Berlin.de: Zu viele Cookies, um sie auflisten zu können

Das Portal Berlin.de verbindet Tracking und einen Termin beim Einwohnermeldeamt, Privates und Staatliches. Die neuen Eigentümer nennen es einen "Schatz", die Datenschutzbeauftragte "absolut inakzeptabel".

Ein Bericht von veröffentlicht am
Berlin.de: Soooo viele Cookies
Berlin.de: Soooo viele Cookies (Bild: Steve Buissinne/Pixabay)

Der "offizielle Internetauftritt des Landes Berlin" - Berlin.de - bindet derart viele Cookies, Tracker und andere fremde Inhalte ein, dass eine Aufzählung der gesetzten Cookies "sehr lang und nur bedingt barrierefrei und nutzerfreundlich umzusetzen" sei, heißt es seitens Berlin.de. Das Stadtportal werde in einem Public Private Partnership betrieben, die privaten Teile des Angebotes würden vermarktet und dienten zur Refinanzierung. Der Datenschutzbeauftragten des Landes Berlin, Maja Smoltczyk, liegen mehrere Eingaben vor. In einer ersten Einschätzung nennt sie das Portal in Bezug auf den Datenschutz "absolut inakzeptabel".

Inhalt:
  1. Berlin.de: Zu viele Cookies, um sie auflisten zu können
  2. Die Seiten des Landes sammeln weniger Daten - sind aber kaum zu erkennen

"Wir können derzeit technisch nicht mit vertretbarem Aufwand alle Applikationen, Integrationen und Auftritte auf dem gesamten Portal in einem zentralen Cookie-Banner zusammenführen", antwortete Berlin.de im Sommer auf eine Nachfrage eines Reddit-Nutzers zum Umgang des Portals mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Ein Cookie-Banner mache aber nur Sinn, wenn sämtliche Informationen aufgelistet würden. "Für die Nutzung von Berlin.de wären das sicher Dutzende Häkchen, die Nutzerinnen und Nutzer erst einmal durcharbeiten und setzen müssten." Zudem sei es zu aufwendig "mit allen Betreibern dieser Systeme aus[zu]handeln", wie mit den jeweiligen Cookies umgegangen werden solle. "In der DSGVO ist auch explizit eine Interessensabwägung verankert", betont Berlin.de.

Berlin.de arbeitet beim Datenschutz "nicht sauber"

Bei der Landesdatenschutzbeauftragten läuft derzeit eine Überprüfung der Webseite. "Bisher haben wir als kritischen Punkt festgestellt, dass auf dem Webangebot eine große Zahl von Drittanbietern eingebunden wird, die teils detaillierte Informationen darüber erhalten, wofür sich [...] der Besucher der Webseite interessiert", erklärt Dalia Kues, Pressesprecherin der Datenschutzbehörde, gegenüber Golem.de. Dabei gehe es niemanden etwas an, wenn sich ein Besucher beispielsweise für einen Aidstest interessiere - insbesondere nicht Unternehmen, die aus solchen Informationen Persönlichkeitsprofile erstellten, betont Kues.

In einer Orientierungshilfe hätten die Datenschutzbeauftragten detailliert herausgearbeitet, unter welchen Umständen die Einbindung von Drittinhalten und Tracking-Diensten eine Einwilligung erforderten, erklärt Kues. "Dies wird aber oft missachtet, und offenbar gehört auch Berlin.de zu den Webseiten, die hier nicht sauber arbeiten." Im Interesse der Webseitenbesucher wirke die Datenschutzbehörde darauf hin, dass Berlin.de so schnell wie möglich rechtskonform gestaltet werde.

Die neuen Eigentümer sehen Berlin.de als Schatz

Neben der Berliner Zeitung und dem Berliner Kurier hatte das Ehepaar Silke und Holger Friedrich auch BerlinOnline Stadtportal GmbH & Co. KG übernommen, den Betreiber von Berlin.de. In einem Interview bezeichnete das Ehepaar Berlin.de als den "eigentlichen Schatz unseres Deals" und erklärten am Beispiel einer Anmeldung in Berlin, wie sie sich die Zukunft der Plattform vorstellen. "Man lädt sich die App der Stadt herunter, scannt seinen Ausweis ein, dann wird in wenigen Sekunden verifiziert, ob das Dokument valide ist oder irgendetwas juristisch vorliegt. Als Nächstes wird die Steueridentifikationsnummer abgeglichen, auch die Rückmeldung erfolgt binnen Sekunden. Fertig", erklärte Friedrich.

Auf die Aussagen der neuen Eigentümer reagierten nicht nur Datenschützer mit Unverständnis. Laut Tagesspiegel wurde ein Krisentreffen der Berliner Behörden einberufen. Die Berliner Senatskanzlei teilte daraufhin mit, dass die Zusammenarbeit mit BerlinOnline nicht fortgeführt werde. Der Vertrag sei ohnehin schon auf Ende 2021 gekündigt worden.

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