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Boox Palma im Test: Kleiner E-Book-Reader, viele Möglichkeiten

Der Boox Palma ist Onyx' kleinster E-Book-Reader und ähnelt einem normalen Smartphone . Nach anfänglicher Skepsis haben wir den E-Ink -Reader zu schätzen gelernt.
/ Tobias Költzsch
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Die Kindle-App auf dem Boox Palma (Bild: Tobias Költzsch/Golem.de)
Die Kindle-App auf dem Boox Palma Bild: Tobias Költzsch/Golem.de

Onyx' Boox Palma ist mit 160 x 80 x 8 mm ein ziemlich kleiner E-Book-Reader - und bietet mit seinem 6,13 Zoll großen E-Ink-Display weitaus weniger Platz als die meisten Modelle anderer Hersteller. Deren Bildschirme messen oft ab 7 oder 8 Zoll und sind entsprechend groß. Der Boox Palma(öffnet im neuen Fenster) hingegen passt in eine Hosentasche und lässt sich prima mit einer Hand bedienen - ob er als vollwertiger E-Book-Reader taugt, schauen wir uns im Test an.

Auf den ersten Blick geht der Boox Palma als Smartphone durch - wäre da nicht der auffällige Bildschirm. Onyx verwendet ein HD-Carta-1200-Panel von E-Ink, das eine manuell und automatisch regelbare Beleuchtung in zwei Farbtemperaturen hat. Die Auflösung liegt bei 1.648 x 824 Pixeln, was zu einer Pixeldichte von 300 ppi führt.

Der Bildschirm ist matt, was wir bei einem E-Book-Reader für unabdingbar halten. Das Gehäuse des Boox Palma ist aus Kunststoff, die Rückseite aus einem von der Struktur an Stein erinnernden Polycarbonat. Die Verarbeitung ist sehr gut, der Reader liegt gut in der Hand.

Breiter Rahmen, Display mit hellem Hintergrund

Anders als moderne Smartphones hat er einen recht breiten Rahmen um das Display, was uns angesichts der Gerätekategorie aber nicht weiter stört. Man muss aber auch sagen, dass der breite Rahmen nicht zum Festhalten notwendig ist wie bei größeren E-Book-Readern, da der Boox Palma bequem wie ein Smartphone in der Hand liegt.

Der Boox Palma stellt Inhalte in Graustufen dar, ein Farbmodell wie etwa beim größeren E-Book-Reader Boox Note Air 3 gibt es nicht. Dank des Carta-Panels ist der Hintergrund schön hell, Inhalte lassen sich entsprechend bei halbwegs gutem Umgebungslicht auch ohne Hintergrundbeleuchtung ablesen. Die automatische Beleuchtungsregulierung geht recht sparsam mit dem Licht um, was in der Regel aber passt. Die automatische Farbtemperaturregelung funktioniert gut.

Dank der guten Pixeldichte sind auch feine Strukturen auf dem Display gut abzulesen. Schriften werden ebenfalls scharf und gut lesbar dargestellt. Boox verwendet eigenen Angaben zufolge seine eigene Super-Refresh-Technologie, die für besonders Ghosting-freie Darstellung sorgen soll.

In der Praxis funktioniert das gut: Das Bild auf dem Boox Palma weist in der Tat relativ wenig Schatten von zuvor dargestellten Inhalten auf. Wie beim Boox Note Air 3 C gibt es zahlreiche Einstellungen zur Aktualisierungsrate, die wir pro App festlegen können. Auf dem Boox Palma läuft Android mit voller Google-Unterstützung, wir können also installieren, was wir möchten - dazu gleich mehr.

Wie bei anderen Onyx-Geräten können wir aus den grundlegenden Modi HD, Ausbalanciert, Schnell, Ultraschnell und Regal wählen. HD bis Ultraschnell haben aufsteigend schnelle Aktualisierungsraten; Regal zeigt ebenfalls minimales Ghosting, kann aber bei dunklen Hintergründen zu Flackern führen. Geeignet ist dieser Modus am ehesten für Comics.

