Big Brother Awards: Österreich prämiert die EU Kommission und Facebook
In Österreich wurden die Gewinner der Big Brother Awards bekanntgegeben: Neelie Kroes und Siim Kallas von der EU Kommission erhalten ihn für Ecall in Autos, Facebook für seine psychologischen Experimente mit Nutzern.

Für die verpflichtende Einführung des Notfallsystems Ecall ist der österreichische Big Brother Award in der Kategorie Politik an die EU-Kommissarin für die Digitale Agenda Neelie Kroes und den EU-Kommissar für Verkehr Siim Kallas vergeben worden. Weitere Negativpreise gingen an Facebook, LG Electronics, die Universität Salzburg sowie die österreichische Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek für eine umstrittene Studie unter Volksschulkindern. In der Kategorie lebenslanges Ärgernis wurde die landesweite Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) für die zahlreichen Skandale der letzten Jahre prämiert.
Überwachung durch Ecall
Die Jury kritisiert die EU-Kommission dafür, dass der europaweite Einbau von Ecall ab 2015 für alle Automobilhersteller verpflichtend sei. Das automatische Notfallsystem sei für Behörden und Hersteller eine "ungeahnte Datenquelle digitaler Überwachung". Mit der Einführung von Ecall habe die EU "Tür und Tor für neue Überwachungsprodukte im Straßenverkehr" geöffnet. Dabei werde gegen das Recht, unbeobachtet zu reisen verstoßen, das in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegt ist.
Facebook-Nutzer als Versuchskaninchen
Facebook wird für seine zunächst verdeckte und nach Bekanntwerden stark kritisierte psychologische Studie unter seinen Nutzern mit dem Preis in der Kategorie "Globaler Datenhunger" ausgezeichnet. Die Jury kritisierte, Facebook nutze sein Angebot, "um die Emotionen seiner Mitglieder zu Studienzwecken zu missbrauchen" und dass es diese "gezielt manipuliert, um die emotionalen Auswirkungen von positiven beziehungsweise frustrierten Meldungen auf das Seelenleben jedes Einzelnen zu untersuchen."
Google analysiert Studenten
Die Universität Salzburg erhält ebenfalls einen Award in der Kategorie Business und Finanzen, weil sie ihre Studenten zwinge, ihre E-Mails über Google zu senden und damit den Analysewerkzeugen des Suchmaschinenanbieters aussetze. Die Studierenden müssen seit 2011 Googles E-Mail-Dienste Apps for Education nutzen, weil der Universität laut eigenen Angaben ein E-Mail-System mit genügend Speicherplatz für 18.000 Nutzer zu teuer ist. Zunächst habe Google beteuert, die E-Mails nicht zu analysieren, sondern sie "abseits ihres normalen Geschäftes zu betreiben." Als Schüler und Studenten in den USA erfolgreich gegen den Suchmaschinenanbieter klagten, habe der Konzern versichert, die Erhebung zu Werbezwecken auch an der Universität Salzburg auszuschalten. Das sei zuvor verweigert worden. Google habe jedoch betont, dass "alle anderen Analyse-Tools für das optimale Funktionieren notwendig wären und weiter eingesetzt werden." "Eine Inskription darf kein automatisches Datengeschenk für Google werden", sagte dazu die Vizechefin der österreichischen HochschülerInnenschaft, Julia Friedl.
Kinder müssen Elternhaus ausspähen
Das österreichische Bundesinstitut Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) hat im Rahmen einer Initiative einen Fragebogen an Schüler sämtlicher Volksschulen verteilt. Darin sollten sie Fragen beantworten wie: "Wie viele Bücher habt ihr zu Hause?", "Wie oft gehst du mit deinen Eltern ins Kino?", "Welche Schulbildung haben deine Eltern?" oder: "Wenn deine Mutter derzeit nicht berufstätig ist, gib bitte an, welchen Beruf sie zuletzt ausgeübt hat." Außerdem sollten die Schüler kundtun, welche Sprache zu Hause gesprochen wird oder wo die Eltern geboren sind. Die Jury kritisiert, dass den Kindern oft die Tragweite dieser Fragen nicht bewusst sei. "Kinder sollten nicht angestiftet und gezwungen werden, Daten über das Elternhaus preiszugeben." Den Preis in der Kategorie Behörden und Verwaltung ging dafür an die Bundesministerin für Bildung Gabriele Heinisch-Hosek.
SmartTVs spionieren ihre Nutzer aus
LG Electronics erhielt den Big Brother Award in der Kategorie Kommunikation und Marketing. Die Smart-TVs des Herstellers übersendeten Nutzerdaten etwa beim Senderwechsel oder die Inhalte eines angeschlossenen USB-Sticks. "Die Privatsphäre-Einstellungen sind versteckt, und Daten werden auch gespeichert und übertragen, obwohl man glaubt, dies in den dazugehörige Privatsphäre-Einstellung deaktiviert zu haben. Wer dem Nutzungsvertrag nicht zustimmt, bekommt alle SmartTV-Funktionen deaktiviert und kann das teure Gerät nur noch als dummes Fernsehgerät benutzen. Offiziell sammelt LG die Daten, um ein verbessertes Werbeangebot schalten zu können. Viele Firmen rechtfertigten das Ausspionieren ihrer Kunden mit der kostenlosen Internetkultur, bei der der User mit seinen Daten bezahlt. Wie rechtfertigt LG diese Datensammelwut, obwohl der Fernseher teuer bezahlt wurde?", fragt die Jury in ihrer Begründung.
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Würde mich auch interessieren. ...Dürfte zum Glück nur Neuwagen betreffen. ;)