Brandenburg: Polizei darf auf Coronakontakte zugreifen - seit 2020

Die Brandenburger Polizei darf bereits seit 2020 auf Corona-Gästelisten oder die Daten der Luca-App zugreifen - obwohl dies ein Bundesgesetz verbietet.

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Was ein Bundesgesetz verbietet, ist in Brandenburg noch lange nicht illegal.
Was ein Bundesgesetz verbietet, ist in Brandenburg noch lange nicht illegal. (Bild: Ramdlon/Pixabay)

Erst vor wenigen Tagen hat Brandenburgs Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) die Nutzung der Kontaktdaten der Luca-App zu Strafverfolgungszwecken gefordert. Laut einer Recherche des Senders RBB ist der Zugriff auf Corona-Gästelisten oder die Luca-App durch die Polizei in Brandenburg bereits seit 2020 erlaubt. Ob dies auch genutzt wurde, bleibt unklar.

Eigentlich verbietet das vom Bund erlassenen Infektionsschutzgesetz seit geraumer Zeit eine Verwendung der Daten "zu anderen Zwecken als der Kontaktnachverfolgung". In Brandenburg bestehe jedoch bereits seit dem 1. September 2020 eine Regelung, mit der die Polizei auf die Daten zugreifen dürfe, erklärte das Polizeipräsidium Potsdam dem RBB.

Dafür benötige sie nur eine Zustimmung des Staatsanwaltes: "Die bisherige mit der [Generalstaatsanwaltschaft (GStA)] abgestimmte Regelung des Polizeipräsidiums beinhaltet, dass in einem solchen Falle der im konkreten Strafverfahren zuständige Verfahrensstaatsanwalt einen Entscheidungsvorbehalt hat", hieß es aus dem Polizeipräsidium.

Laut RBB gilt dies neben Gästelisten und der Luca-App auch für die Corona-Warn-App (CWA). Allerdings gibt es bei Letzterer aufgrund des dezentralen Ansatzes sowie der anonymisierten Erfassung keine (Kontakt-)Daten, die abgefragt werden können.

Datenschutzbeauftragte und Bundesjustizminister halten die Regelung für rechtswidrig

Die Regelung aus Brandenburg dürfte jedoch schlicht rechtswidrig sein. Das Bundesjustizministerium erklärte dazu: "Der Zugriff auf Daten der Luca-App zu Zwecken der Strafverfolgung verstößt gegen ausdrückliche Bestimmungen des Bundesrechts (hier: § 28a Absatz 4 Satz 3, 6 des Infektionsschutzgesetzes) sowie ggf. des Landesrechts."

Paragraf 28 Absatz 4 des Infektionsschutzgesetzes sei eindeutig, betont auch die Landesdatenschutzbeauftragte, Dagmar Hartge. Die Kontaktdaten dürften nur erhoben und verarbeitet werden, "soweit dies zur Nachverfolgung von Kontaktpersonen zwingend notwendig ist. Die Verantwortlichen haben sicherzustellen, dass eine Kenntnisnahme der erfassten Daten durch Unbefugte ausgeschlossen ist."

Das Interesse der Strafverfolgungsbehörden könne sie zwar verstehen, insbesondere, wenn es um schwere Straftaten gehe, aber "wenn der Rechtsstaat in bestimmten Gebieten klar sagt, wir wollen nicht, dass Daten für andere Zwecke verwendet werden, dann muss es auch so sein", sagte Hartge. "Das mag im Einzelfall nicht leicht zu ertragen sein, aber das müssen wir im Rechtsstaat aushalten." Ähnlich hat sich auch schon der nordrheinwestfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) geäußert.

Mehrere Bundesländer teilen Brandenburgs Rechtsauffassung

Die Justizbehörden der Länder Bremen und Rheinland-Pfalz teilen laut dem RBB die Rechtsauffassung von Brandenburg. In Rheinland-Pfalz braucht es für eine Datenabfrage jedoch einen richterlichen Beschluss. Erst im Januar war bekanntgeworden, dass auch die Mainzer Polizei widerrechtlich auf die Check-in-Daten der Luca-App zugegriffen hat. Die Staatsanwaltschaft Mainz entschuldigte sich für die illegale Datenabfrage.

In Berlin habe es derartige Fälle bisher nicht gegeben, daher sei das Thema irrelevant, erklärte die dortige Justizministerium dem RBB. Die anderen Bundesländer waren sich hingegen einig: Die Corona-Kontaktdaten dürfen nicht von den Strafverfolgungsbehörden genutzt werden.

Ob die Strafverfolgungsbehörden in Brandenburg seit 2020 Gästelisten-Daten abgefragt haben, bleibt unklar. Der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Potsdam meinte, dass ihm "persönlich" kein Fall bekannt sei. Ähnliches erklärte laut RBB auch der Innenminister im Landtag. Daten der Luca-App sollen bisher nicht abgefragt worden sein.

Bundesweit haben Polizei und Staatsanwaltschaften die Daten aus Corona-Gästelisten in mehr als 100 Fällen abgefragt. Mindestens 500 Personen sollen betroffen sein.

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