Börse: Warum KI-Aktien dauerhafte Renditechancen bieten

An den Börsen war künstliche Intelligenz (KI) zwar schon vor 2023 ein Thema. Doch erst im Frühjahr besagten Jahres setzte ein Börsenboom ein, der an Dynamik nicht zu überbieten war. Auslöser der Rally war die Einführung einer neuen Version der generativen KI ChatGPT sowie die zehn Milliarden US-Dollar schwere Beteiligung von Microsoft an deren Entwickler Open AI.
Im Fokus der Investoren: Technologiekonzerne, die KI-Infrastruktur wie Hardware, Halbleiter, Software und Serviceanwendungen anbieten. Die sieben größten unter ihnen erhielten prompt den Namen "Magnificent Seven". Gemeint sind die amerikanischen Big Techs Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla.
Der Börsenwert der "Glorreichen Sieben" stieg von Anfang 2023 bis Ende 2024 um mehr als 150 Prozent auf 17,6 Billionen US-Dollar. Zur besseren Einordnung: Diese Summe entspricht in etwa dem gesamten Bruttoinlandsprodukt der Eurozone. Doch inzwischen ist die Euphorie verflogen.
Seit Jahresanfang verzeichneten die Mag7 schwere Verluste. Aufgrund ihres hohen Börsengewichts führte dies auch zu deutlichen Einbußen bei US-Aktienindizes wie dem Nasdaq 100 und dem S&P 500. An der Wall Street wird deshalb bereits von den "Maleficent Seven" gesprochen, also den bösen Sieben.
Skeptiker warnen vor einer fundamentalen Trendwende bei KI-Werten. Sie sehen Parallelen zum Platzen der Dot.com-Blase vor rund 25 Jahren. Realistische Einschätzung oder Hysterie? Die Antwort: weder noch.

Um die Perspektiven von KI-Aktien einschätzen zu können, müssen die Gründe für deren Kursschwäche untersucht werden. Gemeint sind damit nicht die jüngsten Turbulenzen, die durch das Hin und Her bei den Zöllen ausgelöst wurden. Das ist ein generelles Problem. Es geht um die schon seit längerem zu beobachtenden Kursrücksetzer im KI-Sektor.
KI in einer Übergangsphase
Hier sind zum einen die stark gestiegenen Bewertungen der Aktien zu nennen, die zum anderen auf eingetrübte Geschäfts- und Wachstumschancen in wichtigen KI-Bereichen treffen. Beispiel generative KI: Für die Experten der US-Marktforschungsgesellschaft Gartner wird generative KI zunehmend zu einer "normalen" Software.
Anbieter wie Microsoft müssten daher potenzielle Kunden von den Vorteilen ihres Produkts überzeugen, um es mit einem Premium verkaufen zu können. Gartner-Analyst John-David Lovelock sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Viele ambitionierte Projekte der vergangenen Jahre haben den Anwendern nicht die erhofften Arbeitserleichterungen oder Einsparungen gebracht. Die Firmen setzen daher verstärkt auf Standardsoftware, deren Einbindung in die Arbeitsabläufe und wirtschaftlicher Nutzen besser vorhersagbar sind."
Sorge vor Überinvestitionen
Auch verweist der Gartner-Experte Lovelock darauf, dass KI-Entwickler weiterhin Milliarden in die Verbesserung ihrer Programme stecken. Damit trifft er einen heiklen Punkt. Denn die Summen, die die KI-Konzerne in die Forschung und Entwicklung sowie in den Ausbau ihrer Rechenzentren stecken, sind riesig.
Wie das Handelsblatt im Februar berichtete (Paywall)(öffnet im neuen Fenster) , wollen allein Nvidia, Alphabet, Microsoft und Meta in den nächsten Jahren rund 325 Milliarden Dollar in neue Datenzentren investieren. "Man habe keine andere Wahl," erklärte Alphabet-CEO Sundar Pichai bereits im Sommer vergangenen Jahres gegenüber Analysten(öffnet im neuen Fenster) : "Das Risiko einer Unterinvestition ist für uns dramatisch größer als das Risiko einer Überinvestition." Doch ist dem tatsächlich so? An den Aktienmärkten mehren sich die Zweifel.
