Balkonkraftwerke und Drohnen: Bundesnetzagentur zieht 45 Millionen Geräte aus dem Verkehr

Eine Drohne mit messerscharfen Rotorblättern, Balkonkraftwerke mit Interferenzen zu anderer Elektronik und aufgeblähte Akkus, die Feuer fangen könnten: Solche gefährlichen und illegalen Elektroprodukte wurden in Deutschland zuletzt in deutlich größeren Mengen im Internet angeboten als zuvor.
Im ersten Halbjahr 2023 seien 1.358 Artikel auf Onlineplattformen auf behördliche Anordnung entfernt worden, teilte die Bundesnetzagentur auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Die Produkte hatten eine Stückzahl von etwa 45 Millionen. Im gesamten Vorjahr wurden demnach 2.629 entfernte Angebote mit einer Stückzahl von rund 13 Millionen registriert.
Ein Grund für den Anstieg wurde nicht genannt. Die Zahlen schwanken Jahr für Jahr, 2021 wurden 1.936 Angebote mit einer Stückzahl von 21 Millionen beseitigt. Die unterschiedlichen Werte gehen auch darauf zurück, dass in manchen Jahren Elektronikartikel auffallen, die in einer großen Stückzahl auf Lager liegen, und es in anderen Jahren Produkte mit nur relativ geringen Verkaufsvolumina sind.
Häufig fehlt das CE-Zeichen
"Mit der steigenden Bedeutung des Onlinehandels hat sich auch das Problem verbotener Produkte verschärft" , sagte Tobias Alm, Marktüberwacher der Netzagentur(öffnet im neuen Fenster) , und fügte hinzu: "Den Verbrauchern empfehlen wir, beim Onlineshopping wachsam zu sein und Angebote von sehr billigen Produkten kritisch zu prüfen."
Der Preis sollte im Vergleich zu Konkurrenzprodukten plausibel sein. Häufig fehlt bei den Elektroartikeln das CE-Zeichen, mit dem der Hersteller erklärt, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Eine Garantie für die Sicherheit eines Produkts ist das Kennzeichen aber nicht.
Käufer sollten misstrauisch werden, wenn dem Produkt keine deutschsprachige Bedienungsanleitung inklusive Nutzungs- und Warnhinweisen beigelegt ist. Ein weiterer Tipp ist, sich bei Verbraucherzentralen über den Verkäufer zu informieren.
Großteil stammt aus China
Ein Großteil der aus dem Verkehr gezogenen Produkte kommt aus China. Die Produkte entsprechen nicht den EU-Sicherheitsstandards, daher gelten sie als gefährlich und müssen vom Markt genommen werden. Im Internet sind sie aber trotzdem zu kaufen. Zu Testzwecken bestellt die Netzagentur selbst und überprüft die Ware. Bei Mängeln ordnet sie an, dass der Anbieter die Waren vom Markt nimmt und nicht mehr in Deutschland vertreibt.
Bei vielen Produkten besteht nach Angaben der Behörde Verletzungs- oder sogar Lebensgefahr. Falsch verbaute Elektrogeräte können Stromschläge auslösen, Funksteckdosen werden zu heiß und entzünden sich, da der Überlastungsschutz fehlt. Funkkopfhörer und sogar LED-Scheinwerfer wiederum funken auf der falschen Frequenz und stören dadurch die Kommunikation von Polizei und Rettungsdiensten.
Unter den Geräten, die die Bundesnetzagentur vom Markt nimmt, sind auch unsichere Beauty-Bürsten und per se illegale Störsender, sogenannte Jammer. Sie werden beispielsweise dazu eingesetzt, um Spielautomaten zu manipulieren oder Autos zu stehlen. Mithilfe solcher Sender werden zum Beispiel Signale von Autofernbedienungen kopiert und GPS-Signale von Pkw unterbrochen.
Auch Mitbringsel betroffen
Auch der Zoll zieht immer wieder Bestellungen aus dem Ausland oder Urlaubsmitbringsel aus dem Verkehr - dies in Zusammenarbeit mit der Netzagentur. 2023 machte der Zoll im ersten Halbjahr 2613 Meldungen über verdächtige Warensendungen mit einer Stückzahl von 0,69 Millionen. Im gesamten Vorjahr waren es 4765 Meldungen mit einer Stückzahl von 0,72 Millionen.
Der Handelsverband Deutschland bewertet die große Menge an unsicheren Produkten aus China und anderen Staaten als inakzeptabel. Der Vize-Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stephan Tromp, wies darauf hin, dass die heimischen Handelsunternehmen viel Geld für die Einhaltung aller Gesetze und Regelungen ausgeben. Die chinesischen Anbieter hielten die hiesigen Sicherheits-, Umwelt- und Verbraucherschutzvorgaben nicht ein und verschafften sich "einen Preisvorteil, der auf Rechtsbrüchen fußt" . "Da kann von einem fairen Wettbewerb keine Rede mehr sein."
"Der Markt braucht wirksame Leitplanken, die das Spielfeld markieren, in dem der Wettbewerb stattfindet" , sagt der Verbandsvertreter. Die Politik müsse mit aller Entschlossenheit für gleiche Wettbewerbsbedingungen sorgen und die Gesetze und Verordnungen durchsetzen, forderte Tromp. Bisher mache die Politik zu wenig. Dass die EU den Wegfall der 150-Euro-Freigrenze am Zoll im Jahr 2028 anstrebe, sei zwar ein "Schritt zu mehr Fairness im Wettbewerb zwischen EU- und Nicht-EU-Händlern" , sagte Tromp. Es sei aber bedauerlich, dass diese Maßnahme erst in fünf Jahren greife.



