Angst heraus, an einer möglichen Urheberrechtsverletzung beteiligt zu sein".
Google hält das Modell aus praktischer Sicht für "nicht umsetzbar". Es sei "für einen Nutzer trotz bester Bemühungen nicht immer einfach zu ermitteln, ob und welche Schrankenbestimmung oder Kombination von Schranken für seine Nutzung relevant und ob deren Voraussetzungen gegeben sind". Das Unternehmen schlägt stattdessen vor, den Nutzern im Falle einer automatischen Sperrung ihrer Inhalte die Möglichkeit zu geben, sich "unmittelbar" zu beschweren.
Lambrecht optimistisch
Dieser Google-Vorschlag wurde nun umgesetzt. Für Reda ist das kein positives Zeichen: "Da nur wenige marktdominierende Plattformen die Technologie haben, Uploads in Echtzeit zu filtern, führt dies außerdem zu einer weiteren Markt- und Machtkonzentration in den Händen weniger Digitalkonzerne."
Ob sich die Koalition von Union und SPD auf den Entwurf einigen kann, ist unklar. Justizministerin Lambrecht gibt sich zumindest optimistisch. "Wir haben Lösungen vorgeschlagen, die den Rechten und Interessen aller Beteiligten Rechnung tragen. Denn sie alle - die Urheber und ausübenden Künstler, die Unternehmen der Kreativwirtschaft, die Internet-Unternehmen und die Nutzerinnen und Nutzer - sind unverzichtbarer Teil unseres kreativen Ökosystems. Es geht um einen fairen Interessenausgleich - für Maximalforderungen, gleich von welcher Seite, ist deshalb kein Raum", sagte sie dem Spiegel.
Nachtrag vom 15. Oktober 2020, 17:12 Uhr
Das Bundesjustizministerium hat den Referentenentwurf (PDF) am 13. Oktober 2020 in unveränderter Form veröffentlicht und die Verbändeanhörung gestartet.
Update vom 13.05.2022
Felix Reda ist trans. Auf seinen Wunsch haben wir den alten Vornamen im Artikel ersetzt.
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Bundesregierung: Neuer Vorschlag zu Leistungsschutzrecht und Uploadfiltern |
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Streit ist nicht "Ich sitze jetzt vorne Links und ich finde deine Tonart in Diskussionen...
Es geht darum, dass es nie eine Lücke gibt wo Google und Co. NICHT zahlen können. Wenn...
Danke. kwt
Furchtbar. Ich kann ea ja auch verstehen, dass es nicht okay ist wenn Artikel, Musik oder...