Schnellere Aktualisierung = schlechtere Bildqualität

Mit aufsteigender Aktualisierungsrate nimmt die Darstellungsqualität ab. Wir haben HD vor allem für E-Book-Apps wie Kindle verwendet, Schnell für Browsing oder die Darstellung in Nachrichten-Apps. Das Scrollen ist dann flüssig genug, das Ghosting deutlich minimiert, die Bildqualität noch gut genug. Auch Spiele lassen sich auf dem Boox Palma spielen, wir raten aber eher zu Puzzle-Spielen, bei denen Farben und schnelle Bewegungen nicht so wichtig sind.

Individuelle Ansichtseinstellungen für jede App

In jedem Modus können wir den Kontrast sowie die Darstellung der Schatten und der Lichter beeinflussen und so für jede App eine für uns ideale Einstellung finden. Dass das Gerät sich die für jede App einzeln merkt, ist extrem praktisch, da sich die Anpassungen mitunter doch stark unterscheiden.

Lesen, Browsen, Spielen machen auf dem Boox Palma Spaß, da die Darstellungsqualität gut ist und sich Inhalte flüssig bedienen lassen. Natürlich müssen Nutzer immer im Hinterkopf behalten, dass sie einen E-Ink-Bildschirm vor sich haben. Videos beispielsweise lassen sich zwar überraschend flüssig wiedergeben, eine längere Youtube-Session würden wir auf dem Boox Palma aber trotzdem nicht abhalten. Kurze Videos, etwa auf Nachrichtenseiten, funktionieren allerdings gut.

Mit 6 GByte Arbeitsspeicher und 128 GByte Flash-Speicher ist der Boox Palma gut ausgestattet. Im Inneren stecken Qualcomms Snapdragon 665 - ein 2019 vorgestellter Achtkern-Prozessor mit maximal 2 GHz - sowie ein Co-Prozessor, der für Super Refresh zuständig ist. Im Geräte-Benchmark Geekbench kommt der E-Book-Reader auf ein Single-Core-Ergebnis von 337 Punkten, im Multi-Core-Test schafft der Boox Palma 1.171 Zähler.

Kein sonderlich leistungsfähiges SoC

Das sind äußerst magere Ergebnisse - zum Vergleich: Das Mittelklasse-Smartphone Nothing Phone (2a) schafft im Single-Core-Test 1.150 Punkte. Allzu leistungsfähige Apps sollten Nutzer nicht verwenden. Für die alltäglichen Anwendungszwecke - Lesen von Büchern, Browsen, News-Apps, E-Mails - reicht der Prozessor aber aus.

Aufgrund der geringeren Größe passt beim Lesen natürlich weniger auf den Bildschirm als bei E-Book-Readern mit 8 Zoll oder mehr. Wir haben uns aber recht schnell daran gewöhnt, da wir immer wieder auch auf Smartphones Bücher lesen. Der Boox Palma hat am Ende immer noch den Vorteil des E-Paper-Displays, das ein wesentlich angenehmeres Lesevergnügen bietet - trotz eher kleinem Display. Außerdem lässt sich der Reader leichter verstauen als größere Modelle.

Als Betriebssystem ist auf dem Gerät Android 11 installiert - wie bei anderen Onyx-Readern. Die Benutzeroberfläche ist komplett neugestaltet und an die monochrome Darstellung angepasst worden. Nichtsdestotrotz können wir alle kompatiblen Apps installieren und verwenden, der Play Store ist vorinstalliert.

