Autismus: Dein Therapiehelfer R2D2

Roboter, die autistischen Kindern helfen sollen, soziale Fähigkeiten zu trainieren - für einige klingt das nach einem echten Durchbruch, für andere nach einer gefährlichen Illusion. "Wenn du einfach eine Technologie über etwas legst, dann wird alles schlimmer, was an der Situation falsch ist" , warnt etwa(öffnet im neuen Fenster) Rua Williams(öffnet im neuen Fenster) von der Purdue-Universität in Indiana. Und meint damit nicht nur die Roboter, sondern das ganze System, in das sie eingebettet sind.
Gleichzeitig investieren Unternehmen wie LuxAI gezielt in humanoide Roboter wie den QTRobot, der mit Mimik, Sprache und Gestik soziale Interaktionen simuliert und dabei helfen soll, Kommunikation und Kooperation bei Kindern im Autismus-Spektrum sanft aufzubauen. Sie sollen keine Wunderwaffe sein, sondern ein Werkzeug, das wissenschaftlich fundierte Therapien unterstützt.
Doch was können soziale Roboter wirklich leisten? Und was sagt ihr Einsatz über unseren Umgang mit Neurodiversität, Fürsorge und technologischer Machbarkeit aus? Zwischen Technikhoffnung, ethischen Fragen und strukturellem Mangel zeigt sich: Der Roboter in der Autismus-Therapie ist mehr als nur eine Maschine. Er ist Projektionsfläche für Fortschrittsglauben, Fürsorgeversprechen und eine Debatte, die noch lange nicht am Ende ist.
Kommunikation ist komplexer, als viele glauben
Die Grundidee der robotergestützten Therapie ist es, die Kommunikationsfähigkeit von Menschen auf dem Autismus-Spektrum zu verbessern. Denn diese komplexe und vielgestaltige neurologische Entwicklungsstörung(öffnet im neuen Fenster) wirkt sich auf die Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung, die Entwicklung der sozialen Interaktion, die Kommunikation und das Verhaltensrepertoires aus.
Die Komplexität menschlicher Kommunikation, über die viele gar nicht nachdenken, ist für Menschen im Spektrum oft eine Herausforderung. Eine einfache Unterhaltung besteht aus(öffnet im neuen Fenster) Mimik und Gesten, Tonlage, Blickrichtung, Körpersprache und vielen weiteren Aspekten, zusätzlich zu dem, was wir aussprechen. Das alles integrieren die meisten Menschen unbewusst, um einander verstehen zu können.
Wie viel komplizierter die soziale Interaktion sei, als wir oft glauben, werde sichtbar, wenn man Menschen auf dem Autismus-Spektrum zuhöre, sagt Kerstin Dautenhahn, Professorin im Fachbereich für Elektro- und Computertechnik an der kanadischen Universität Waterloo - wenn sie in der Lage seien, sich auszudrücken.
Lernen mit QTRobot
Roboterassistierte oder roboterunterstütze Therapien(öffnet im neuen Fenster) sollen Kinder im Spektrum langsam an die Kommunikation heranführen, zum Beispiel(öffnet im neuen Fenster) , indem sie Kindern mit Autismus gewöhnliches soziales Verhalten vorspielen oder ihnen Gelegenheit geben, dieses Verhalten zu üben. Bestenfalls sollen die Kinder so allmählich zu ihren Altersgenossen aufschließen.
Einer dieser Roboter ist der QTRobot von LuxAI(öffnet im neuen Fenster) - ein etwa 60 cm hoher humanoider Roboter, der zwischen 1.980 Euro für Familien mit Kindern aus dem Spektrum und 15.000 Euro für die Vollversion kostet. QT kann sprechen, durch Kameras sehen und die Arme bewegen. Ein Bildschirm im Kopf zeigt ein cartoonhaftes Gesicht. Und seit neuestem ist in der teuersten Version ein Large Language Model integriert, das den Roboter emotional betont sprechen lassen soll.
In einer normalen Sitzung mit QT arbeitet ein Kind zusammen mit einer Betreuungsperson Aufgaben im Rahmen eines Curriculums durch, das LuxAI anhand der Leitlinien des US-amerikanischen National Professional Development Center on Autism entwickelt hat. Eine dieser Aufgaben(öffnet im neuen Fenster) soll Kindern gemeinsame Aufmerksamkeit beibringen, etwa das Verhalten, mit jemandem zusammen auf dasselbe Spielzeug zu schauen. Dabei wird der Inhalt der Sitzungen mit der Zeit immer fordernder. Und wenn alles gut läuft, lernen Kinder, länger am Stück mit dem Roboter zu arbeiten, und eignen sich nach und nach an, was ihnen bis dahin schwerfiel.
