Datenschutz? 'So ist das eben im Internet'

Mit der Tanktaler-App lässt sich in der Tat das eigene Auto auf einfache Weise vernetzen. Damit lässt sich für ältere Autos nachholen, was bei neueren Modellen vielfach schon inklusive ist und künftig wohl bei allen Autos Standard sein wird. Der Unterschied: Während sonst der Fahrzeughersteller die Daten erhält, ist das in diesem Fall ein Drittunternehmen. Es stellt sich daher die Frage, ob Thinxnet verantwortungsvoller mit den Daten umgeht, als es die Autokonzerne derzeit offenbar tun. "Außerhalb der Konzerne weiß niemand, was mit ihnen passiert. Und ob die Unternehmen selbst schon wissen, was sie mit ihnen anfangen sollen, darf bezweifelt werden", schrieb der ADAC zuletzt kritisch über die "Datenautobahn zum Hersteller". Zudem wüssten die Kunden gar nicht, welche Daten überhaupt übertragen würden.

Erste Tanktaler-Nutzer gehen mit der Problematik recht pragmatisch um: "Einziger Haken an der Sache ist, dass die Daten an die Firma übertragen und anonymisiert weiter verarbeitet werden. HALLO?! Juckt mich das? Ich hab schließlich auch ein Facebook-Account...", schreibt Nutzer Lausbua auf Amazon. Ein anderer Nutzer meint dazu: "Aber ehrlich, wir nutzen auch Whatsapp kostenfrei und wissen, dass alle unsere Kontakte vom iPhone kopiert wurden und alle Inhalte ausgewertet werden. So ist das eben mit dem Internet. Ich habe damit kein Problem. Ich will den Nutzen und ich will sparen!"

Das Unternehmen geht auf die typisch deutschen Datenschutzbedenken ausführlich ein. In einem Blogbeitrag heißt es dazu: "Die rohen Daten der Tanktaler-Stecker landen zuerst einmal auf unseren Servern. In einem ersten Schritt werden diese verwendet, um den Nutzern ihre aktuelle Position anzuzeigen oder zum Beispiel die Tankstellenerkennung in Echtzeit zu ermöglichen." Nach Ende einer Fahrt würden die Daten aggregiert, gefiltert und sortiert. Anschließend würden alle Statistiken über diese Fahrt erstellt und in der Datenbank abgelegt. Sämtliche Daten würden in zwei Hochsicherheitsrechenzentren gespeichert: in München bei Domainfactory und in Frankfurt bei Softlayer.

Partnerfirmen tracken die Nutzer

Trotz aller Beteuerungen lässt sich der Eindruck des gläsernen Autofahrers nicht ganz vermeiden. So schreibt Thinxnet: "Ein erfolgreicher 'Kundenlead' ist bspw. dann gegeben, wenn Du bei einem unserer Partnerunternehmen einen Einkauf getätigt hast. Wir werden dann durch das Partnerunternehmen an Deinem Einkauf beteiligt, beispielsweise über eine feste Summe oder einen prozentualen Anteil Deines Warenkorbs." Da fragt man sich natürlich, wie die Partnerfirmen die Höhe des Einkaufs erfahren.

Laut Thinxnet wissen die Firmen über ein Tracking-Pixel, ob ein Kunde über die Tanktaler-App auf die Website gekommen ist und beispielsweise dort eingekauft oder einen Beratungstermin vereinbart hat. Zudem könnten Kunden bei einem Direktanruf gefragt werden, ob sie über Tanktaler auf das Angebot aufmerksam wurden. Thinxnet erhält dann einmal monatlich Auskunft, wie viele Kunden sich über Tanktaler gemeldet haben, und schreibt auf dieser Basis eine Rechnung.

Behörden könnten Daten anfordern

Wem dieses Tracking nicht gefällt, der wird sicherlich auch keine Payback-Karten nutzen. Allerdings bieten Stecker und App auch ohne diese speziellen Angebote schon einen Nutzen, so dass die Kooperation mit den Werbefirmen nicht gegen das Konzept spricht. Thinxnet weiß aber zumindest sehr genau, welcher Kunde wie viel bei welchem Tankstellenbetreiber getankt hat.

Zudem könnten auch Ermittlungsbehörden auf die Idee kommen, die Daten zu nutzen. Beispielsweise, wenn bei einem Unfall wegen überhöhter Geschwindigkeit Menschen getötet wurden und es auf anderem Wege nicht möglich ist, nachträglich die Geschwindigkeit des Unfallfahrzeugs zu bestimmen. In solchen Fällen wäre Thinxnet bei Vorlage eines richterlichen Beschlusses verpflichtet, relevante Daten an die Staatsanwaltschaft auszuhändigen. In absehbarer Zeit dürften jedoch ohnehin alle Fahrzeuge mit hoch- und vollautomatisierten Funktionen über Unfalldatenschreiber verfügen.

