Blockchain: Deutschland setzt auf Blödsinn statt auf Digitalisierung
In der Pandemie gibt es kaum IT-Stellen für das RKI, aber genug Geld, um Zeugnisse in einer Blockchain zu speichern. Es ist zum Verzweifeln.

Digitalisierung - oder zumindest das, was die maßgebenden Politiker und Politikerinnen darunter verstehen - wird in Deutschland immer absurder. Statt echte und offensichtliche IT-Probleme wenigstens anzugehen, setzen die Verantwortlichen immer öfter auf vermeintliche Innovationen durch Hype-Technologien wie Blockchain. Das Geld, das hier mit vollen Händen ausgegeben wird, wäre an anderer Stelle viel dringender nötig: bei der Pflege bestehender IT-Systeme und für die vielen fehlenden IT-Stellen in Behörden.
Jüngstes Beispiel für eine blödsinnige Investition in ein Hype-Projekt sind die Schulzeugnisse in der Blockchain. Die Bundesdruckerei will hier gemeinsam mit den IT-Dienstleistern von Bund und Ländern Schulzeugnisse digitalisieren.
Zu den Plänen schreibt die Bundesdruckerei: "Zeugnisse sollen künftig digital archiviert sowie maschinenlesbar und automatisiert weiterverarbeitet werden können." Für alle, die schon mal ihre Zeugnisse einscannen, irgendwo hochladen mussten oder gar auf einem Amt beglaubigen lassen mussten, ist das ein willkommenes Vorhaben.
Es ist tatsächlich sinnvoll, dass Schulzeugnisse nicht mehr ausschließlich analog vorliegen, sondern eben auch digital, und dass sie verifiziert werden können. Die Echtheit der Note selbst sollte trotzdem angezweifelt werden können, wenn sich selbst Kanzlerkandidaten und Ministerpräsidenten schon mal Noten einfach so ausdenken und dafür ihren Lehrauftrag verlieren.
Blockchain statt Software-Pflege
Die Zeugnisse sollen sich also künftig digital in einer Datenbank von beglaubigter Stelle verwalten und signiert herausgeben lassen. Dabei sollen die Hash-Werte in einer Blockchain landen, die nichts anderes tut, als deren Echtheit zu verifizieren.
Nur: Dafür braucht es eigentlich keine Blockchain. Mit Hilfe einer Art Public-Key-Infrastruktur, mit Signaturen und Zertifikaten, also mit bereits bekannten Mitteln, könnte das genauso gut abgesichert werden. Doch das passiert eben nicht. Wir sind hier schließlich im Neuland im Jahr 2021. Einfache und bestehende Lösungen sind keine Hype-Innovationen.
Der Aufwand, der für solche vermeintlichen Leuchtturmprojekte betrieben wird, ist enorm und steht in einem absoluten Missverhältnis zur IT-Realität der Behörden und staatlichen Stellen in Deutschland, die miserabel ist. Bekannt ist das nicht erst seit dem Hack des Bundestags, des Berliner Kammergerichts oder auch 100 weiterer per Ransomware angegriffener Behörden.
Kein Geld für IT-Kräfte in der Pandemie
Besonders eklatant zeigt sich der Misstand, dass bestehende Probleme nicht gelöst werden, in der Covid-19-Pandemie. So wurden etwa dem Robert-Koch-Institut (RKI) von 68 beantragten Stellen in der IT-Abteilung letztlich nur vier Stellen genehmigt. Auch bei dem für Impfstoffe zuständigen Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sieht es nicht viel besser aus.
Zwar sammelt das PEI mit Hilfe der Safevac-App fleißig Daten zu Nebenwirkungen von bereits Geimpften und freut sich über die rege Beteiligung. Diese Daten von mehr als 500.000 Personen kann das PEI aber bisher offenbar nicht sinnvoll auswerten, weil dafür die Zeit, aber auch das Personal fehlt.
Stattdessen werden wahrscheinlich völlig überteuerte und obendrein eben noch sinnlose Blockchain-Projekte nicht nur finanziert, sondern unnötig als Heilsbringer gepriesen. Diese Ignoranz gegenüber dem, was für eine solide IT und Digitalisierung in Deutschland eigentlich notwendig wäre, ist kaum noch auszuhalten.
IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach).
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Dazu hätte ich gerne ein bisschen Argumentation. Eine zentrale Datenbank auf die nur...
Ich gehe schon davon aus, dass sich hier hauptsächlich Menschen zu Wort melden, die "vom...
jetzt nur noch schnell das Fax einschalten und die neueste Blockchain hinfaxen. Dann kann...
Der Autor beschreibt hier eine Blaupause dessen, was ich regelmäßig im Bereich der...