Das ist praktisch, da es Nutzern beispielsweise freisteht, die von ihnen präferierte E-Book-App zu installieren. Ohne zusätzliche App beherrscht der Boox Palma die Dokumentenformate PDF, DJVU, CBR, CBZ, EPUB, AZW3, MOBI, TXT, DOC, DOCX, FB2, CHM, RTF, HTML, ZIP, PRC, PPT und PPTX, die Bildformate PNG, JPG, BMP und TIFF sowie die Audioformate WAV und MP3. Einen Lautsprecher hat der Reader ebenfalls eingebaut.

Mehr Möglichkeiten dank vollständigem Android

Außerdem finden wir die Android-Basis auch deshalb praktisch, weil sie dafür sorgt, dass wir den Reader während einer Lesesession seltener aus der Hand legen müssen. Wollen wir zwischendurch schnell eine E-Mail verschicken, etwas bei Wikipedia nachschlagen oder uns bei News auf den aktuellen Stand bringen, können wir all das direkt auf dem Boox Palma erledigen. Wir installieren einfach die jeweiligen Apps und können sie problemlos auf dem Reader verwenden. Die Latenz ist dabei ausreichend, um auch Texte tippen zu können.

Die Benutzeroberfläche ist für einen E-Reader gut gemacht und übersichtlich. Wir können wie bei einem Android-Smartphone Widgets auf dem Startbildschirm ablegen, wo auch alle Apps installiert werden - einen App Drawer gibt es nicht. Der Boox Palma kann wahlweise mit Wischgesten oder über eine Navigationsleiste bedient werden. Die Wischgesten entsprechen weitestgehend den bekannten von Android, sie werden durch die Darstellungseinstellungen für die verschiedenen Apps ergänzt.

Etwas schade finden wir, dass Onyx als Basis immer noch das mittlerweile hoffnungslos veraltete, fast vier Jahre alte Android 11 verwendet. Auf unserem Testgerät ist die aktuelle Firmware installiert, der Sicherheits-Patch ist vom Januar 2024. Uns sind zwar keine Bugs oder ähnliche Softwareprobleme aufgefallen, eine neuere Android-Version als Basis sowie aktuellere Sicherheitspatches würden wir uns dennoch wünschen. Das dürfte aber wohl auch einen anderen, neueren Prozessor erfordern.

Auch Lautstärketasten bieten für jede App einzelne Einstellungen

Die Belegung der Lautstärketasten lässt sich für jede Anwendung einzeln einrichten. Grundsätzlich regelt die Lautstärkewippe - wenig überraschend - die Lautstärke. Im Browser haben wir die Tasten aber mit dem Bildlauf belegt, in E-Book-Apps mit dem Umblättern der Seite. Das Boox Palma hat auf der linken Seite noch einen zusätzlichen Button, der dreifach belegt werden kann. Lautstärke und Bildschirmhelligkeit können wie bei anderen Onyx-Geräten über Wischgesten am linken und rechten Displayrand verändert werden, was gut funktioniert.

Die Kamera auf der Rückseite hat 16 Megapixel und ist für das Scannen von Dokumenten gedacht. Dafür hat der Boox Palma eine eigene App vorinstalliert, mit der sich auch mehrseitige Dokumente scannen lassen. Praktisch ist das eingebaute OCR, mit dem wir Dokumente nicht als Fotos, sondern als bearbeitbare Text-PDFs speichern können. Auf der Rückseite ist eine LED-Leuchte eingebaut, die sich auch als Taschenlampe verwenden lässt.

Wie bei seinen anderen Readern können auch Nutzer des Boox Palma Onyx' Onlinespeicher verwenden. Er ist 10 GByte groß und kostenlos. Über ein Web-Interface können Dateien in den Onlinespeicher kopiert oder von dort heruntergeladen werden. Per Booxdrop können Nutzer auch über eine WLAN-Direktverbindung mit dem Boox Palma Dateien hoch- oder herunterladen.

