Verfügbarkeit von Ersatzteilen
Doch die schönste Diagnose hilft nichts, wenn ein als defekt identifiziertes Teil nicht oder nicht zu vertretbaren Preisen verfügbar ist. Bei vielen Alltagsfahrzeugen an der Schwelle zum Klassiker wird der Preis für ein Zünd-Einspritz-Steuerungsgerät den Zeitwert deutlich überschreiten. Und für hierzulande seltene Anlagen von Denso (Japan), Lucas (Großbritannien) oder Pierburg (Deutschland) sind Ersatzteile weder für Geld noch für gute Worte zu bekommen.
In Einzelfällen hilft der Gang zum Autoverwerter: Bei Fahrzeugen mit Euro-1-Abgasnorm (in der Regel Erstzulassung vor 1997) durfte eine Typzulassung auf andere Modelle mit identischer Motor- und Getriebe-Kombination übertragen werden. Insbesondere bei Massenfahrzeugen von VW, Opel, Ford oder Peugeot-Citroen sorgte dies für sehr hohe Gleichteilequoten: also viele identische Bauteile, die in verschiedenen Baureihen eines Herstellers eingesetzt wurden.
Das Resultat ist eine gute Verfügbarkeit auch von Elektronikteilen auf dem Gebrauchtmarkt. Bei danach gebauten Fahrzeugen kommen immerhin oft über viele Konzernbaureihen identische Steuergeräte zum Einsatz, die sich mit der fahrzeugspezifischen Software versehen lassen.
Seltene Systeme nachbauen
Doch manchmal handelt es sich um ein seltenes System, oder es ist am Teilemarkt nichts aufzutreiben. Dann helfen oft nur Reverse Engineering und die dabei erlangten Kenntnisse, um eine Steuerung auf Basis gängiger Microcontroller, häufig AVR, ARM Cortex M oder Freescale HC12, nachzubauen. Der Aufwand für derartige Nachbauten schwankt extrem: Bei zwischen 1976 und 1996 gebauten Fahrzeugen mit Bosch-KU- oder KE-Jetronic oder einem "elektronischen Vergaser" von Pierburg ist er sehr gering. Bei allen handelt es sich dem Wesen nach um mechanische Systeme, die auch im Fall einer defekten Elektronik in einem fetten Modus laufen, der also zu viel Kraftstoff benötigt, damit aber für den Motor sicher ist.
Solche Systeme verwenden in der Regel den Lamdba-Wert (Restsauerstoff im Abgas), zwei Temperatursensoren (Ansaugluft, Kühlmittel) und die Drosselklappenstellung (bei "Vollgas" muss das Gemisch zur Innenkühlung überfettet werden) zur Korrektur der eingespritzten Kraftstoffmenge. Mit Lambda als wichtigste Regelgröße und Microcontroller-Kenntnissen lässt sich die Steuerung der KU-Jetronic in wenigen Stunden so nachbauen, dass die Grenzwerte der Abgasuntersuchung bei warmem Motor eingehalten werden.
Auch bei Dieseln mit elektronisch gesteuerter Verteilereinspritzpumpe - beispielsweise frühe Volkswagen TDI, MB W201 - lässt sich die Steuerung komplett selbst implementieren: Juho Pesonen zeigt dies anhand seines auf Fünfzylinder TDI umgerüsteten VW Transporter T3 Synchro. Als Microcontroller dient hier ein 8-Bit-AVR, konkret der Atmega 2560 im Arduino Mega.
Umrüsten auf offene Systeme
Bei komplexeren Systemen kann es sinnvoll sein, auf ein offenes modulares System umzurüsten: Megasquirt ist ein seit 1996 von den Ingenieuren Bruce Bowling und Al Grippo ursprünglich als Hobbyprojekt entwickeltes Zünd-Einspritz-System, das bei Sensoren (Totpunkt-Geber, Temperatur, Luftmasse) und Aktoren (primär Einspritzventile) auf Standardkomponenten großer Hersteller setzt und so in vielen Fällen die teilweise Weiterverwendung vorhandener Komponenten gestattet.
Die Quellcodes von Megasquirt sind offen, allerdings gestatten Bowling und Grippo die Verwendung der Software nur auf ihrer Hardware. Immerhin: Private Nutzer erhalten kostenlosen Zugriff auf Schaltpläne, so dass sie die Steuerungsplatine selbst bauen können.
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Eigentlich kann kein Entwickler so blöd sein, nicht an einen Reifenwechsel zu denken...
Zeit für neue Hardware :D
Hallo, vielen Dank für das Lob! Das geschilderte Problem ist ein Fehler den wir...
Danke für diesen tollen Beitrag! Er hat mir zwar meine ganze Mittagspause gekostet, aber...