Autofahrer sollten Datenempfänger frei wählen können

Bei aller Fortschrittlichkeit des Systems wundert man sich, dass ein besonders fortschrittlicher Fahrzeugtyp keine Tanktaler sammeln kann: Elektroautos. Das liegt nicht daran, dass diese kein Benzin verbrauchen. Der Grund: "Die meisten Elektrofahrzeuge besitzen keine OBD-Schnittstelle und Hybride sind in ihrer Technologie sehr komplex", schreibt Thinxnet. In Zukunft werde mit Sicherheit auch diese Art von Fahrzeugen unterstützt.

Dabei stellt sich die Frage, ob das überhaupt notwendig ist. Denn gerade Elektroautos wie der i3 von BMW oder auch Modelle von Tesla sind schon die reinsten Datenschleudern. Warum sollte man die Daten zusätzlich noch einem Drittanbieter geben? Wenn die Autokonzerne allerdings weiterhin so intransparent mit den Kundendaten umgehen, könnten Anbieter wie Thinxnet durchaus zu einer Alternative werden. Dann ließe sich vielleicht halbwegs sicherstellen, dass nicht jeder CD-Wechsel heimlich beim Hersteller registriert wird.

Autofahrer sollten daher tatsächlich Herr über die Daten ihrer Fahrzeuge sein und den Transfer zum Hersteller per Knopfdruck komplett einstellen können, wie es der ADAC gefordert hat. Dann könnte die schöne neue Autowelt wirklich dazu führen, dass nicht die Autokonzerne, sondern die Autofahrer selbst an ihren wertvollen Daten verdienen.

In einem Pilotprojekt mit Narando vertonen wir in den kommenden Wochen zwei bis drei Golem.de-Artikel pro Woche. Die Texte werden nicht von Robotern, sondern von professionellen Sprechern vorgelesen. Über Feedback unserer Zuhörer freuen wir uns - im Forum oder an redaktion@golem.de.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
 Fahrzeugdaten zur Big-Data-Analyse
  1.  
  2. 1
  3. 2
  4. 3


DRP 23. Nov 2016

Hahaha der war gut. Das trifft vielleicht auf 100 Straßen in ganz Deutschland zu, bei...

IchBIN 24. Jun 2016

Schau einfach mal auf dem Youtube Kanal von "RepoNut" vorbei, der hat zig Videos...

Netzurfer 14. Jun 2016

warum ich für ca. 50 Eur/Jahr einer Firma dabei helfen sollte, Geld zu verdienen, in dem...

IchBIN 13. Jun 2016

Ja, aber wenn man einmal versehentlich auf "Ja" geklickt hat, kann man es nicht mehr...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Forschung
Erstes Röntgenbild von einem einzelnen Atom

Bisher war die Röntgenemission eines einzelnen Atoms zu schwach, um es auf einer Röntgenaufnahme abzulichten. Mit einer neuen Technik geht das jetzt.

Forschung: Erstes Röntgenbild von einem einzelnen Atom
Artikel
  1. Streaming: Verbraucherschützer warnen vor Netflix-Phishing
    Streaming
    Verbraucherschützer warnen vor Netflix-Phishing

    Phishing-Nachrichten im Namen von Netflix sind nichts Neues - in der aktuellen Verwirrung rund um das Kontensharing könnten sie aber einfacher verfangen.

  2. US Air Force: KI-Drohne bringt in Gedankenexperiment Befehlshaber um
    US Air Force  
    KI-Drohne bringt in Gedankenexperiment Befehlshaber um

    Die US Air Force und der verantwortliche Offizier stellen klar, dass es sich nur um ein Gedankenspiel handelt - und keinen echten Test.

  3. Chatsoftware: Microsoft will Teams zum Discord-Konkurrenten machen
    Chatsoftware
    Microsoft will Teams zum Discord-Konkurrenten machen

    Microsoft bringt das Community-Feature in Teams für Windows 11. Außerdem können User mittels KI Bilder und Ankündigungskarten erstellen.

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Tiefstpreise: AMD Ryzen 9 7900X3D 534€, KFA2 RTX 3060 Ti 329,99€, Kingston Fury SSD 2TB (PS5-komp.) 129,91€ • Sony Days of Play: PS5-Spiele & Zubehör bis -70% • Roccat PC-Zubehör bis -50% • AVM Modems & Repeater bis -36% • Sony Deals Week [Werbung]
    •  /