Kastration zum Schutz vor Gedankenkontrolle
Als Komplize kann Teddys neurodivergent erscheinender Cousin Don (Aidan Delbis) dessen Gedankengängen nicht immer folgen. Er hat gelegentlich Zweifel, fühlt sich Teddy aber bedingungslos verpflichtet, da sich nur noch die beiden als Familie haben.
Don lässt sich von seinem Cousin sogar chemisch kastrieren, um sich geistiger Kontrolle durch die Aliens zu entziehen. Jede unnötige Ablenkung wäre zu viel. Dass Don sich damit nicht so wohl fühlt, spielt für Teddys Pläne keine Rolle.
Es ist nicht die einzige Stelle im Film, die Erinnerungen daran weckt, wie fehlinformierte Menschen während der Coronapandemie Desinfektionsmittel getrunken haben und daran gestorben sind(öffnet im neuen Fenster) .
Bugonia ist dennoch mitnichten ein Film, der sich oberflächlich über Schwurbler lustig macht. Alle Charaktere sind in gewisser Weise zugleich Protagonist und Antagonist, Täter und Opfer. Selbst die entführte Michelle ist keine wahllos aufgegriffene, unschuldige Frau.
Unauthentischer Mensch oder ein Alien?
Wir lernen Michelle als CEO eines Pharmakonzerns kennen, für den Teddy im Versandlager arbeitet. Eines ihrer Unternehmen hat experimentelle Medikamente mit erheblichen Nebenwirkungen an Probanden getestet – unter anderem an Teddys Mutter, die seither im Koma liegt, mit schwindender Hoffnung auf Genesung.
Visuell stilisierte Rückblicke, Albträume in Schwarzweiß lassen uns an Teddys Innenwelt teilhaben. Er hält seine Mutter in diesen Sequenzen einmal mitsamt dem Krankenbett, wie einen Luftballon hoch über sich schwebend, an einer Schnur fest.
Seine Chefin gibt in derselben Collage ein förmliches Statement als Entschuldigung an die Opfer des fehlgeschlagenen Medikamententests ab. Es ist der Moment, in dem für Teddy in jeder Hinsicht die Welt zusammenbricht, in dem Surreales normal wird, in dem er in seiner Chefin nichts Menschliches mehr erkennt.










In seinem Kellergefängnis hat er deshalb keine Skrupel, sie zu entstellen und brutal zu foltern. Yorgos Lanthimos zeigt rohe Gewalt lange und intensiv – markerschütternd real geschauspielert von der zweifachen Oscar-Preisträgerin Emma Stone.
Dennoch verkommt Bugonia nicht zum Torture-Porn-Movie. Es ist ein intelligentes Werk, das in den richtigen Momenten verstört, damit seine Aussagen tiefer wirken. Der Plot mag schnell nacherzählt sein, dennoch entfaltet der Film 118 Minuten ein komplexes Kammerspiel, das sein Publikum herausfordert.



