Boing 737 Max: Ein Klassiker bekommt Konstruktionsfehler

Am 1. Dezember 2010 präsentierte Airbus den A 320neo. Gedacht für Kurz- und Mittelstrecken, war das eine direkte Attacke auf die 737. Dank seiner extrem sparsamen Triebwerke verkaufte sich der neue Airbus hervorragend. Als Antwort von Boeing stand ein komplett neues Flugzeug zur Diskussion.

Aber die Entwicklung hätte Jahre gedauert. Und die Zeit drängte. So wurde die Boeing 737 NG mit neuen Triebwerken, längerem Rumpf und neuer Avionik zur 737 Max.

Aber es ging nicht allein um Zeitersparnis. Verkehrspiloten müssen für jeden Flugzeugtyp speziell geschult werden, sie erhalten ein sogenanntes type rating. Den Aufwand für ein neues type rating wollte sich Boeing sparen. Also musste auch eine gesonderte Musterzulassung für die 737 Max vermieden werden. Boeing bot die Max daher ausdrücklich als Weiterentwicklung der Boeing 737 an.

MCAS: Eine Abkürzung zu viel

Und so mussten die Boeing-Ingenieure ein State-of-the-Art-Verkehrsflugzeug entwickeln, durften sich dabei aber nicht zu weit von dem fast 50 Jahre alten Grundentwurf entfernen.

Die sparsamen Triebwerke waren zu groß. Die Lösung waren längere und höhere Pylone. Aber das erhöhte den Auftrieb im vorderen Bereich. Schlimmstenfalls hätte sich die Nase des Flugzeuges anheben können, bis es derart steil in der Luft gelegen hätte, dass der Luftstrom über den Tragflächen abgerissen wäre. Dieses sogenannte Überziehen führt zum Kontrollverlust und zum Absturz.

Der Steuerknüppel vibriert

Dieses Problem löste Boeing mit einer Software: MCAS. Dabei vibriert der Steuerknüppel spürbar und warnt die Piloten. Gleichzeitig drückt das MCAS die Nase des Flugzeugs nach unten. Um das einzuleiten. muss das System natürlich Informationen über die Fluglage erhalten. Bis zu den beiden Unfällen war dafür nur ein einziger Sensor verantwortlich.

Dennoch spielte MCAS im Zulassungsprozess eine untergeordnete Rolle. Zwar fiel den Beteiligten auf, dass sich die Flugeigenschaften der Max geändert hatten. Auch das Versagensrisiko wurde korrekt eingestuft, nämlich als "Gefährliches Versagen" ("hazardous failure"). Darunter versteht die FAA unter anderem, dass ein Ausfall des betreffenden Systems zu einem drastischen Verlust von Flugsicherheit führen könnte. Derartige Systeme erfordern gemäß FAA- und internationalen Standards mindestens zweifache Redundanz, also zwei Reservesysteme. Es gab aber kein einziges.

MCAS wird zugelassen

Trotzdem passierte MCAS den Zulassungsprozess. In den Änderungen der Typenzulassung für die Boeing-737-Familie taucht es überhaupt nicht auf. Auch nicht im Flughandbuch, so dass die Piloten noch nicht einmal von seiner Existenz wussten.

Das installierte MCAS entspricht dabei noch nicht einmal dem dokumentieren System: Auf dem Papier sollte es die Höhenruder um 0,6 Grad bewegen, aber tatsächlich bewegte es die Trimmklappen um 2,5 Grad. Und es fuhr sie nicht in die Nullstellung zurück.

So ging es weiter. Denn auch Simulator- und echte Übungsflüge fanden nicht statt. Boeing stellte für die 737 Max einen zweistündigen Onlinekurs zusammen, den angehende Piloten auf ihrem iPad absolvieren sollten.

Einige Tage nach dem Absturz der Lion-Air-Maschine informierte Boeing zum ersten Mal über MCAS.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
 Die Abstürze der Boeing 737Boeing räumt erstmals Fehler ein 
  1.  
  2. 1
  3. 2
  4. 3
  5. 4
  6.  


peter.peter 26. Jan 2021

Sie haben recht. So komisch es klingt, diese zusätzlichen redundanten Sensoren hätten...

maci23 12. Jan 2021

Wahrscheinlich ein Wartungsfehler. Oder ein Ersatzteil wurde aus Einsparungsgründen...

NuclearBeast 12. Jan 2021

Sorry, ich habe deine Antwort falsch gelesen / verstanden / interpretiert. Ja es gibt ein...

Teeklee 11. Jan 2021

2,5 Milliarden... https://www.bloomberg.com/news/articles/2021-01-08/boeing-seen-getting...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Blaues Häkchen
Prominente stellen sich gegen Twitters Bezahlmodell

William Shatner, Lebron James und andere werden das Geld für den blauen Haken auf Twitter nicht bezahlen - auch als Protest gegen Elon Musk.

Blaues Häkchen: Prominente stellen sich gegen Twitters Bezahlmodell
Artikel
  1. Infotainment: Autohersteller wollen Rechte für Bundesliga-Spiele erwerben
    Infotainment
    Autohersteller wollen Rechte für Bundesliga-Spiele erwerben

    BMW, Audi und Mercedes zeigen Interesse an einem Übertragungsrecht für Bundesliga-Spiele im Fahrzeug, das voraussichtlich 2025/26 ausgeschrieben wird.

  2. Zeiterfassungspflicht: Für Richter gilt Arbeitzeiterfassung nicht - sagen sie selbst
    Zeiterfassungspflicht
    Für Richter gilt Arbeitzeiterfassung nicht - sagen sie selbst

    Die Zeiterfassungspflicht passe nicht zur Arbeit von Richtern, meinen die Richter des Bundesarbeitsgerichts, die Millionen Arbeitnehmern diese Pflicht auferlegen.

  3. IT-Arbeit: Stressabbau im DIY-Verfahren
    IT-Arbeit
    Stressabbau im DIY-Verfahren

    Stressfrei arbeiten Viele Arbeitgeber unternehmen wenig gegen die Überlastung ihrer Mitarbeiter, die bauen den Stress dann in Eigenregie ab. Wie gelingt das effektiv?
    Von Andreas Schulte

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Volle Gönnung bei MediaMarkt (u. a. Razer Ornata V3 10 RGB 55€) • Crucial P3 1 TB 49,99€ • Crucial MX500 2 TB 119,99€ • Roccat Kone XP Air 111€ • MindStar: AMD Ryzen 9 5900X 309€ u. Ryzen 5 5600G 109€, be quiet! Pure Base 600 79€ • ASUS VG27AQ1A 269€ • Alternate Weekend Sale [Werbung]
    •  /