Deepseek schockiert die Märkte
Grundsätzlich erwarten die Kapitalmärkte, dass Investitionen eine angemessene Rendite abwerfen. Wer den prognostizierten ROI (Return on Investment) nicht liefern kann, wird in der Regel an der Börse abgestraft.
Rentabilitätssorgen waren auch der Grund, warum die Aktienkurse der Mag7 und anderer KI-Werte unmittelbar nach der Einführung der generativen KI von Deepseek so stark einbrachen. Das chinesische Pendant zu ChatGPT war offenbar deutlich günstiger zu entwickeln und zu trainieren als vergleichbare westliche Modelle.
Letztlich geht es also um die Frage, ob und inwieweit es den großen Technologiekonzernen gelingt, ihre Investitionen in KI-Produkte und -Dienstleistungen zu monetarisieren, sprich zu Geld zu machen.
Kein Vergleich mit der Internetblase
Selbst wenn die Sorgen der Investoren um die Rentabilität berechtigt sind, erscheint Schwarzmalerei nicht angebracht. Der Vergleich mit dem Platzen der Internetblase vor einem Vierteljahrhundert ist ebenfalls nicht angebracht. Zur Erinnerung: Damals brachen die Kurse am US-Technologieindex Nasdaq innerhalb von nur eineinhalb Jahren um durchschnittlich mehr als 70 Prozent ein.
Das lag zum einen daran, dass die Börsenbewertungen - etwa gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) - astronomische Dimensionen erreicht hatten. So kostete die Aktie von Oracle zweitweise über das 150-Fache des Unternehmensgewinns. Auch Microsoft war damals mit einem KGV von über 70 mehr als doppelt so hoch bewertet wie heute. Entsprechend groß war die Fallhöhe.
Der andere Punkt: Der Internet-Hype wurde in erster Linie von defizitären Unternehmen getragen. Deren Geschäftsmodelle standen nicht nur oft noch am Anfang, auch ihre Kapitalausstattung stieß schnell an Grenzen.
Ganz anders die Mag7: Sie sind hochprofitable und etablierte Unternehmen mit enormen Cashflows und hoher Innovationskraft. Sie verfügen über die Finanzkraft und das Know-how, um KI-basierte Produkte und Dienstleistungen nicht nur erfolgreich zu entwickeln, sondern auch erfolgreich zu vermarkten.
Zur Verdeutlichung: Allein im vierten Quartal 2024 erwirtschafteten die Mag7 laut einem Report des Analysehauses LSGE zusammen einen Nettogewinn von rund 131 Milliarden US-Dollar. Ihre Nettogewinnmarge lag bei extrem starken 25,8 Prozent. Damit ist die Siebenergruppe im Schnitt fast doppelt so profitabel wie der Rest der S&P-500-Unternehmen(öffnet im neuen Fenster) .
Was war, interessiert an der Börse niemanden
An den Finanzmärkten wird die Zukunft gehandelt und nicht die Vergangenheit. Folglich ist der bereits seit Februar andauernde Abwärtstrend ein Ausdruck dafür, dass das weitere Wachstum der KI-Branche den hohen Erwartungen nicht mehr gerecht werden könnte. Tatsächlich geht der Analystenkonsens derzeit davon aus, dass sich das Gewinnwachstum der Mag7-Riege in diesem Jahr von 36,8 auf 17,1 Prozent halbieren wird.
Auf der anderen Seite sind mit den Kursverlusten auch die Bewertungen zurückgekommen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (auf Basis der für nächsten zwölf Monate erwarteten Gewinne) der Mag7 liegt derzeit auf 26,2, verglichen mit 33,5 zu Jahresbeginn.
Fakt ist aber auch, dass die Gruppe weiterhin mit einem deutlichen Aufschlag gegenüber dem Gesamtmarkt S&P 500 gehandelt wird. Zur besseren Einschätzung: Aktuell notiert der S&P 500 (ex Mag7) mit einem KGV (erwartet) von 19,7(öffnet im neuen Fenster) .