Manche Menschen mit Autismus mögen Struktur, Roboter haben sie
Dabei hat der Roboter den Vorteil, dass er komplexes menschliches Verhalten vereinfachen kann, um Kinder auf dem Spektrum nicht zu überfordern. "Man kann die Gesichtsausdrücke vereinfachen, die Sprache, die Bewegungen," sagt Dautenhahn. Das helfe Kindern teilzunehmen, die sich sonst komplett zurückziehen würden.
"Denn für viele Kinder mit Autismus" , sagt sie, "könnte die Lücke dazwischen, menschliches Verhalten nicht zu verstehen, und der Interaktion mit Menschen sonst einfach zu groß sein" . Der Roboter soll als Einstieg dienen, der es Kindern möglich macht, unabhängiger und mit neuen Fähigkeiten ihr Leben zu leben. Dabei sind Roboter laut LuxAI-Gründerin Aida Nazari besonders geeignet. Denn sie seien "sehr vorhersehbar, sehr repetitiv, sehr strukturiert und, sagen wir mal, vereinfacht." Und "diese Art der Technologie," sagt sie, "liegt genau in dem Bereich, den Kinder mit Autismus bevorzugen und mögen" .
Auch Dautenhahn, die als Pionierin ihres Fachs seit den späten 90er Jahren an Möglichkeiten forscht(öffnet im neuen Fenster) , Roboter in der Therapie von Autismus einzusetzen, ist sich sicher: Die Eigenschaften eines Roboters helfen Kindern aus dem Spektrum. Denn gerade, indem man soziales Verhalten vereinfache und repetitiv mache, würden Aufgaben weniger überfordern.
Daten belegen das Verfahren noch nicht
Das hört sich vielversprechend an und die Erfahrungsberichte auf der Webseite von LuxAI sind entsprechend begeistert. Nazari sagt, für das Curriculum sei es "wirklich wichtig" gewesen, "nur Methoden zu verwenden, die genügend wissenschaftliche Forschung hinter sich haben. Wir stellen also sicher, dass wir nichts neu erfinden, sondern tatsächlich etwas einbauen, das vorher ausreichend getestet und bewertet wurde, um sicherzustellen, dass es wirklich hilft."
Doch eine Meta-Analyse robotermediierter Interventionen(öffnet im neuen Fenster) aus dem Jahr 2022 zog eine durchwachsene Bilanz. Laut den Autoren zeigen die Ergebnisse von 17 randomisierten Kontrollstudien, dass Kinder mit Autismus zwar ihr soziales Verhalten verbessern konnten, dafür aber selten ihre emotionalen oder motorischen Fähigkeiten. Auch in einer Studie mit QTRobot(öffnet im neuen Fenster) zeigten Kinder in manchen Tests Verbesserungen in all diesen Fähigkeiten, in anderen jedoch nicht.
Derzeit forscht auch LuxAI weiter daran, die Effektivität von QTRobot zu belegen. Denn in diesem Feld fehlen grundsätzlich Langzeitstudien, die zeigen, dass roboterassistierte Therapien anhaltende Effekte haben. Abgesehen von QTRobot gibt es stattdessen viele kurze Projekte, die zwar einen Prototyp entwickeln, aber keine Anschlussförderung erhalten, um ihr Konzept langfristig oder mit einer größeren Stichprobe unter Beweis zu stellen.
Gleichzeitig wissen alle drei Expertinnen, dass Kinder im Spektrum zu unterschiedlich sind, um zu sagen, Roboter seien für jedes Kind mit Autismus geeignet. Die Kritik an Robotern in der Autismus-Therapie dreht sich jedoch um weitaus mehr als nur die wissenschaftliche Belegbarkeit ihrer Wirkung.
Kinder sind keine Roboter
"Wie kommt es, dass wir immer wollen, dass Roboter unsere Probleme lösen?" , fragt Rua Williams von der Purdue-Universität. Und ist der Einsatz von Robotern tatsächlich im Interesse von Kindern im Spektrum?
