Bradley Manning: Nicht der Feindbegünstigung, aber der Spionage schuldig

Bradley Manning ist verurteilt worden. Von dem wesentlichen Vorwurf der Feindbegünstigung wurde er ebenso freigesprochen wie für die Veröffentlichung des sogenannten Collateral-Murder-Videos. Der Spionage wurde er aber für schuldig befunden. Hier hatte Manning zu Beginn des Prozesses ein Teilgeständnis abgelegt. Allerdings droht Manning immer noch eine lebenslange Freiheitsstrafe - insgesamt 136 Jahre. Das Gericht hat Manning in 20 von 22 Anklagepunkten schuldig gesprochen, darunter fünf Mal für Spionage und für die Veröffentlichung der Irak- und Afghanistan-Protokolle. Außerdem ist er des Diebstahls in fünf Fällen und des Computereinbruchs schuldig. In vier Fällen wurde die Anklage abgemildert. Über das Strafmaß wird jetzt verhandelt.
Nach den Abschlussplädoyers am Freitag, dem 26. Juli 2013 hatte sich Richterin Oberst Denise Lind zurückgezogen, um über einen Schuldspruch zu beraten. Lind musste entscheiden, ob Manning der Spionage, der Begünstigung des Feindes und in weiteren Anklagen schuldig ist. Manning hatte selbst beantragt, das Urteil der Richterin zu überlassen und nicht den Geschworenen. In einem Militärgericht wird die Jury bestellt und nicht ausgelost. Der Prozess dauerte etwa acht Wochen.
Spionage und Feindbegünstigung
Nach Artikel 104 des Wehrstrafrechts der USA (Uniform Code of Military Justice) wird Manning die Begünstigung des Feindes vorgeworfen(öffnet im neuen Fenster) . Allein dafür hätte er zu einer lebenslangen Haft verurteilt werden können. Während des Prozesses hatte die Anklage bereits die Todesstrafe ausgeschlossen, die Manning im Falle der Feindbegünstigung drohte. Manning hatte sich in diesem Punkt aber als nicht schuldig bekannt.
Außerdem wurde ihm Spionage und unerlaubter Besitz in acht Fällen vorgeworfen, darunter für das sogenannte Collateral Murder Video, das einen Hubschrauberangriff im Irak zeigt, bei dem mehrere Zivilisten getötet wurden, sowie weitere Protokolle aus dem Irak und aus Afghanistan. Hier hatte sich Manning in sieben Fällen schuldig bekannt.
Schuldbekenntnis in zehn Fällen
Manning hatte sich zu Beginn des Prozesses in insgesamt 10 von 22 Anklagepunkten schuldig bekannt und für eine minder schwere Strafe plädiert. Dabei spielen Motivation und Auswirkung der Tat eine Rolle. Außerdem können dabei alle Anklagepunkte zusammengefasst werden und ein Gesamtstrafmaß von 10 Jahren ergeben. Die maximale Strafe beträgt 10 Jahre Haft für jeden einzelnen Anklagepunkt. Außerdem wird Manning Diebstahl von US-Eigentum, Computereinbruch und die Installation nicht autorisierter Software in Computernetzwerken vorgeworfen(öffnet im neuen Fenster) . Erhält er das maximale Strafmaß, drohen ihm 136 Jahre Haft.
Der Ankläger Major Ashden Fein versuchte, in allen Anklagepunkten die jeweilige Höchststrafe für Manning zu erreichen. Er versuchte beispielsweise, dem Gericht den Wert der entwendeten Datenbanken in US-Dollar darzulegen. Für die Protokolle aus dem Irak setzte die Anklage einen Wert von 1,9 Millionen US-Dollar an. Liegt der Wert eines entwendeten Gegenstands unter 1.000 US-Dollar, wird das Vergehen als minder schwerer Fall behandelt.
Vaterlandsverräter
Ashden bezeichnete Manning während des Prozesses und in seinem Schlussplädoyer(öffnet im neuen Fenster) als Vaterlandsverräter, der sein Land missachtet. Er habe selbstsüchtig gehandelt und Julian Assange und Wikileaks gefallen wollen. Mit den Veröffentlichungen habe er die nationale Sicherheit bedroht und US-Bürger in Gefahr gebracht. Manning sei kein Humanist, er sei ein Hacker, er sei kein Whistleblower, sondern ein Verräter.
Sein ziviler Verteidiger David Coombs stellte seinen Mandanten als gutmeinenden jungen Mann dar, der aus tiefer humanistischer Überzeugung handelte und mit den Veröffentlichungen eine breite Diskussion über den Sinn und die Auswirkungen eines Krieges anstoßen wollte.
Mannings Ansicht nach sollten diese Dokumente der Öffentlichkeit, vor allem in den USA, zugänglich sein. Sein Ziel sei gewesen, über das Geschehen im Irak und in Afghanistan aufzuklären, sagt Manning. Damit habe er eine Debatte über die Rolle des Militärs und die US-Außenpolitik im Allgemeinen entfachen wollen. Er habe aber dabei darauf geachtet, dass niemand gefährdet werde.
Verhandlung über das Strafmaß
Nach dem heutigen Urteil wird ab morgen über das Strafmaß verhandelt. Da für viele Anklagepunkte ein variables Strafmaß gilt, muss Richterin Lind gesondert darüber entscheiden. Dazu will Coombs noch voraussichtlich 24 Zeugen aussagen lassen, die Anklage 21 Zeugen. Die Verhandlung wird voraussichtlich zwei bis drei Wochen dauern.
Dabei werden auch erstmals Beweise für die Motive Mannings und die Auswirkungen vorgelegt werden müssen, die im Prozess wegen Irrelevanz von Richterin Lind ausgeschlossen wurden. Allerdings können diese Beweise unter Umständen in nichtöffentlichen Sitzungen verhandelt werden, wenn sie als geheim eingestuft sind.
Drei Jahre Untersuchungshaft
Manning sitzt seit seiner Verhaftung im Irak 2010 in Untersuchungshaft , nachdem er sich im Chat dem Hacker Adrian Lamo anvertraut hatte. Lamo verständigte daraufhin die US-Behörden. Insgesamt verbrachte er fast 1.100 Tage im US-Militärgefängnis von Quantico in Untersuchungshaft, wobei die Bedingungen, denen er ausgesetzt war, internationale Proteste auslösten . Manning wurde 2012 von einem Militärgericht angeklagt . Seine bisherige Untersuchungshaft wird auf die gesamte Haftzeit angerechnet. Manning kann nach dem Urteil in Revision gehen.



