Bildung: Digitaler Fatalismus Made in Germany
Nun fordern auch noch Lehrer, auf Datenschutz zu verzichten. Das zeigt, dass Digitalisierung hierzulande nicht mitgedacht, sondern höchstens ertragen wird.

Nach zehntausenden Schülern fordert nun auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, trotz massiver Datenschutzbedenken den Einsatz von Microsoft Teams an Schulen. Dem Handelsblatt sagte Meidinger, dass der Bildungsauftrag "massiv gefährdet" sein könne, wenn im Herbst wieder Distanzunterricht erforderlich, Teams aber nicht mehr erlaubt sei.
Was nach einer pragmatischen Herangehensweise klingt, ist schlicht Fatalismus und eine Kapitulation in Fragen der Digitalisierung. Denn die Zeit des Pragmatismus sollte längst vorbei sein.
Als die Schulen im vergangenen Jahr wegen der Covid-19-Pandemie mehr oder weniger unvorbereitet auf Distanzunterricht umstellen mussten, waren einfache und schnell umsetzbare Lösungen gefragt. Oft bedeutete das, kommerzielle Software der mit Abstand größten Anbieter zu verwenden, wie beispielsweise Microsofts Teams. Dass dies aber massive Probleme in Fragen des Datenschutzes mit sich bringt, war von Anfang an klar.
Bereits Ende 2020 hatte sich die Mehrheit der Datenschutzbeauftragten auf einer Datenschutzkonferenz von Bund und Ländern gegen den Einsatz der Microsoft-Software ausgesprochen. Die Begründung: Es gebe keine Rechtsgrundlage für eine Übertragung der Daten in die USA, wo Microsofts Server stehen.
In einem Pilotprojekt wird der Einsatz von Teams deshalb als inakzeptables Risiko beschrieben. Einige Datenschutzbeauftragte wollen den übergangsweise erlaubten Einsatz deshalb auch wieder verbieten. Ob sich alle Länder diesem Schritt anschließen werden, ist derzeit noch nicht klar.
Weitermachen, als wäre nichts gewesen
Die nun erneut von Meidinger und auch einigen Politikern angestoßene Debatte wirkt ganz so, als käme das alles überraschend und die Weiternutzung von Microsoft Teams sei alternativlos, sodass sie trotz zahlreicher Bedenken erlaubt werden müsse. Das zeigt aber nur, wie unvorbereitet und desinteressiert Politiker und Beteiligte an Themen rund um die Digitalisierung sind.
Denn statt das vergangene Jahr abzuwarten und dann einfach weiter zu machen wie bisher, hätte die Zeit aktiv genutzt werden können, um sich nach echten Alternativen umzusehen. Zumindest hätte eine Evaluierung von Lösungen stattfinden müssen, die datenschutzfreundlich sind, auf Open-Source-Software basieren und bereits aktiv von Schulen eingesetzt werden. Dazu gehören etwa Videokonferenzsysteme wie Big Blue Button oder Jitsi.
Doch das ist nicht geschehen. Schlimmer noch: Wo es diese Lösungen gab, werden sie teilweise sogar wieder zurückgefahren. Wie in Baden-Württemberg, wo die Schulen das Hochschulnetz mit Hosting für Moodle, Big Blue Button, E-Mails oder auch Nextcloud wieder verlassen müssen. Das ist nicht mehr nur dilettantisch, sondern grenzt an Sabotage.
Es folgt die bittere Erkenntnis, dass auch der Druck, sich aktiv mit Digitalisierung und ihren Problemen auseinandersetzen zu müssen, in Deutschland nicht dazu führt, dass dies auch wirklich geschieht. Eine aktive Gestaltung der Zukunft ist nicht vorgesehen. Wenn sich diese Herangehensweise aber selbst unter dem Eindruck einer todbringenden Pandemie nicht ändert, verliert Deutschland immer mehr den Anschluss bei der Digitalisierung.
IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach).
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Offensichtlich haben sie nicht alle Beiträge in diesem Thread gelesen, da ich mehrmals...
Vorab, ich weiß es zu schätzen, wenn die Antwort auf meine Kommentare höflich ist, wie in...
Kleiner Nachtrag, weil ich gerade nochmal über einen Artikel dazu gestolpert bin...
Das macht es ja dann richtig einfach und übersichtlich für die Lehrer.