Williams sagt: "Ich glaube, es läuft darauf hinaus, dass manche Leute es einfach frustrierend finden, autistische Kinder zu unterrichten. Weil typische Unterrichtsmethoden oft nicht kompatibel sind." Die Situation sei sehr ähnlich wie bei der Altenpflege . "Das ist extrem anspruchsvolle Arbeit, für die wir nicht genug bezahlen."
Diese unangenehme Arbeit solle also wie in der Pflege an Roboter ausgelagert werden - im Zweifel an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbei. Einer neuen Studie zufolge(öffnet im neuen Fenster) haben weniger als 10 Prozent(öffnet im neuen Fenster) der wissenschaftlichen Artikel über diese Anwendung Personen mit Autismus gefragt, ob sie überhaupt Roboter wollen. Und über 90 Prozent trafen abwertende Aussagen, die ihre potenzielle Zielgruppe degradieren.
Auch hält sich hartnäckig das Vorurteil, Menschen im Spektrum würden Technologie mögen und sich grundsätzlich von ihr angezogen fühlen, was längst widerlegt ist. Und noch etwas anderes macht den Forscherinnen Sorgen.
"Geradezu absurd"
Denn dass gerade Roboter ausgerechnet Kindern auf dem Autismus-Spektrum soziales Verhalten vermitteln sollen, zahlt auf ein weiteres Vorurteil ein: In der Vergangenheit wurden Menschen mit Autismus immer wieder mit Robotern verglichen(öffnet im neuen Fenster) und damit als weniger menschlich dargestellt(öffnet im neuen Fenster) als andere.
Williams kommentiert, es sei geradezu absurd, "jetzt jemandem einen Roboter zu geben, um ihn sozialer zu machen, während man die ganze Zeit seine Sozialität als roboterhaft verspottet hat" . Und es wäre zum Beispiel schlecht, sagt auch Dautenhahn, "wenn jemand den Roboter mit einer roboterhaften Stimme benutzen und die Kinder bitten würde, zu wiederholen, und dann die Kinder auf diese roboterhafte Art sprechen" . Kinder im Spektrum seien keine Roboter, sie "sind Menschen und wir müssen uns um sie kümmern, wie Menschen" .
Nazari hingegen hört ziemlich oft die Sorge, dass Kinder robotisiert werden könnten. Aber Überlegungen aus dieser ethischen Perspektive, sagt sie, "sind nicht unbedingt realistisch" . Ihre Erfahrungen mit QTRobot in Schulen und bei autistischen Kindern zu Hause zeichneten ein anderes Bild: Die Kinder hätten Spaß, lernten leichter und profitierten vom Roboter. Auch habe sich immer wieder gezeigt, dass Kinder beim Üben mit dem Roboter "sofort verstehen: Das ist eine Fähigkeit, die ich mit meinen Eltern und in meinem Alltag üben kann."
Und das hieße, dass autistische Kinder das, was sie mit Robotern lernen, auf die Interaktion mit anderen Menschen verallgemeinern können, dass sie durch das Training nicht zunehmend an Roboter gebunden sind, sondern eher neue Möglichkeiten entwickeln, mit anderen Menschen zu interagieren. Dautenhahn sagt: "Es geht darum, ihnen zu helfen, sich auf soziale Interaktion einzulassen. Und der Roboter kann dafür ein Sprungbrett sein."
Williams dagegen zweifelt nicht nur den Einsatz der Roboter an, sondern viel mehr: Die gesamte zugrunde liegende Therapie, bei der sie unterstützen sollen.
Roboter sind nicht das größte Problem der Autismus-Therapie
Um den Roboter einer Therapie hinzufügen, müsse man davon ausgehen, "dass bestimmte therapeutische Interventionen richtig sind - oder zumindest moralisch neutral" , sagt Rua Williams. Die Therapien für Kinder aus dem Spektrum seien aber "nicht gut" . Verhaltensinterventionen, wie sie QT vornehme, seien, "als wollen wir irgendein Verhalten bei diesem Kind durchsetzen, ohne die Person wirklich als Individuum zu verstehen" .
Tatsächlich ist aber sogar die sogenannte Applied Behavioral Analysis (ABA) stark umstritten(öffnet im neuen Fenster) , die international am besten etablierte Therapieform für Kinder mit Autismus. Seit Jahren teilen immer wieder Menschen die teilweise traumatischen Erfahrungen(öffnet im neuen Fenster) , die sie als Kinder in dieser Therapie gemacht haben.