Damit die Aktien der KI-Konzerne ihre Kursverluste zeitnah wieder aufholen oder gar in neue Höhen vordringen können, bedürfte es frischer Impulse. Doch die sind derzeit nicht in Sicht. Im Gegenteil: Rezessionsängste, die aggressive Zollpolitik der Trump-Administration und eine abwartende Geldpolitik der US-Notenbank Fed sind kein geeignetes Umfeld für neue Höhenflüge.
KI bleibt ein Megatrend
Dass dieser Artikel dennoch zu einem positiven Schluss kommt, liegt an den langfristigen Perspektiven der KI. Zwar befindet sich die Technologie noch in einer frühen Phase. Sie lässt aber bereits jetzt erkennen, dass sie hochgradig disruptiv ist und eine breite Anwendung in Wirtschaft und Gesellschaft finden dürfte.
In ihrer Studie(öffnet im neuen Fenster) weist die Deutsche Bank darauf hin, dass die Geschichte voll ist von Beispielen für Technologien, die Jahre brauchten, um sich durchzusetzen, und die oft von entscheidenden, benachbarten Innovationen abhängig waren.
Als Beispiel wird das iPhone von Apple genannt, das 2007 entwickelt wurde, aber erst fünf Jahre später richtig zur Geltung kam, als verbesserte Hardware, größere Konnektivität und smarte Zahlungssoftware den Aufstieg von Killer-Apps für Essenslieferungen, Musik und soziale Medien ermöglichten. Bei KI verhält es sich ähnlich. Optimisten, heißt es im Bericht der Deutschen Bank, schauen nicht auf kurzfristige Entwicklungen, sondern auf langfristige Aussichten. Und die sind beim Thema KI weiterhin vielversprechend.
Bei KI-Investments gilt es, langfristig zu denken
Auch die Commerzbank ist hinsichtlich der Perspektiven von KI zuversichtlich. Das Institut führt in einer Research-Publikation an, dass immer, wenn ein neues Marktsegment Gestalt annimmt, der Kapitalmarkt die Chancen deutlich schneller einpreist als die Risiken(öffnet im neuen Fenster) .
Bei Störungen kommt es dann zu Korrekturen. Das ist normal. Anleger müssen sich daher die Frage stellen: Bin ich bereit, Schwankungen und Schwächephasen auszuhalten? Wer mit "Nein" antwortet, sollte nicht nur KI-Investments meiden, sondern möglicherweise ganz auf Aktien verzichten.
Chancenorientierte Anleger hingegen, die nicht in Tagen oder Wochen, sondern in Jahren denken, finden im KI-Sektor ein Marktsegment, das sich langfristig deutlich dynamischer entwickeln dürfte als Aktien aus den klassischen Branchen. Vor diesem Hintergrund stellt die Kursschwäche der Technologieaktien sogar eine Einstiegsgelegenheit dar.
Zusatzinfo: Wie man in das Thema künstliche Intelligenz investieren kann
Die Anlageklasse künstliche Intelligenz ist über zahlreiche Themenfonds und ETFs investierbar. Solche diversifizierte Anlagen sind in der Regel weniger riskant als Einzelinvestments in bestimmte KI-Aktien, bei denen das unternehmerische Risiko voll durchschlagen kann, zum Beispiel Missmanagement.
Während klassische Fonds aktiv gemanagt werden, also die Titelauswahl durch das Fondsmanagement auf Basis fundamentaler Kriterien erfolgt, bilden ETFs (Exchange Traded Fonds) die Wertentwicklung eines zugrunde liegenden Index ab. Jede der beiden Anlageformen hat ihre Vor- und Nachteile.
ETFs weisen in der Regel deutlich geringere jährliche Verwaltungskosten auf als aktive Fonds. Weil sie einem Index folgen und an Börsen gehandelt werden, sind sie auch transparenter und flexibler. Dafür fehlt bei ETFs die Chance auf eine Outperformance gegenüber der Benchmark, während ein aktiver Fonds durch geschickte Titelauswahl zumindest theoretisch in der Lage ist, eine Überrendite zu erzielen. Eine Auswahl von aktiv gemanagten KI-Fonds(öffnet im neuen Fenster) und KI-ETFs(öffnet im neuen Fenster) gibt es beispielsweise auf dem Finanzportal Onvista.
Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine Anlageberatung und ist auch nicht als solche zu verstehen.



