Digitale Souveränität als Politikum
Obwohl Europa also beim Status Quo des traditionellen RAN gut positioniert ist, wird Open RAN von vielen Politikern als ein wesentliches Element gesehen, digitale Souveränität zu bewahren oder zu steigern. So formuliert die CDU-/CSU-Bundestagsfraktion in ihrem Positionspapier (PDF), Deutschlands digitale Souveränität zu sichern: "Wir wollen den Einsatz von flexibel einsetzbarer Mobilfunknetztechnik (Open-RAN) vorantreiben."
Ähnliche Forderungen nach mehr Open RAN bei gleichzeitigem Bekenntnis zu digitaler Souveränität finden sich auch bei der SPD.
Bei in Deutschland schon gestarteten oder angekündigten Open-RAN-Projekten ist zumindest von einer Stärkung europäischer Anbieter wenig zu sehen. Telefónica setzt bei seinem Projekt zu 100 Prozent auf US-amerikanische Technologie und einen japanischen Integrator. Die Deutsche Telekom hat für ihr Open-RAN-Pilotprojekt in Neubrandenburg neben zwei japanischen und zwei US-Firmen mit Nokia immerhin eine europäische Firma dabei, wobei die Liste noch nicht abschließend sein dürfte. Vodafone in Irland wiederum setzt auf den US-Anbieter Parallel Wireless.
Die US-Dominanz ist kein Zufall. Die US-Politik sieht in der Open-RAN-Technologie nicht nur eine Alternative zu chinesischen Anbietern, sondern auch eine Chance, US-Firmen zu stärken, die im traditionellen RAN keinen ernsthaften Player mehr haben.
Mit der Open RAN Policy Coalition ist im vergangenen Jahr eine stark US-dominierte Open-RAN-Interessengruppe gegründet worden, deren US-Mitgliederliste sich wie das Who is who der US-Techkonzerne liest: Airspan, Altiostar, AT&T, AWS - Amazon, Cisco, Commscope, Dell, Dish, Facebook, Google, IBM, Intel, Juniper Networks, Mavenir, Microsoft, New Edge Signal Solutions, Oracle, Parallel Wireless, Qualcomm, US Ignite, Verizon, VMware, World Wide Technology und XCOM-Labs.
Besonders interessant ist auch, dass sich mit Google, Microsoft und Facebook auch extrem finanzstarke US-Firmen über Open RAN im Mobilfunkbereich engagieren, deren Dominanz in anderen Sphären der Digitalisierung vielen europäischen Politikern gerade große Kopfschmerzen bereitet. Ein Brancheninsider formulierte kürzlich im Hintergrundgespräch etwas flapsig in Anspielung auf Donald Trumps Wahlkampfslogan: "Bei Open RAN geht es nicht um 'Make mobile networks great again', denn die Technologie hinkt ja noch kräftig hinterher, sondern vielmehr um 'Make mobile networks American again."
In jedem Falle ist die Frage berechtigt, wer am meisten zu verlieren hat, wenn Open RAN sich zunehmend gegen traditionelles RAN durchsetzen sollte. Und da scheint die Antwort naheliegend: die europäischen Champions beim traditionellen RAN, Nokia und Ericsson. Selbst wenn diese auch bei Open RAN etwas mitmischen, droht ihnen als Erstes der Verlust ihrer sehr starken Position auf dem US-Markt.
Durch den faktischen Ausschluss chinesischer Anbieter dort ist die Situation wettbewerbsarm mit hohen Margen vor allem für die europäischen Ausrüster. Aufgrund des mangelnden Wettbewerbs, den es in Europa noch gibt, wo Huawei und ZTE nicht ausgeschlossen wurden, ist der Druck in den USA in Richtung Open RAN am größten.
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Der Begriff Open RAN beschreibt aber keine Umsetzung, sondern eine Ideologie. Alles ist...
Danke +1 (Können wir nicht endlich mal Daumen-Hoch- / Daumen-Runter-Buttons am Ende von...
So liest er sich auch - aber auch von mir ein "Danke" dafür :-) Den werde ich mit...
naja, die 3GPP hat alle wesentlichen Schnittstellen definiert (mit ein paar Ausnahmen, z...
Wie toll Hardware von der Stange im Vergleich zu FPGA/ASICS und Speziealchips...
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