Daher setzt Dautenhahn in ihrer Forschung ABA nicht ein und auch Nazari betont, LuxAIs eigenes Curriculum(öffnet im neuen Fenster) basiere nicht auf ABA. Womöglich ist Autismus zu therapieren also schon komplex genug(öffnet im neuen Fenster) , ohne dass man auch noch Roboter hinzufügt.
Strukturelle Probleme erschweren die Lösung
Dazu kommen die gesellschaftlichen Herausforderungen, die alle drei Expertinnen bedrücken. Unterfinanzierte Schulen und Therapiezentren haben zum Beispiel kaum Kapazitäten(öffnet im neuen Fenster) , um auch noch neue Technologien einzuführen, die erst mal viel zusätzliche Arbeit bedeuten. "Dass diese Systeme kaputt sind" , sagt Williams, "und dass man nicht einfach einen Roboter einsetzen kann, um sie zu reparieren, ist etwas, worüber die Leute meiner Meinung nach intensiver nachdenken sollten."
Neuerdings gibt es außerdem auch den umgekehrten Trend davon, Menschen an Roboter auszulagern, wenn die Arbeit mit ihnen schwierig ist. Etwa im amerikanischen Bildungssystem, wo einige vermeintliche Tech-Entrepreneure sich massiv dafür einsetzen(öffnet im neuen Fenster) , dass an öffentlichen Schulen mit Chromebooks und anderen technischen Hilfsmitteln unterrichtet wird. Doch ihren eigenen Kindern verbieten sie, diese zu nutzen, und setzen stattdessen auf Tutoren und Unterricht von Lehrern an Privatschulen.
Williams sagt, man könne zwar ein wirklich sehr gutes Bildungsprogramm erstellen - "aber es ist nicht dasselbe wie eine Lehrerin" . Genauso sei es mit den Robotern. Und wie entwickeln sich Therapien für Autismus, wenn sie zunehmend von Robotern vermittelt werden? Geht da auf Dauer nicht etwas verloren, wenn Kindern zunehmend von Maschinen lernen?
Auf der anderen Seite könnten Roboter für Kinder im Spektrum einzigartige Möglichkeiten eröffnen, die weit über bisherige Therapien hinausgehen.
Mit Robotern machen, was ohne nicht geht
Kerstin Dautenhahn konzentriert sich in ihrer Forschung auf Szenarien, "bei denen es nicht nur darum geht, das zu wiederholen, was Therapeuten ohnehin mit den Kindern machen" . Sie will herausfinden, was der Roboter kann, was man ohne ihn nicht könnte. Um mit Kindern aus dem Spektrum an gemeinsamer Aufmerksamkeit zu arbeiten, ließ Dautenhahn ihren Roboter auf seinem Bildschirm anzeigen, was genau seine Kamera gerade sah. So konnte sie Kindern helfen zu verstehen(öffnet im neuen Fenster) , wann der Roboter dasselbe sieht wie sie und wann nicht.
In einem anderen ihrer Projekte ging es um Berührung(öffnet im neuen Fenster) , die viele Kinder im Spektrum schwierig finden. Manche wollen gar nicht berührt werden, während andere sich mit den üblichen Grenzen schwertun, etwa Menschen nicht ins Gesicht zu fassen. Manche verstehen nicht, dass es wehtut, wenn sie jemanden schlagen.
Ein Therapeut oder ein Elternteil könne ja nicht in der Therapie ein Kind auffordern: "Schlage mir zehnmal ins Gesicht und schaue, wie ich reagiere." Mit einem Roboter, der Schmerz ausdrücke, wenn er geschlagen werde, gehe das. "Wichtig daran ist" , erklärt Dautenhahn, "dass niemand sauer wird. Dem Roboter geht es okay. Es ist ein Roboter." Und er bietet einen sicheren Raum, um zu spielen und zu lernen, ohne das Kind zu überfordern. Im Anschluss können dann Eltern oder Therapeuten mit dem Kind darüber sprechen.
Roboter ersetzen nicht Therapeutinnen
In dieser Situation ergänzt der Roboter die therapeutischen Möglichkeiten. Dautenhahn sagt: "Er ist gewissermaßen ein Werkzeug in den Händen des Erwachsenen, um bestimmte Konzepte zu veranschaulichen." Ersetzen dürfe er Therapeuten nicht. "Das finde ich lächerlich und auch ethisch problematisch" , sagt sie. Denn: "Roboter sind viel zu eingeschränkt." Die Entscheidungen in einer Therapie hingegen, "sind menschliche Entscheidungen, die man nur mit beruflicher Erfahrung treffen kann - und wenn man versteht, was es bedeutet, ein Mensch und ein Kind zu sein" .
