Wikileaks als letzter verbleibender Publisher
Nach den vergeblichen Versuchen, ihre Informationen an Medien zu geben, blieb Manning im Jahr 2010 also nur Wikileaks, um die Dateien weiterzugeben und die Aufmerksamkeit auf jahrelange Menschenrechtsverletzungen zu lenken. Wikileaks-Chef Julian Assange bezeichnete das Portal damals als "Publisher of Last Ressort" - eine Plattform, die bereitsteht, wenn alle anderen Medien versagen. Dass die Dokumente damals öffentlich wurden, bleibt, aller berechtigten Kritik zum Trotz, ein großes Verdienst von Wikileaks.
Die Öffentlichkeit wurde aufgeklärt
Mannings Veröffentlichungen haben der Öffentlichkeit geholfen, das Ausmaß der US-Kriege im Irak und Afghanistan besser zu verstehen, ohne den Interessen der USA wirklich zu schaden. Keines der geleakten Dokumente war mit einem höheren Geheimhaltungsgrad als "Geheim" eingestuft, viele enthielten relevante Informationen, aber eben keine, die einzelne Menschen in Gefahr bringen.
Die Vorwürfe, die zur Verurteilung von Manning führten, beschränkten sich am Ende auf relativ wenige Dokumente. Es ging um 227 als "Geheim" eingestufte Dokumente, deren Veröffentlichung nach dem Espionage Act bestraft wurde. Auch von den Zehntausenden diplomatischen Berichten wurde Manning nur für die Veröffentlichung von 116 Dokumenten bestraft - viele davon wurden später sogar vom Ministerium selbst deklassifiziert. Für die Bewertung ebenfalls wichtig: Manning zeigte Reue, entschuldigte sich für die Weitergabe der Dokumente.
Wikileaks verliert an Bedeutung, Medien lernen dazu
Assanges Aussage von damals zeigt aber auch den dramatischen Bedeutungsverlust von Wikileaks. Mittlerweile scheint sich Wikileaks als eine Aktionsplattform für die persönlichen Animositäten ihres Gründers zu verstehen. Auch ethische Abwägungen vor der Veröffentlichung gibt es offenbar kaum noch, wie die Veröffentlichung privater Daten von Familien und Freunden des CIA-Direktors zeigt, oder der Versuch, Leaks mit finanziellen Anreizen zu erzwingen.
Medien haben dagegen in der Zwischenzeit offenbar dazugelernt. Nicht nur berichten große Zeitungen und Magazine über Leaks wie die von Edward Snowden, auch in den USA wird das Regierungsnarrativ eines entgrenzten "Krieges gegen den Terror" hinterfragt. Das ist auch Mannings Verdienst. Das "Collateral Murder"-Video dürfte unfreiwillig zu einem der wichtigsten Dokumentarfilme unserer Zeit avancieren und führte der Öffentlichkeit erstmals vor Augen, wie der moderne Krieg die Soldaten entmenschlicht. Im Verfahren sagte Manning, das Verhalten des Piloten sei: "Wie ein Kind, das eine Ameise mit einer Lupe foltert." Ihr Anwalt David Coombs sagte, dass sie: "nicht länger ignorieren konnte, dass echte Leben verloren gehen, dass echte Menschen sterben".
Auch die Veröffentlichung der Diplomatic Cables war für die US-Regierung zwar unangenehm, hat aber keinen dauerhaften und nachweisbaren Schaden verursacht. Für Journalisten, Wissenschaftler und die Öffentlichkeit aber ist ein Archiv entstanden, das noch lange Auskünfte über Verstrickungen der US-Außenpolitik liefern wird.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
- ohne Werbung
- mit ausgeschaltetem Javascript
- mit RSS-Volltext-Feed
Begnadigung: Danke, Chelsea Manning! | Freiheit für Snowden? |
ich hoffe du meinst das auf keinen fall so, wie es klingt ...
Zumindest hat sie wohl noch einen gewissen Status beim Militär: http://theweek.com...
Nun der Autor schreibt z.B.: Ich lese das daraus ganz eindeutig Kritik an Snowden, das...
Gäbe es hier einen "Like" Button hätte ich Ihn jetzt gedrückt! +1