Betriebssysteme: Linux 4.10 beschleunigt und verbessert

Der soeben freigegebene Linux-Kernel 4.10(öffnet im neuen Fenster) unterstützt Intels Turbo Boost Max 3.0. Dabei werden bestimmte Aufgaben an den Prozessorkern delegiert, der aktuell am höchsten getaktet ist. Zu den weiteren Neuerungen gehören optimierte Lese- und Schreibfunktionen auf USB-Sticks und Leistungssteigerungen beim WLAN. Der freie Treiber Nouveau für Grafikchips von Nvidia wurde ebenfalls grundlegend überarbeitet.
Wenn der Linux-Kernel große Datenmengen aus dem Writeback-Zwischenspeicher schreibt, kann es bei Anwendungen wie Browsern zu Verzögerungen kommen, die gleichzeitig kleinere Datenmengen lesen und schreiben. Das passiert etwa bei der Verwendung von Linux direkt von externen Datenträgern, etwa von USB-Sticks. Dem soll das sogenannte Writeback Throttling entgegenwirken, mit dem das Schreiben aus dem Writeback-Cache gedrosselt wird, um anderen Lese- und Schreiboptionen zwischenzeitlich den Vorzug zu geben. Vorausgegangen sind etliche Tests(öffnet im neuen Fenster) , die nachgewiesen haben, dass die Drosselung den Datendurchsatz aus dem Writeback-Cache kaum verringert und dass sogar entsprechend konfigurierte Server-Systeme mit zugriffsintensiven Datenbanken dabei deutlich flüssiger laufen.
Effizienteres WLAN
Erste Umbauten an WLAN-Treibern im Linux-Kernel sollen die Leistung von drahtlosen Verbindungen erhöhen. Dabei sollen die durch zu starkes Puffern verursachten Verbindungslatenzen verringert werden. Die Grundlagen der Stauvermeidung von Datenpakten(öffnet im neuen Fenster) wurde bereits in Linux 4.8 umgesetzt, jetzt wurde der erste Treiber für Atheros-9k-Chips von Qualcomm angepasst. Weitere sollen folgen.
Von Android haben die Kernel-Entwickler die Möglichkeit übernommen, Netzwerkpakete per Benutzer-ID weiterzuleiten. Unter Android können damit beispielsweise Routing-Richtlinien für einzelne Anwendungen definiert werden, was sowohl die Leistung als auch die Sicherheit erhöht.
Flüssigeres Video
Besonders für die flüssigere Darstellung von Videos bietet der Linux-Kernel 4.10 eine Explicit Fencing genannte Infrastruktur. Die als Fencing bezeichneten Barrieren dienen der Synchronisierung des Zugriffs auf Bildpuffer des Grafikprozessors und den Grafiktreibern. Bislang machte das ausschließlich der Linux-Kernel unter dem Namen Implicit Fencing. Künftig können Anwendungen unter dem Namen Explicit Fencing selbst das Auslesen verschiedener Puffer synchronisieren. Das soll etwa verhindern, dass ein Video-Player beim Rendern seiner Benutzeroberfläche ins Stocken gerät, weil er auf neue Bilder aus dem Video-Puffer des Grafikprozessors warten muss. Für die neue Vulkan-API ist Explicit Fencing zwingend, dessen Komponenten aus Android in den Linux-Kernel übernommen wurden(öffnet im neuen Fenster) .
Der freie Treiber Nouveau für Grafikchips von Nvidia wurde so umgebaut, dass er jetzt die bei Linux 3.19 eingeführte Atomic-Struktur verwenden kann. Mit dem neuen Atomic-Mode-Setting können gültige Bildschirmauflösungen vor einer Umstellung getestet werden, diese erfolgt dann sofort. Dabei wird die Umstellung nicht nur beschleunigt, sondern auch ohne Flackern funktionieren. Die Atomic-Struktur ist auch Voraussetzung für den sogenannten Multi-Stream-Transport, mit dem der Nouveau-Treiber 4K und andere hochauflösende Bildschirme über die Displayport-Schnittstelle ansteuern kann. Der neue Nouveau-Treiber kommt künftig auch mit Grafikkarten der Geforce-1060-Reihe klar.
Virtualisierte Grafikhardware und bessere Krypto
Der Amdgpu-Treiber für Grafikkarten von AMD kann jetzt auch die Grafikprozessoren Polaris 10 und 11 ansprechen. Außerdem liest er die Drehzahl der Lüfter auf den Grafikkarten aus. Der VC4-Treiber im Linux-Kernel unterstützt jetzt den Video-Encoder auf Raspberry Pi. Zudem wurde die Leistung der 3D-Darstellung verbessert. Linux 4.10 kann jetzt auch die Adreno-500-Grafikprozessoren auf aktuellen Qualcomm-Prozessoren ansprechen. Bei dem Treiber für Intels Grafikchips wurde die Unterstützung für HDMI der Skylake-CPUs und die Leistung insgesamt durch die Priorisierung von Anfragen verbessert.
Als erster Treiber kann das Intel-Modul auf die neue Mediated-Devices-Schnittstelle zugreifen. Über sie können künftig virtuelle Maschinen direkt auf die Grafikhardware eines Rechners zugreifen. Noch steht die Technik aber am Anfang(öffnet im neuen Fenster) , bislang funktioniert sie lediglich im Headless-Modus und nur mit Grafikchips in Intel-Prozessoren ab der Broadwell-Reihe. Später sollen aber auch die Nvidia- und AMD-Treiber diese Funktionen mitbringen. Außerdem muss die Software der verschiedenen Virtualisierungslösungen angepasst werden. Bislang hat nur Qemu eine erste Implementierung umgesetzt.
Verschlüsselung verbessert
Für virtuelle Maschinen gibt es jetzt den neuen Virtio-Crypto-Treiber, über den virtuelle Maschinen direkt auf die Verschlüsselungshardware des Hostsystems zugreifen können. Um die Sicherheit bei einem Neustart zu beschleunigen, kann beispielsweise ein Boot-Manager jetzt Zufallsdaten als Variable in der EFI-Firmware speichern. Darauf kann der Zufallsgenerator dann direkt nach einem Linux-Neustart zugreifen und sie als Seed verwenden.
Wer Linux 4.10 auf einem aktuellen Yoga-Notebook von Lenovo installieren will, bekommt unter Umständen die Kernel-Meldung "Switch your BIOS from RAID to AHCI mode" zu sehen. Im standardmäßig aktivierten Raid-Modus auf einigen Yoga-Notebooks kann Linux nämlich nicht auf die NVMe-Datenträger zugreifen. Im ursprünglichen Bios gab es zudem überhaupt kein Ahci-Modus, der wurde erst mit einem Bios-Update nachgereicht.
Der Quellcode von Linux 4.10 steht bei kernel.org(öffnet im neuen Fenster) zum Download bereit.