Ganz anders sieht es Nazari nicht. Auch LuxAI habe "keine Art von Sitzung, bei der der Roboter und das Kind allein sind" , sagt sie. Stattdessen gehe es um eine Dreiecks-Interaktion, in der Lehrkräfte oder Elternteile den Roboter verwenden könnten, um Kindern das Lernen zu erleichtern. QTRobot soll die Erwachsenen dabei nicht ersetzen, sondern Kindern vor allem eine Möglichkeit geben, neue Fähigkeiten in einem vereinfachten, spielerischen Umfeld zu üben.
Das würde aber auch bedeuten, dass Roboter kaum etwas am Personalmangel ändern, da sie ja kompetent bedient werden müssten. Im Idealfall würden sie Autismus-Therapien unterstützen und zu besseren Verläufen führen, aber wenig am Pflegenotstand ändern. Der einzige Weg, wie das dennoch klappen könnte: wenn Roboter nicht dazu ausgebildeten Menschen helfen, mit Kindern im Spektrum zu arbeiten.
Was Eltern von den Robotern lernen können
Das sei vielleicht auch das stärkste Argument bisher, sagt Nazari: dass "Menschen, die nicht unbedingt darin geschult sind, wie man autistische Kinder unterstützt, den Roboter benutzen und dabei die Struktur der Sitzungen aufnehmen, so dass sie die gleiche Methodik anwenden können, um Kindern selbst neue Dinge zu vermitteln" .
Auch Williams sagt, Roboter könnten Dinge mit einem Kind üben, "die wir versuchen, bei Eltern von Kindern mit Autismus zu entwickeln. Wir versuchen, Eltern beizubringen, wie man Erwartungen darüber setzt, was im Laufe des Tages passieren wird und wann die Übergänge stattfinden werden. Aber selbst, wenn ein Elternteil wirklich gut darin ist, manchmal reagieren Kinder besser, wenn jemand anderes es sagt."
Und solange ein Kind das will, kann das vielleicht auch ein Roboter sein. Denn es geht nicht darum, Technologie zu verteufeln, sondern zu überlegen, unter welchen Umständen sie im besten Interesse von Kindern mit Autismus genutzt werden kann. Dafür müssten Roboter wiederum sehr sorgfältig entwickelt werden, damit sie wirklich nur Dinge beibringen, die Kindern mit Autismus auch helfen. Doch um dabei sicher zu sein, fehlen aktuell noch Zeit und Erfahrung, um diverse praktische Fragen zu beantworten.
Praxisdaten fehlen noch
Ein häufiger Kritikpunkt ist zum Beispiel, dass Roboter in kurzen Studien nur deswegen vielversprechend schienen, weil sie neu und interessant seien und deswegen vorübergehend dazu führten, dass Kinder mit Autismus sich aufmerksamer verhielten. Bisher konnten systematische(öffnet im neuen Fenster) Übersichtsarbeiten(öffnet im neuen Fenster) das nicht ausschließen.
Nazari, die mit QTRobot mehrmonatige Studien durchgeführt hat, sagt jedoch: "Bisher hatten wir nie Kinder, die gesagt haben: Jetzt ist der Roboter langweilig. Ich will nicht mehr." Sie erklärt, dass Neuheit deswegen kein Thema sei, weil autistische Kinder "Vorhersehbarkeit mögen, Gleichheit und Wiederholungen" - zumindest manche.
Daher seien am Anfang, wenn der Roboter neu sei, einige Kinder überdreht - bis der Roboter vorhersehbar und repetitiv werde. Erst dann sehe sie "einen riesigen Sprung" , sagt Nazari. Das wiederum würde bedeuten, dass Roboter sogar weniger effektiv wirken, wenn sie neu sind. Kurzum: Wir wissen es nicht.
Werden Roboter je bei uns zu Hause ankommen?
Außerdem ist noch lange nicht klar, ob Roboter in der Therapie je breite Anwendung finden werden. LuxAI liefert zwar schon in 35 Länder, aber leisten können sich die Roboter nur die Üblichen: wohlhabende Eltern und privat finanzierte Organisationen. Während gerade Eltern von Kindern mit Autismus aus diversen Gründen(öffnet im neuen Fenster) oft weniger verdienen(öffnet im neuen Fenster) und sich deswegen die Hilfe nicht leisten können.
