Eine offene Tür ist kein Recht auf Mitbestimmung
Gegner des Betriebsratsgedankens sagen, ein bürokratischer Betriebsrat passe nicht zu einer agilen Unternehmenskultur. Zudem legen viele Startups großen Wert auf freundschaftliche Atmosphäre und flache Hierarchien. Viele Unternehmen bieten lieber interne Anlaufstellen, an die sich Angestellte bei Problemen wenden können.
Oliver Hauser von Verdi hält dagegen, dass solche Alternativen nur so lange funktionieren, bis es tatsächlich zu einer Krise kommt. "Ein Chef kann anbieten, dass er immer eine offene Tür hat, aber dabei wird verschwiegen, dass ein Betriebsrat ein echtes Recht auf Mitbestimmung bietet", sagt er. Nur ein offizieller Betriebsrat bringe echte Rechte mit sich, zum Beispiel wenn es um die Einführung von Kurzarbeit geht.
Für die Gewerkschaft Verdi gibt es hier keine Alternativen. "Paypal wollte vor zwei Jahren den Standort in Berlin schließen", erzählt Hauser. "Da kann man ohne Betriebsrat nichts machen, auch wenn der Chef eine offene Tür hat."
Der Standort hatte jedoch zuvor einen Betriebsrat gegründet. Dieser habe die Schließung verzögert und zumindest Abfindungsregelungen für die Betroffenen bewirken können. Auch Sam Bender sieht in der Nähe zwischen Belegschaft und Geschäftsführung eine mögliche Ablenkung von echten Problemen. "Häufig ist diese Betonung von Zusammenarbeit und Freundschaft nur dazu da, um Praktiken aus anderen Unternehmen zu verdecken", sagt er. "Auch wenn es manchmal wirklich stimmt, dass sich das Management als Kollegen sieht."
Graswurzelbewegung und internationaler Widerstand
Abseits großer nationaler Gewerkschaften schließen sich immer mehr Angestellte aus der Branche in selbstorganisierten Gruppen wie der Tech Workers Coalition oder Game Workers United zusammen. Sie setzen sich für die speziellen Belange jüngerer, modernerer Industrien ein, sind international vernetzt und oft basisdemokratisch organisiert.
Dabei gibt es häufig folgendes Problem: Viele Angestellte von Tech-Unternehmen und Spieleentwicklern kommen nicht aus Deutschland und sind somit mit dem deutschen Arbeitsrecht nicht vertraut. Betriebsräte oder vergleichbare Works Councils sind vor allem in europäischen Ländern verbreitet, in den USA hingegen gibt es kein direktes Gegenstück.
Das war auch beim kleinen Team von Cobot ein Problem. "Die größten Schwierigkeiten gab es wegen des Mangels an Materialien auf Englisch", sagt Sam Bender. Englisch sei die Betriebssprache, Informationsmaterial von den Gewerkschaften aber größtenteils auf Deutsch verfügbar. Hier versuchen die internationalen Gruppen eine Brücke zu schlagen, indem sie in Seminaren die Unterschiede zwischen nationalen Gesetzen erklären und Materialien übersetzen.
Neue Arbeitnehmerbewegungen sind das Ergebnis eines kulturellen Umbruchs im Technologiesektor. Der Druck auf die Branche steigt dabei auch von außen.
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