Betriebsräte in der Tech-Branche: Freunde sein reicht manchmal nicht
Tech-Startups stehen für flache Hierarchien und Spaß am Kickertisch, echte Mitbestimmung wird aber bisweilen unterdrückt. Deshalb gibt es vielerorts wieder den Wunsch nach einem Betriebsrat.

Eigentlich passt das Wort "Betriebsrat" nicht zu den modernen Anglizismen der Startup-Welt. Doch die Arbeitnehmervertretung erlebt hier gerade ein Comeback. Diesen Monat wählt die Belegschaft des Fintech-Unternehmens N26 einen - gegen die Widerstände der Geschäftsführung. Der Onlineshop Zalando gründete in diesem Jahr ebenfalls einen Betriebsrat.
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Nicht nur in solchen großen Unternehmen wurden 2020 Betriebsratswahlen abgehalten, auch in kleineren passierte das - zum Beispiel bei Massive Miniteam aus Köln. Es ist erst das zweite Entwicklungsstudio der deutschen Games-Branche mit einem Betriebsrat. Bisher war Bigpoint hierzulande der einzige Vertreter in einer Industrie, in der immer wieder über schlechte Arbeitsbedingungen berichtet wird.
Co-Working beim Co-Working-Unternehmen
Auch das Berliner Unternehmen Cobot hat seit kurzem einen Betriebsrat. Dessen gerade einmal zwölf Angestellten begannen Anfang des Jahres mit Gesprächen über so eine Gründung, erzählt Sam Bender, der bei dem Unternehmen für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Diese Aufgabe übernimmt er unter dem Twitter-Account @CobotWorkers nun auch für den Betriebsrat. "Wir sind mit vielem in unserer Firma sehr glücklich", sagt er, "aber es gibt immer Bereiche, die verbessert werden könnten."
Wie viele Mitglieder ein Betriebsrat hat, hängt von der Größe der Belegschaft ab. Im Fall von Cobot mit seinen zwölf Angestellten ist das eine Person. Schon ab fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern ist die Gründung möglich, sollte sich die Belegschaft dazu entscheiden - und die Geschäftsführung nicht versuchen, die Wahl zu verhindern.
"Unser Management hat sich rausgehalten", sagt Bender. "Sie haben dem Wahlsieger gratuliert und signalisiert, dass sie selbst glücklich darüber sind." Der Betriebsrat könne beiden Seiten bei der Kommunikation über mögliche Probleme am Arbeitsplatz mehr Struktur bieten. Denn mit dem Betriebsrat gibt es für die Belange der Belegschaft nun eine offizielle, durch eine Wahl legitimierte Ansprechperson.
Corona-Krise als Auslöser
Cobot entwickelt Software zur Verwaltung von Coworking Spaces und war vom Lockdown im Frühjahr direkt betroffen. Die Erfahrung, über den Sommer in Kurzarbeit zu gehen, war laut Sam Bender der finale Anstoß, die Gründung eines Betriebsrates anzustreben.
"Wir hatten das Gefühl, dass zwischen uns und der Geschäftsführung nicht ausreichend Informationen ausgetauscht wurden", sagt er. Die Bedenken hätten sich zwar schnell ausräumen lassen. Mit der Wahl einer direkten Vertretung der Angestellten wollte man aber nicht warten, bis es zu einer echten Notsituation kommen würde.
Abstands- und Hygieneregeln waren auch ein Problem für die Gründung selbst. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht dafür Präsenzveranstaltungen vor. "Wir haben das strengstmögliche Hygienekonzept erstellt", sagt Bender.
Bei Cobot wurde die Wahl von der Geschäftsführung zugelassen. Bei N26 versuchte Firmengründer Valentin Stalf hingegen, die Wahlveranstaltung per einstweiliger Verfügung zu verhindern. In der Begründung zweifelte er das Hygienekonzept an. Stattfinden konnte die Veranstaltung dennoch wie geplant, auch wegen der Unterstützung der Gewerkschaften Verdi und IG Metall. Mittlerweile sind die Betriebsräte bei N26 erfolgreich gewählt.
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Kommt drauf an - wir sind eine sehr kleine Firma und haben dementsprechend auch keine gro...
Wir haben auch keinen Betriebsrat und sehe bei uns auch nicht das Bedürfnis, da unser...
sind wir hier im öffentlichen Dienst? Also egal wo ich bisher war (außer ein Mal im ÖD...
Komm mal aus deiner winzig-kleinen Welt raus wo jeder einen richtigen PC-Arbeitsplatz zu...
Ich habe nie verstanden wie man Arbeitsverweigerung und Weiterentwicklung unter der...
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