Dabei scheine es oft, sagt Williams, "als basiere die Argumentation für Roboter in der Therapie auf einer Projektion von 50 bis 100 Jahren in die Zukunft" . Viele Forscher glaubten, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Märkte aufholten und die Technologien billig, verfügbar und effektiv seien.
Doch die Zukunft der Technologie ist ungewiss und niemand weiß, wohin sie sich überhaupt entwickeln wird; während die Tech-CEOs das neue Zeitalter von Wissen, Freiheit und Technologie preisen, mehren sich auch längst die Stimmen gegen den KI-Hype(öffnet im neuen Fenster) , der Menschen ausbeute.
Roboter sind eine Geschichte, die wir uns erzählen
Dazu gehören auch soziale Roboter, die immer wieder als Lösung der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Herausforderungen angepriesen werden, ohne Verständnis davon, dass die Zukunft von Robotern vorrangig eine Geschichte(öffnet im neuen Fenster) ist, die wir uns selbst erzählen. Im Labor erscheint es machbar, dass Roboter irgendwann perfekt funktionieren - jeder kleine Fortschritt fühlt sich wie ein Schritt zu einer besseren Zukunft an. Falle der Roboter um, "denkst du: Das ist okay, wir werden es schaffen" , sagt Williams.
In der echten Welt hingegen fehle diese Zuversicht bei gesellschaftlichen Problemen. Gehe es zum Beispiel darum, Kinder mit Behinderungen besser zu behandeln, sei die Antwort: Nein, das geht nicht. "Da gibt es nicht dieses Gefühl von: Wir werden es schaffen." Der Glaube an Technologie schafft also einen Fortschrittsoptimismus, der im sozialen Bereich oft fehlt - obwohl gerade dort Veränderung dringend nötig wäre.
"Im Moment sind Roboter Luxusprodukte" , sagt Dautenhahn. Und um die Technologie zu skalieren, "muss es noch eine Investition von Bildungs- und Gesundheitsministerien geben" . Aber aus heutiger Sicht, sagt sie, "gibt es noch keine Lösung" . Wir wissen nur, dass Roboter Möglichkeiten und Herausforderungen bieten(öffnet im neuen Fenster) und dass die Technologie selbst nicht gut oder böse ist, aber auch nicht neutral(öffnet im neuen Fenster) .
Eine Frage des Prinzips
So entpuppt sich die Debatte als Frage des Prinzips. Nazari findet Roboter grundsätzlich hilfreich und hat keine Bedenken, solange der Ansatz wissenschaftlich belegt ist. "Dieses Theoretisieren über die Vorteile oder möglichen Nachteile eines Produkts hat oft überhaupt nichts damit zu tun, wie es in der Realität funktioniert" , sagt sie. Dautenhahn ist kritischer und sieht Roboter ausschließlich als Ergänzung menschlicher Fachkompetenz. Und Williams kritisiert die Idee - sowohl aus Misstrauen gegenüber konventionellen Therapien als auch wegen der abwertenden Einstellung zu Autismus, die in manchen Arbeiten mitschwingt. Die drei könnten wohl miteinander reden, aber sie fänden es schwer, sich gegenseitig zu überzeugen.
Es bleiben also die gesellschaftlichen Probleme. Es bleibt die Ungerechtigkeit, wer Technologien benutzen darf oder muss. Es bleibt die Aufgabe, Kinder mit Autismus wertzuschätzen wie jedes andere Kind, statt sie mit Vorurteilen zu überhäufen. Und es bleibt die Herausforderung, neue Ansätze zu entwickeln, um Kinder im Spektrum jeden Tag ein bisschen besser zu integrieren.
Und manchmal hilft dabei ein Roboter. Wenn Kinder das ganze Curriculum durchliefen und dann den Roboter nicht mehr brauchten, dann sei das "ziemlich zufriedenstellend" sagt Nazari. Das klappt sicher nicht für alle Kinder. Und es braucht viel Vorsicht, das fair und mit Achtung der Menschen zu schaffen. Aber für die Kinder mit Autismus, die das wollen und denen geholfen werden kann, könnten Roboter durchaus ihr persönlicher Durchbruch sein.



