Autonome Schiffe: Und abends geht der Kapitän nach Hause
Weite Reisen in ferne Länder, eine Braut in jedem Hafen: Klischees über die Seefahrt täuschen darüber hinweg, dass diese ein Knochenjob ist. Doch in wenigen Jahren werden Schiffe ohne Besatzung fahren, überwacht von Steuerleuten, die nach dem Dienst zur Familie zurückkehren. Daran arbeitet etwa Rolls Royce.

Funk, zwei Joysticks zum Steuern, Radarbild, Seekarte, der Blick von der Brücke: Alles da, um die Svitzer Hermod durch den Hafen von Kopenhagen zu steuern. Was fehlt, sind die Bewegungen vom Schiff, das Vibrieren der Maschine. Denn der Steuermann befindet sich nicht auf dem Schlepper, sondern an Land.
- Autonome Schiffe: Und abends geht der Kapitän nach Hause
- Die Brücke an Land
- Das erste Autonomie-Produkt
Die 2016 in der Türkei gebaute Svitzer Hermod ist mit Sensoren sowie mit den nötigen Systemen für eine Fernsteuerung ausgestattet und damit das erste ferngesteuerte Schiff im kommerziellen Einsatz. "Der Kapitän konnte das Schiff durch den Hafen von Kopenhagen steuern, er konnte an- und ablegen", erzählt Kevin Daffey im Gespräch mit Golem.de. Er ist als Director of Engineering bei der Rolls-Royce-Group zuständig für die Entwicklung von Systemen für den autonomen Schiffsverkehr. Denn das ist das Ziel von Rolls Royce: Schiffe die weitgehend automatisiert über die Meere fahren.
Das soll die Schifffahrt sicherer und die Arbeit der Seeleute angenehmer machen. "Ich glaube, dass diese Technik die Schifffahrt sicherer machen wird, weil der Betrieb der Schiffe beständiger wird, weil Menschen aus gefährlichen Situationen herausgehalten werden, weil sie nicht mehr auf dem Schiff sind. Das sollte zu einer sehr viel sichereren Schifffahrt führen", sagt Daffey.
KI kann in Krisensituationen bessere Entscheidungen treffen
Ein Blick auf die Statistiken zeige, dass die meisten Unfälle wegen menschlichen Versagens oder durch Fehlentscheidungen passierten. Sensoren, Computer und künstliche Intelligenz (KI) werden diese zwar nicht vollständig verhindern können. Aber die Folgen sind weniger gravierend: "Wenn die Steuerung, ein Strahlruder oder die Maschine ausfällt, kann die KI besser entscheiden, was unter diesen Umständen zu tun ist", erklärt Daffey. Bei einem Totalausfall müsse sichergestellt sein, dass das Schiff keine Gefahr für andere Schiffe darstelle. "Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass man das Schiff und die Ladung verliert. Wenn keine Menschen an Bord sind, muss man niemanden retten."
Ganz auf sich selbst gestellt werden die Schiffe aber nicht sein: "Ein Kapitän wird das Schiff fahren, aber er oder sie wird nicht auf dem Schiff sein", beschreibt Daffey. Im Kontrollzentrum, dem Remote Operating Centre (ROC), gibt es Steuerstände mit mehreren Bildschirmen und einer großen Videowand. Auf den Bildschirmen können die Kapitäne die Schiffsdaten abrufen. Die Videowand zeigt den Blick durch das Fenster auf der Brücke. Gesteuert wird per Joystick
Nach und nach wird der Mensch dann immer weniger eine Rolle spielen, die Schiffe werden mehr und mehr sich selbst überlassen. Das sei aber schon der zweite Schritt. "Die Augen und Ohren zu bauen, ist der erste Schritt", beschreibt Daffey. Dazu gehören Kameras für das sichtbare Spektrum sowie den Infrarotlichtbereich, Radar und Lidar, die die Umgebung des Schiffs erfassen. In Zukunft soll noch Sonar hinzukommen, um Hindernisse unter Wasser zu erkennen.
Daten aus verschiedenen Quellen werden zusammengeführt
Ein KI-System wertet die Daten aus. Es wurde anhand von fünf Millionen Bildern aus dem Internet darauf trainiert, jedes Schiff zu identifizieren. Die Sensordaten werden mit Wetterdaten, Informationen über den Kurs und Daten aus dem automatischen Identifikationssystem (Automatic Identification System, AIS) ergänzt. Darüber senden größere Schiffe automatisiert Daten, unter anderem Schiffstyp, Position, Kurs, Ziel, Geschwindigkeit sowie das Rufzeichen. "Die Idee ist, dass man diese verschiedenen Quellen zusammenführt und daraus schließen kann, ob eine Gefahr vor einem ist, und worum es sich handelt", sagt Daffey.
Rolls Royce arbeitet seit einigen Jahren an dieser Technik. In Turku in Finnland hat das Unternehmens eigens dafür ein Forschungs- und Entwicklungszentrum eingerichtet. Dort beschäftigen sich rund 70 Mitarbeiter mit Software-Entwicklung, Sensorfusion oder KI.
Eine wichtige Voraussetzung für ein ferngesteuertes oder autonomes Schiff ist, dass alle technischen Systeme zuverlässig funktionieren. Das gilt vor allem für die Maschine.
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