Akkulaufzeit in der Regel lang

Der Akku des Boox Palma hat eine Nennladung von 3.950 mAh. Angaben zur Laufzeit sind schwierig, da es sehr stark davon abhängt, wie wir den Reader verwenden. Nutzen wir nur E-Books in der Einstellung mit der niedrigsten Aktualisierungsrate, hält der Akku im deutlich zweistelligen Tagesbereich durch. Verwenden wir den Reader eher wie ein Smartphone und nutzen auch andere Apps mit schnellerer Aktualisierung, sinkt die Laufzeit. Mehrere Tage waren bei uns aber auch dann Standard.

Als echter Smartphone-Ersatz taugt der Boox Palma übrigens leider nicht - das hätten wir durchaus spannend gefunden. Da das Gerät aber kein Mobilfunkmodem hat, können wir unterwegs weder telefonieren noch ohne ein externes Gerät mit Hotspot oder WLAN online gehen. Onyx sieht den Reader am Ende offenbar eher als zusätzliches Gerät zum Smartphone denn als eigenständigen Ersatz.

Verfügbarkeit und Fazit: Onyx Boox Palma

Der Boox Palma kostet im Onlineshop des Herstellers Onyx(öffnet im neuen Fenster) 300 Euro und ist in Schwarz und Weiß erhältlich. Im Lieferumfang sind je nach gewählter Farbe eine farblich passende Schutzhülle sowie eine transparente Hülle enthalten. Für 8 Euro mehr bekommen Käufer neben der farblich passenden Hülle noch ein magnetisch schließendes Flip-Case dazu.

Fazit

Der Boox Palma ist ein interessanter Hybrid aus E-Book-Reader und Smartphone. Dank des sehr guten E-Ink-Displays lassen sich E-Books komfortabel lesen: Das Panel hat einen hellen Hintergrund und eine gute zweifarbige Beleuchtung, deren Automodi im Alltag gut funktionieren.

Natürlich ist der Boox Palma kleiner als andere E-Book-Reader, was allerdings als Feature vermarktet wird. Wir waren zugegebenermaßen zu Beginn unseres Tests erst skeptisch, ob sich ein derartig kleiner Reader im Alltag wirklich lohnt. Am Ende finden wir den Boox Palma sogar besser als größere E-Book-Reader.

Vor allem abends im Bett ist der kleine Reader wesentlich angenehmer zu halten als größere Modelle. Auf dem Bildschirm wird natürlich weniger angezeigt, was uns allerdings nicht gestört hat - wenngleich dies ein subjektives Empfinden ist. Fakt ist, dass sich der Boox Palma leichter verstauen lässt als ein größerer E-Reader.

Überzeugt wurden wir auch dank der Funktionen des Boox Palma. Die individuellen Darstellungseinstellungen für jede App sind sehr praktisch und verbessern den Nutzungskomfort. Auch das relativ geringe Ghosting zeichnet den kleinen Reader aus.

Praktisch gegenüber anderen Herstellern ist der Umstand, dass das Gerät ein vollwertiges Android verwendet. So können wir nicht nur verschiedene E-Book-Apps installieren, sondern auch Nachrichten lesen, Browsen, E-Mails schreiben oder Musik-Streaming-Apps verwenden. Das Display ist dabei schnell genug, um Videos abspielen zu können - das machen wir aber eher nur zwischendurch bei kürzeren Videos, etwa auf Nachrichtenseiten.

Der Boox Palma ist aufgrund seines Formats womöglich kein E-Book-Reader für alle - und wegen des fehlenden Modems auch kein Smartphone-Ersatz. Wer allerdings unterwegs lieber E-Books auf einem E-Ink-Display lesen und dabei möglichst platzsparend unterwegs sein möchte, dürfte das Gerät interessant finden.

Den Preis finden wir vor dem Hintergrund, dass sich mit dem Boox Palma noch eine Menge mehr anstellen lässt, in Ordnung. Allerdings bekommt man für 300 Euro auch schon ein sehr viel besser ausgestattetes Smartphone - dann aber ohne den guten E-Ink-Bildschirm.


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