Black Friday: Einsame Menschen, die auf Bildschirme starren
In den USA ist der Black Friday ein geselliger Shopping-Rausch mit der ganzen Familie, in Deutschland eine einsame Schnäppchenjagd vor dem Monitor. Dieser Tag steht nur für eins: die Ideenlosigkeit des hiesigen Onlinehandels.

Stell dir vor, es ist Black Friday - und keiner geht hin: Mit großem Marketing-Theater versuchen Onlinehändler in Deutschland einen weiteren kommerziellen Feiertag aus den USA zu etablieren. Besonders US-Konzerne wie Amazon bombardieren die Kunden mit Schnäppchenangeboten. Aber auch Saturn hat eine ganze Black Week ausgerufen.
Doch der deutsche Konsument zuckt bisher nur mit den Achseln. In einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des Ratgeberportals Sparwelt.de wussten gerade mal vier Prozent der Befragten, was der Black Friday überhaupt ist. Erstaunlicherweise planten jedoch fünf Prozent, spezielle Black-Friday-Angebote zu nutzen. Das ist, ganz nebenbei bemerkt, wohl eine Logik, die nur Marktforscher erklären können.
Kurze Nachhilfe für die 96 Prozent, die bei Black Friday eher an einen Börsencrash gedacht haben: In den USA wird dieser Tag seit den 1960er Jahren begangen. Es ist der Freitag nach dem Feiertag Thanksgiving. Und da die meisten Amerikaner diesen Tag als Brückentag frei haben, stürzen sie sich in die Geschäfte. Die Einzelhändler wiederum haben dem einen Namen gegeben und ihn mit besonderen Rabatten zum umsatzstärksten Tag des Jahres gepusht. In diesem Jahr erwartet der Handel in den USA am Black-Friday-Wochenende einen Umsatz von umgerechnet 5,4 Milliarden Euro.
Nichts als der blanke Kommerz
Schon 2006 ist Apple auf diese Idee gekommen, das auch für Deutschland auszuschlachten, und seitdem beteiligen sich Jahr für Jahr immer mehr Händler. Schließlich sind ja auch andere Festtage mit amerikanischem Migrationshintergrund wie Halloween oder Valentinstag mittlerweile aus dem deutschen Geschäftsleben nicht mehr wegzudenken.
Doch während es bei Halloween mit den gruseligen Verkleidungen wenigstens noch ein bisschen Folklore gibt und der Valentinstag romantisch verklärt werden kann, geht es beim Black Friday um nichts anderes als den blanken Kommerz: Shoppen zu möglichst niedrigen Preisen.
Dazu kommt: In den USA ist der Black Friday, vom dem übrigens niemand sicher sagen kann, warum er so heißt, ein Familienevent, bei dem alle zusammen einen freien Tag in den Geschäften genießen. In Deutschland ist es jedoch ein reines Onlineereignis, bei dem einsame Menschen auf Bildschirme starren, um sich einen Rabatt zu sichern. In den USA ist das vergleichbar mit dem Cyber Monday, der auf den Black Friday folgt und der erfunden wurde, weil auch die Onlinehändler zum Start ins Weihnachtsgeschäft noch mal so richtig Schnäppchen raushauen wollten. Wobei der Cyber Monday in den USA mittlerweile auch schon meist am Sonntag beginnt...
Der Onlinehandel schadet sich selbst
Genug der Verwirrung: Der Black Friday ist ein weiteres künstlich erzeugtes Phänomen, das Deutschland nun wirklich nicht auch noch braucht. Er zeigt aus zwei Gründen die ganze Hilflosigkeit und Ideenlosigkeit vieler Händler in Deutschland. Zum einen fällt ihnen nichts Besseres ein, als einen Hype aus den USA zu klonen, dem hier jeglicher Hintergrund fehlt. Und zum anderen glauben sie, dass die Kunden nur noch über den aggressiven Preiskampf zu erreichen sind. Wie wäre es mal mit perfektem Service, maßgeschneiderten Produkten, herausragender Qualität? Dann wären viele Kunden auch wieder bereit, Preise zu bezahlen, die den Händlern auskömmliche Margen bescheren.
Denn wer immer nur auf Rabatte setzt, der verschleudert seine Ware, ruiniert auf lange Sicht seine Marke und erzieht den Konsumenten dazu, immer größere Nachlässe zu fordern. Der ist ja auch nicht blöd und hat längst begriffen, dass die unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller nur Mondpreise sind. Auf diese Weise kann die Black-Friday-Mentalität des Handels langfristig in einem schwarzen Freitag enden.
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Ich versuche immer mein Geld für mein wohl auszugeben. ich investiere in mich selber...
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