Big Brother Awards: Lieferando überwacht seine Angestellten, Klarna seine Kunden
Bei der Verleihung der Big Brother Awards erhielten dieses Jahr Klarna und Lieferando den Negativpreis. Auch mehrere Behörden wurden "geehrt".

Der Negativpreis Big Brother Award geht in diesem Jahr an den Lieferdienst Lieferando und den schwedischen Zahlungsdienstleister Klarna. Nach Ansicht der Bielefelder Datenschutzorganisation Digitalcourage sorgt Lieferando mit einer App für eine "unzulässige Totalkontrolle seiner Fahrer". Dabei werde im Detail und sekundengenau das Verhalten der Mitarbeiter erfasst, heißt es in der Begründung.
Bei dem Zahlungsdienstleister Klarna kritisieren die Datenschützer, dass "intransparent" Daten aus den Bereichen Einkauf, Preisvergleich, persönliches Finanzmanagement, Bonitätskontrolle und Banking gebündelt würden. Das Unternehmen sammle und werte umfangreich Daten seiner Kunden aus.
Beide Unternehmen wiesen die Vorwürfe gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zurück und betonten, sie hielten sich an alle gesetzlichen Regeln und Vorgaben.
Ohne GPS-Tracking kein Job bei Lieferando
Bei Lieferando sei die Scoober-App für die Angestellten verpflichtend. Mit ihr meldeten sie sich zum Dienst und würden anschließend auf Schritt und Tritt per GPS-Standort überwacht, erklärte Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Universität Frankfurt. Anhand der Daten ergebe sich ein umfassendes Bild des individuellen Arbeitsverhaltens.
Zudem enthalte die App eine Reihe von Trackern, die personenbezogene Daten der Angestellten erhielten, darunter beispielsweise Google Analytics und Optimizely. Dieses Tracking der Nutzer erachte der Datenschutzbeauftragte aus Baden-Württemberg, Stefan Brink, für rechtswidrig, sagte Wedde.
"Wie andere Dienste betreiben auch wir eine GPS-basierte Logistik. Die Fahrer-App entspricht den geltenden Datenschutzbestimmungen und die ermittelten Orte und Zeiten sind unerlässlich für einen ordnungsgemäßen Betrieb unseres Lieferservices", sagte Lieferando-Sprecher Oliver Klug der dpa. Dabei gehe es darum, Fahrern Bestellungen zuzuweisen, ihnen die integrierte Navigation bereitzustellen und Gastronomen und Konsumenten die Möglichkeit zu geben, den Status der Bestellung zu prüfen.
BKA: Opfer, Täter, Zeuge - alles das Gleiche
Zu den weiteren Preisträgern zählt stellvertretend für die deutsche Polizei das Bundeskriminalamt (Behörden und Verwaltung) für das Speichern und Nutzen von personenbezogenen Daten. Der Vorwurf lautet, dass die Polizei entgegen der Vorgaben des Europarechts die Daten nicht oder unzureichend kennzeichneten.
So sei in der Datenbank Inpol nicht erkennbar, ob eine Person als Opfer, Zeuge, Kontaktperson oder Täter geführt werde oder das Verfahren eingestellt worden sei, weil sich ein Verdacht nicht erhärtet habe, erklärte der Datenschützer Thilo Weichert in seiner Laudatio. Stattdessen seien die Daten zu den Personen bei jeder Verkehrskontrolle vom Rechner im Polizeiauto abrufbar und könnten Betroffene flugs zum potenziellen Schwerverbrecher machen.
Auch sechs Jahre nach einem Urteil das Bundesverfassungsgerichts, das eine entsprechende Kennzeichnung gefordert habe, sei diese immer noch nicht umgesetzt, kritisierte Weichert. Stattdessen sollen die Daten in Bayern zukünftig mit dem Verfahrensübergreifenden Recherche- und Analysesystem Vera ausgewertet werden. Bereits vorhandene Daten soll das System mit externen Daten verbinden und mit einer Software der umstrittenen Firma Palantir auswerten.
Weitere Preise für Blockchain-Zeugnisse und irische Datenschutzbehörde
In der Kategorie Technik erhält die Bundesdruckerei den Negativpreis. Ihr wirft Frank Rosengart vom Chaos Computer Club (CCC) die unsinnige Verwendung und Förderung der Blockchain-Technik bei der Authentifizierung von Schulzeugnissen vor.
Ein weiterer Big Brother Award geht an die irische Datenschutzbehörde DPC (Data Protection Commissioner). Digitalcourage wirft ihr vor, europäisches Datenschutzrecht dauerhaft zu sabotieren und Irland so zur Oase für Unternehmen wie Facebook, Google und Apple gemacht zu haben.
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Warum sollte die Position des Lieferanten genau mitgeteilt werden? Sehr oft verfälschen...
Über was sich die Leute alles aufregen.. Bei meinen Home-Office wurde auch klargemacht...
Glücklicherweise nicht, das wäre ja mit dem Datenschutz so gar nicht vereinbar.
Die Frage ist doch: Was mehr soll man verlangen. Gesetze sind dazu da, eingehalten zu...